Jedem Moselreisenden, der die uferseitige Ansicht Kardens betrachtet, fällt neben dem wuchtigen St. Castor Dom, der einstigen Stiftskirche, das stattliche Burghaus an der Moselfront ins Auge. Gleichzeitig drängt sich die Frage auf, welche Funktion dieses historische Gebäude einmal hatte und wer seine Besitzer waren.
Gebäude Über einem hohen Kellergeschoss präsentiert sich das burgähnliche Gebäude mit zwei Stockwerken. Die Giebelfront wird durch einen sogenannten trierischen Schornsteingiebel stark betont. Die rechtsseitigen kleinen Ecktürme im Fachwerk erinnern an Wachtürmchen. Auf dem Türsturz des viergeschossigen Treppenturmes befanden sich einst die Jahreszahl 1562 und ein Wappen mit einem Hammer, der von zwei Schlangen umwunden wurde. Dies war die Hausmarke der Familie Broy. Leider hat der „Zahn der Zeit“ durch Verwitterung fast alles unleserlich gemacht. Heute, nach gut 450 Jahren, präsentiert sich dieses Gebäude mit historischer Vergangenheit neben vielen anderen Baudenkmälern, die noch in Karden vorhanden sind, in mittelalterlicher Baukunst.
Geschichte Der kurtrierische Schultheiß Simon Broy erbaute dieses Haus an der Schnittstelle der Moselstraße, der heutigen Bundesstraße 416 und der „Kreuzpfortengasse“, der heutigen Kernstraße, im Jahre 1562. Kurz nach Erbauung scheint Simon Broy verstorben zu sein. Seine Frau, Catharina Broy geborene Nürnburg, wird in einer Urkunde aus dem Jahre 1569 als „Wittib“ (Wittwe) bezeichnet (LHKO 1 C, 4603 und Willicks und Willicks 1996, 132). Die Familie Broy stiftete in Karden ebenfalls einen gemalten Flügelaltar mit einem Bild der Auferstehung auf der Mitteltafel. Auch die Stifter sind auf den Flügeln kniend und betend abgebildet: Simon Broy und die Söhne Cuno und Georg, auf dem anderm Flügel Catharina Broy geborene Nürnburg. Der Flügelaltar befindet sich in der Werktagskapelle und ist leider nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Gebäude kam später in den Besitz der Herren von Eltz, die in Karden eine Vogtei besaßen. 1843 wurde das Haus als Posthaus bezeichnet. Dort haben, weil der Ort seit je ein Verkehrsknotenpunkt für Mosel, Hunsrück und Eifel ist, einst die Postillonen mit ihren Pferdekutschen Station gemacht. 50 Jahre später widerfuhr dem Haus, mit Zuschuss des Staates und der Provinzialverwaltung, eine gründliche Instandsetzung. Es diente bis vor wenigen Jahren noch als Wohnhaus. In den 1970/80ern lebte in dem Haus eine aus Sachsen stammende Frau Kunze, eine skurril-liebenswerte ältere Dame. Im Innern des Hauses befand sich seinerzeit eine Sammlung teils kurioser Altertümer, die teilweise noch auf die Zeit der Erbauung des Hauses zurückgingen - darunter alte Gemälde und Stiche, Kanonenkugeln, Tierpräparate und in der Asche eines alten Kamins die Skelettknochen einer menschlichen Hand.
Schultheiß von Karden Als kurtrierischer Schultheiß war Simon Broy zweifelsfrei eine bedeutende Persönlichkeit und somit auch ein hoch angesehener Mann in dem kleinen Stiftsstädtchen zu Karden. Sucht man in den Nachschlagwerken nach den Aufgaben und Definitionen eines Schultheißen, so lautet es im Altdeutsch „der andere heißt, ihre Schuld zu tun“. Somit war er der „Schulze“, das Gemeindeoberhaupt. In den Reichsstädten übte ein Schultheiß sogar die höchste Gerichtsbarkeit aus. Bis zum 19. Jahrhundert gab es in Karden zwei Schultheiße, einen kurtrierischen und einen für den Chorbischof des Archidiakonates Karden. Dieser war in Personalunion auch Propst des Kollegiatstifts St. Castoris in Cardona. Simon Broy war als kurtrierischer Schultheiß der Güterverwalter des Erzbischofs und entschied auch sicher bei Rechtsstreitigkeiten eigenständig vor Ort, im Auftrag seines Dienstherrn. Da Broy kein Stiftsherr war und nicht dem Kollegiatstift angehörte, musste er seinen Amtssitz auch außerhalb des Immunitätsbereichs des Stifts haben. Somit baute Schultheiß Broy das kurfürstliche Haus einen „Steinwurf“ weit von der damaligen Kreuzpforte des Stiftsbezirks entfernt.
Kulturdenkmal Das kurfürstliche Amtshaus in Karden wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Kreis Cochem-Zell geführt (Stand 2022). Der Eintrag lautet: „Moselstraße 18/19 - ehem. kurtrierisches Amtshaus; Bruchsteinbau, Fachwerkerkertürmchen, Treppenturm, 1562.“
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Empfohlene Zitierweise
Karl Josef Zimmermann (2022): „Kurfürstliches Amtshaus an der Moselfront in Karden”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345182 (Abgerufen: 4. Mai 2024)
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