Die Ausrufung einer „Rheinischen Republik“ am 21. Oktober 1923 führte in den folgenden Monaten zu heftigen Aktivitäten und Kämpfen in vielen rheinischen Orten, so auch im Raum Bonn und im Siebengebirge. Einige Orte bewahren markante Relikte oder Erinnerungen an diese Geschehnisse und ihre Nachwirkungen.
Seit Montag, 12. November 1923 hatten sich Einheiten der improvisierten „Rheinarmee“ der „Rheinischen Republik“ in Honnef einquartiert, wo sie in den folgenden Tagen bemüht waren, Präsenz zu zeigen und mit demonstrativen Aktionen die Etablierung der neuen „Republik“ voranzutreiben. Nach dem ihnen vorauseilenden Ruf und insbesondere der Kunde von vorhergehenden Plünderungen im Raum Linz regte sich in den Berggemeinden oberhalb von Honnef Widerstand: Erstmals am Dienstag fand in Aegidienberg eine Versammlung statt, bei der besorgte Einwohner die Bildung einer Bürgerwehr beschlossen. An den beiden folgenden Tagen gelang es ihnen, eine entsprechende Mobilisierung zu starten. Sie richtete sich besonders an ehemalige Soldaten, von denen viele noch über Waffen verfügten, die sie am Kriegsende im Zuge der Auflösung der Wehrmacht mit nach Hause gebracht und dort versteckt hatten. Aus vielen so gewonnenen Freiwilligen (zeitgenössische Quellen sprechen von über tausend kampfbereiten Männern) konnten bereits am Donnerstag einzelne Einheiten gebildet werden.
Einer der ersten Kontrollposten besetzte diese Straßenkreuzung in Himberg, wo von der in den Westerwald führenden Schmelztalstraße ein Abzweig nach Aegidienberg, Oberpleis und weiter in Richtung Siegburg führt.
Am Abend des Donnerstag, 15. November 1923 fuhren zwei mit „Separatisten“ besetzte Fahrzeuge - ein Personen- und ein kleiner Lastwagen - das Schmelztal hinauf, möglicherweise zur Erkundung oder auch zur Beschaffung von Lebensmitteln mithilfe von „Requisitionen“. An der Kreuzung zwang sie der Kontrollposten der Bürgerwehr zum Anhalten und nahm sie möglicherweise auch unter Beschuss. Einer der Beteiligten - ein junger Mann aus Eudenbach namens Peter Staffel - kam dem PKW sehr nah, aus dem ein Schuss auf ihn abgefeuert wurde, der ihn in den Mund traf. Nachdem die Separatisten sich fluchtartig unter Zurücklassung des PKW auf den Rückweg begaben, wurde Peter Staffel tot aufgefunden. Im unteren Schmelztal geriet der verbleibende Lastwagen in den Hinterhalt einer weiteren Abwehr-Einheit. Unter deren Beschuss mussten die Separatisten ihr Fahrzeug zurücklassen und die Flucht zu Fuß fortsetzen.
Die Nachricht von der Zuspitzung der Konfliktsituation und von ihrem ersten Todesopfer verbreitete sich schnell und beförderte offenbar die weitere Mobilisierung der Abwehrkämpfer. Am folgenden Morgen bildeten zwei ihrer Einheiten eine Abwehrfront in dem - von der Kreuzung aus - abfallenden Gelände. Mit mehreren Schützenreihen kontrollierten sie das weite Gelände am Ausgang der Schmelztalstraße aus dem Wald. Tatsächlich heranziehende größere Einheiten des „Rheinlandschutzes“ gerieten derart unter Beschuss, dass sie die offensichtliche Überlegenheit der Abwehr sofort erkannten und sich schnell wieder zurückzogen. Die damit verbundene Szene einer direkten Konfrontation - Kernelement der späteren Erzählung einer „Schlacht“ im Siebengebirge - dauerte nur wenige Minuten
(Elmar Scheuren, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2023)
Literatur
Herberz, Simon (1930)
Die Separatistenkämpfe im Siebengebirge nach Berichten von Augenzeugen und andern Quellen erster Hand aufgestellt und für den Geschichtsunterricht in der Volksschule und für einen heimatlichen Volksbildungsabend ausgewertet. (unveröffentlichtes maschinenschriftliches Manuskript). Niederpleis.
Scheuren, Elmar (2017)
Besatzung, Not und "Separatisten" - Aufruhr in Aegidienberg.. In: Bürgerverein Aegidienberg e.V. (Hg.): Aegidienberg - Unsere Heimat im Naturpark Siebengebirge, S. 210-220. Aegidienberg.
Scheuren, Elmar; Trapp, Christoph (1993)
Separatisten im Siebengebirge - Die "Rheinische Republik" des Jahres 1923 und die "Schlacht" bei Aegidienberg. zur gleichnamigen Ausstellung des Siebengebirgsmuseums, 16.11.1993 - 20.2.1994. Königswinter.
Straßensperre in Bad Honnef als Ereignisort der Separatisten
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Empfohlene Zitierweise
Elmar Scheuren (2023): „Straßensperre in Bad Honnef als Ereignisort der Separatisten”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345668 (Abgerufen: 18. September 2024)
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