Blick auf Oberdollendorf und den Schnitzenbusch. Ansichtskarte (um 1905)
Copyright-Hinweis:
Siebengebirgsmuseum der Stadt Königswinter
Fotograf/Urheber:
unbekannt
Medientyp:
Bild
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Blick auf Oberdollendorf und den Schnitzenbusch. Ansichtskarte (um 1905).
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Oberhalb von Oberdollendorf liegt der Schnitzenbusch. Mit seiner Ausrichtung nach Norden ist er für den Anbau von Wein nur schlecht geeignet. Noch im 19. Jahrhundert war er in großen Teilen mit Niederwald bestanden. Daneben gab es verschiedene Versuche, Ton oder Quarzit abzubauen. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurden dort in größerem Maßstab Obstwiesen angelegt.
Selbstversorgerwiesen Auch wenn im Siebengebirge der Weinbau dominant war, so gehörte - wenn der Platz es zuließ - zu jedem Hof auch ein kleiner Obstgarten. Außerhalb der Ortskerne lagen die größeren Streuobstwiesen. Die lockere Bepflanzung ermöglichte eine parallele Nutzung als Wiesen- oder Weideland. Am Schnitzenbusch standen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vorrangig Birn- und Zwetschgenbäume. Zwetschgen wurden zu Schnaps gebrannt oder - wie die Birnen - in der Nachwärme der Backöfen zu Dörrobst getrocknet. Aus Birnen, später zunehmend auch aus Äpfeln, wurde darüber hinaus das beliebte „Kraut“ hergestellt. Dazu musste das Kernobst stundenlang zu einem sirupähnlichen Mus eingekocht werden - vor der Verbreitung der Zuckerrübe ein billiges und haltbares Nahrungsmittel. Der dazu notwendige Kupferkessel gehörte in jeden Haushalt. Die verwendeten, etwas fade schmeckenden Süßäpfel oder Krautbirnen entsprechen allerdings nicht unseren heutigen Ansprüchen an Tafelobst. Das trifft auch auf die eigens für diesen Zweck gezüchteten typischen Mostäpfel zu. Weitere Sorten eigneten sich besonders für das Dörren, Kuchenbacken oder Kompottkochen. Winter- oder Lagerobst wiederum entwickelte erst nach Wochen oder gar Monaten in den kühlen Kellern oder Dachböden die erwünschte Genussreife. So gab es für jeden Verwendungszweck spezifische Sorten. Die Selbstversorgerwiesen kennzeichnete genau das: Auf kleiner Fläche standen völlig unterschiedliche Sorten, die die ganze Palette an Verwendungszwecken passgenau abdeckten. Ihre Bestände folgten weniger den Marktkriterien als der häuslichen Ökonomie. Daher haben hier in den Augen der Obstbaukunde (Pomologie) manche „Schätze“ überlebt, die damals möglicherweise nur lokale Verbreitung hatten, heute aber als Bereicherung des Genpools eine neue Bedeutung erlangen.
Erwerbsobstbau Staatliche Initiativen, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts den Obstanbau im Rheintal förderten, stießen in den Tallagen vor allem auf den Widerstand der Winzerinnen und Winzer. Sie verteidigten besonders die besseren Weinbaulagen an den Hängen. Flächen in der Ebene wurden dagegen vor allem in den 1930er Jahren mit viel staatlicher Unterstützung breiträumig mit Obst bepflanzt. Gerade im Honnefer Raum entstanden große Pfirsich-, Kirsch- und später auch Erdbeerplantagen. Etwas später gab es Obstanbau auch in Oberdollendorf. Auf den nordwestlichen Hängen des Petersberges standen und stehen noch heute Apfel- und Birnensorten, die auf eine Verwertung als Most schließen lassen. Dafür spricht auch, dass es im Ort selbst seit den 1920er Jahren eine Obstverwertungsgenossenschaft gab, die das Obst weiterverarbeitete und verkaufte. Die Vermarktung des Tafelobstes war dagegen komplizierter. Hier waren eine Reduzierung der Vielfalt und eine klare Definition der Sorten wichtig. Nur so war der Verkauf über den Großmarkt möglich. Im sogenannten Rheinischen Anbausortiment wurden durch die Landwirtschaftskammer ab 1902 jährlich Sortenempfehlungen für verschiedene Regionen zusammengestellt. Sämtliche Beihilfen waren an dieses Sortiment geknüpft. Zugleich verringerte diese Normierung jedoch die Vielfalt auf den Wiesen. Alte Streuobstwiesen spiegeln noch heute in ihrem älteren Baumbestand diese geförderten Sorten.
Obstwiesen heute: Bitte hängenlassen! Straßen- und Siedlungsbau, sowie die Ansiedlung anderer Gewerbe bereiteten dem Erwerbsobstbau spätestens seit den 1950er Jahren ein Ende. Bis in die 1980er Jahre gab es hier auf dem Schnitzenbusch Versuche, neues Bauland auszuweisen. Diese Pläne führten 1985 zur Gründung der Bürgerinitiative Naturschutz Siebengebirge e. V., die sich vor allem dem Erhalt der Streuobstwiesen im Bereich Oberdollendorf verschrieben hat. In zahlreichen Arbeitseinsätzen rund um das Jahr wird gemäht, geschnitten, ausgelichtet und neu gepflanzt. Die Ernte ist nur ein Arbeitsschritt, verteilt sich aber aufgrund der unterschiedlichen Reifezeiten über mehrere Wochen. Der Erlös aus dem gewonnenen Saft oder Apfelwein dient wiederum der Anschaffung von Maschinen, Material und neuen Bäume. Mittlerweile sind diese Wiesen am Schnitzenbusch als wichtige Biotope mit großer Artenvielfalt anerkannt. Zahlreiche bedrohte Vogel- und Käferarten finden hier Rückzugsgebiete. Seltene Blumen profitieren von den mehrfach im Jahr gemähten Wiesen. Die Vielfalt der blühenden Bäume, Kräuter, Gräser und Blumen ist Nahrungsgrundlage für zahlreiche Insekten.
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