Das Fachwerkhaus Kirchstraße 48 befindet sich an der Ecke Kirchstraße und Obere Plötzgasse, gegenüber dem Zugang zur Elisabethenstraße. Erbaut wurde das Gebäude vermutlich im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts. Charakteristisch für die Fassade ist das farbige Schnitzwerk im Zwerchhaus und an den Eckständern. Im Kellergewölbe des Hauses befinden sich die Zugänge zu zwei unterirdischen Gängen, die sich bis weit unter die Altstadt erstrecken.
Gebäude Das Gebäude ist im Erdgeschoss massiv gemauert, in den oberen Geschossen in Holz-Fachwerkbauweise auf rechteckigem Grundriss errichtet. Besonders charakteristisch für die Fassade ist das Zwerchhaus in Form eines barocken Schweifgiebels. Dieses lässt das Gebäude gegenüber dem rechts angrenzenden Nachbarhaus höher erscheinen. Das Gebäude verfügt über ein Erdgeschoss sowie zwei volle Obergeschosse. Dazu kommen ein Dach- und ein Speichergeschoss im Zwerchhaus.
Fachwerk Das Fachwerk in der Fassade ist schlicht gehalten. Zur Mitte hin dominieren die senkrechten Ständer und die horizontal verlaufenden Bauteile (von oben nach unten sind das: Längs- und Querschwellen, Rahmholz, Fachriegel, Sturz- und Brüstungsriegel). Während die senkrechten Bauteile die vertikalen Lasten aufnehmen, gewährleisten die horizontalen Hölzer die Positionierung der vertikalen Hölzer und tragen so zur Lastenverteilung bei.
Dann gibt es in der Fassade noch einige diagonal verlaufende Hölzer. Es handelt sich dabei in der Mitte um Fußbänder (die kurzen diagonal verlaufenden Hölzer) sowie Kurzstreben außen. Der Strebenkopf weist stets nach außen. Diese Elemente dienen der Aussteifung der Wandfläche (https://baubeaver.de/fachwerkhaus/).
Schmuckformen An den Gebäudeecken sowie im Zwerchhaus befinden sich dekorativ ausgestaltete Hölzer. Diese verleihen der gesamten Fassade einen repräsentativen Charakter. Häufig dienten diese dekorativen Elemente dazu, aus die soziale Stellung oder das Vermögen der Besitzerfamilie hinzuweisen. Auf der Höhe des ersten und des zweiten Obergeschosses lässt sich auf der rechten Seite in den Ständern Schnitzwerk entdecken. Dieses ist farbig ausgestaltet. Es handelt sich dabei um florales Rankwerk und somit einen Hinweis auf einen Lebensbaum. Solche Lebensbäume symbolisierten ein langes Leben und standen darüber hinaus für Kinderreichtum.
Auf der linken Seite befinden sich in den Eckständern geschnitzte und farbig gefasste Säulen. Die Schnitzereien werden in den Kopfwinkelhölzern, diese verlaufen vom Kopf der Ständer aus diagonal, fortgeführt. Im unteren Geschoss des Zwerchhauses werden die Seiten ebenfalls durch Eckständer gerahmt, aus denen Säulen hervortreten. Besonders prächtig aber sind die rahmenden Hölzer des obersten Geschosses ausgestaltet. Die Hölzer zeigen florale Elemente, Blumen und Rankwerk und nehmen zudem die Kurve des Schweifgiebels auf.
Geschichte Ein konkretes Baujahr ist im Fall des Hauses Kirchstraße 48 nicht überliefert. Dennoch datierte der die Renovierungsmaßnahmen leitende Architekt Stefan Wild im Jahr 1987 das Haus Kirchstraße 48 auf das letzte Drittel des 17. Jahrhunderts (ab 1660). Hilfreich für die Datierung war folgender Umstand: Die Giebelwand zur Plötzgasse war bereits kurz nach der Fertigstellung des Hauses mit Lehm verputzt worden. Diese Maßnahme diente vermutlich dem Feuerschutz. Voraussetzung für das Verputzen aber war, dass die Fassade frei lag. Ab dem Jahr 1715 aber schloss unmittelbar der Barockbau „Haus Grandry“ an. Dessen Baujahr lässt sich durch eine Inschrift am Gebäude einwandfrei belegen. Im Jahre 1987 wurde das Fachwerk freigelegt und restauriert.
Unterirdische Gänge Im Keller befinden sich die Zugänge zu zwei unterirdischen Gängen. Diese gehen in südliche und westliche Richtung. Die Gänge sollen als Kriech- und Horchtunnel angelegt worden sein. Mithilfe solcher Gänge konnte man ungesehen bis unmittelbar unter die Stadtmauer gelangen. Im Fall einer Belagerung konnten Gespräche potenzieller Feinde sowie feindliche Aktivitäten belauscht und ggf. frühzeitig abgewendet werden. Der Verlauf der Gänge sowie die Funktion kann nur geschätzt werden. Denn bereits nach ca. 10-15 Metern sind die niedrigen Gänge verschüttet. Nach einem Bericht in der Westerwälder Zeitung vom 20.11.1987 soll der südlich verlaufende Gang zur nahegelegenen Stadtmauer/Turm am Walpadayn, der in westliche Richtung zum Wolfsturm führen. Dabei wirft der Verlauf des gen Westen verlaufenden Tunnels Fragen auf: Der Gang müsste nämlich den Hang des Färberbachviertels hinab führen. Dann müsste er den Färberbach als auch den Stadtbach unterqueren. Danach würde er hangaufwärts bis zum Wolfsturm verlaufen. Ein solcher Gang wäre für die Erbauer sehr anspruchsvoll zu bewerkstelligen gewesen. Der Verlauf der Gänge sowie die Funktion kann nur geschätzt werden. Denn bereits nach ca. 10-15 Metern sind die niedrigen Gänge verschüttet.
Das Fachwerkhaus Kirchstraße 48 in Montabaur wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Westerwaldkreis (Stand 2021) geführt. Der Eintrag lautet: „Kirchstraße 48 dreigeschossiges Fachwerkhaus, tlw. massiv, 17. Jh.“.
(Bernd Schrupp, Montabaur; Jannis Coenen, Universität Koblenz-Landau / freundliche Hinweise von Herrn Thomas Becker, 2021)
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