Bau und Funktion des Lotsenhauses
Das Lotsenhaus wird Lotsenmuseum
Wie wurde man Lotse? Ein Zeitzeugenbericht
Wie wurde der Lotsenberuf ausgeübt?
Einfluss der Lotsen auf das Gewerbe in Kaub
Quellen / Internet
Bau und Funktion des Lotsenhauses
Im Winter 1953/54 beschlossen die Kauber Lotsen am Rheinufer einen Aufenthaltsraum als Lotsenstation zu errichten. Als Bauplatz einigte man sich auf den Vorplatz zur Kauber Autofähre. Dem Schriftführer der Lotseninnung Kaub wurde Vollmacht für den Bau erteilt. Am 10.02.1954 wurder der Bauantrag gestellt und am 27.11.1954 genehmigt. Ende des Jahres 1954 konnten die Lotsen einziehen. Die Baukosten betrugen 6.200 D-Mark.
Das Lotsenhaus wird Lotsenmuseum
Nach der Rheinvertiefung wurden die Lotsen überflüssig; das Lotsenhaus nicht mehr gebraucht. Mit Wirkung zum 01.01.2000 schloss der Kauber Bürger Karl Kilp mit der Wasser- und Schiffahrtsdirektion-Südwest für das Lotsenhaus einen Nutzungsvertrag ab. Dieser Vertrag sah den Weiterbetrieb der ehemaligen Lotsenstation als Museum vor. Im Jahre 2013 kaufte die Stadt das Lotsenhaus. Es wurde von Grund auf renoviert: neue Fenster und Eingangstür, ein dekorativer Fußboden wurde verlegt und eine Wandvertäfelung angebracht. Im Zuge dieser Umbauten wurde auch das Lotsenmuseum neugestaltet.
Wie wurde man Lotse? Ein Zeitzeugenbericht
Der ehemalige Kauber Lotse Dieter Kimpel erläuterte seinen Werdegang folgendermaßen:
„Nach Abschluss der Volksschule ging man für drei Jahre auf einen Schleppkahn oder Schlepper, um den Schifferberuf zu erlernen. In Kaub sagte man dazu “Ich geh aufs Wasser.„ In der Lehrzeit musste man zwei Mal für acht Wochen auf die Schifferschule nach Homberg. Dort konnte man den Matrosenbrief erwerben. Es folgten drei Jahre als Matrose in der Rheinschifffahrt. Mit 21 Jahren konnte man sich bei einem erfahrenen Lotsen als Kandidatn für den Lotsenberuf bewerben. Er musste dann mit dem Lehrlotsen ein Jahr lang die Strecken Kaub bis Sankt Goar und Kaub bis Bingen fahren. In dieser Zeit lernte er die Felsklippen und Riffe bei den unterschiedlichen Wasserständen zu erkennen. Auch erlernte er das Führen eines Fahrenbuches. Insgesamt waren 100 sogenannte “Bergreisen„ - also Fahren von Kaub nach Bingen - und 120 “Talreisen„ - von Kaub nach St. Goar - nachzuweisen. Anschließend konnte beim “Wasser- und Schiffahrtsamt„ in einer Prüfung das Lotsenpatent gemacht werden.“
Wie wurde der Lotsenberuf ausgeübt?
Früher besaß jeder Lotse eine eigene Schaluppe, mit der er an das zu belotsende Schiff ruderte. Dort ging der Lotse an Bord, die Schaluppe wurde am Schiff festgemacht. In Bingen bestieg der Lotse dann wieder seine Schaluppe und ruderte zurück nach Kaub oder er hängte sein Boot an ein talfahrendes Schiff an und ließ sich bis Kaub ziehen. Später übernahm diesen Dienst die Fährgemeinschaft Pfaff und Gilles mit einem Motorboot. Im Jahre 1958 schaffte die Lotsengemeinschaft Kaub drei eigene Lotsenversetzboote an, mit denen die Lotsen an die Schiffe gebracht wurden. Die Lotsen waren Freiberufler. Alteingesessene Lotsenfamilien hatten eine feste Kundschaft (Reedereien wie Haniel, Braunkohle, Stinnes u.w.). Die Bezahlung (der Tarif) wurde mit dem „Haus Rhein“, der Vertretung der Reedereien, ausgehandelt.
Einfluss der Lotsen auf das Gewerbe in Kaub
Bis zur Einführung des Radar, das die Schifffahrt auch bei Nacht ermöglichte, lagen jeden Abend Schiffe in Kaub vor Anker, da sie erst am nächsten Morgen weiterfahren und die schwierigen Stellen passieren konnten. Die Schiffsbesatzung traf sich mit den Lotsen in den Gaststätten um festzulegen, welcher Lotse welches Schiff begleitete. In Kaub lebten im späten 19. und frühen 20 Jahrhundert um die 2000 Menschen (2038 laut „Adreßbuch“ im Jahr 1893) und es gab 18 Gastwirtschaften zuzüglich Straußwirtschaften der Winzer, sechs Metzgereien, neun Bäckereien und acht Kolonialwarenhändler. Von der geringen Einwohnerzahl konnten diese Betriebe nicht leben. Hier kamen die Schiffsbesatzungen zu Hilfe. Wenn beispielsweise der Menagemann (er war zuständig für die Verpflegung an Bord) eines Raddampfers zum Einkaufen an Land kam, verkaufte der Metzger abends auf einmal mehr Fleischwaren als den ganzen Tag über. Die Lotsen brachten am Morgen Brot und Brötchen zu den Schiffern. Das Brot wurde in Weidenkörben einem zu Tal fahrenden Schiff nach Duisburg mitgegeben, da dort das Kauber Brot, neben weiteren Artikeln wie dem lokalen Wein und der Lotsenbekleidung „Kauber Jacke“, sehr geschätzt wurde. So kam es, dass mancher Bäcker in Kaub nur für die Kundschaft im Ruhrgebiet buk.
(Peter-Josef Bahles, Kaub, 2023)
Quellen
Adreßbuch der Stadt Kaub aus dem Jahre 1893.
Internet
www.lotsendienst-kaub.de: Lotsenmuseum in Kaub am Rhein (abgerufen 08.11.2023)
kaub.welterbe-mittelrheintal.de: Lotsenmuseum / altes Lotsenhaus (abgerufen 08.11.2023)