Minett-Park Fond-de-Gras in Differdange

Parc Industriel, Naturel et Ferroviaire, Freilichtmuseumspark Fond-de-Gras

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde, Museen
Gemeinde(n):
Koordinate WGS84 49° 32′ 2,81″ N: 5° 51′ 45,69″ O 49,53411°N: 5,86269°O
Koordinate UTM 31.707.122,92 m: 5.490.771,63 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.490.105,32 m: 5.488.599,98 m
  • Paul-Wurth-Hallo im Minett-Park Fond-de-Gras (2017)

    Paul-Wurth-Hallo im Minett-Park Fond-de-Gras (2017)

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Der Minett-Park ist ein Freilichtmuseum mit einer Sammlung verschiedenster Hinterlassenschaften der Eisenerzindustrie, das seinen Besuchern über 100 Jahre Industriegeschichte des südlichen Luxemburgs von der Eisenerzgewinnung, die Verarbeitung bis hin zum Transport näherbringt. Der thematische Blick und die historische Einordnung des Museums ergeben sich durch einen Blick auf den Namen der Einrichtung: Der Begriff „Minett“ geht auf die luxemburgische Region Minette zurück, die wiederum ihren Namen von dem hier weit verbreiteten rötlichen Mineral aus Eisenerz sedimentären Ursprungs ableitet, das sich im frühen bis mittleren Jura (etwa 200 bis 170 Millionen Jahre vor heute) hauptsächlich im Süden Luxemburgs und in Lothringen abgelagerte. Der auf den Sprachgebrauch französischer Bergleute zurückgehende Begriff ist als Verkleinerungsform von mine zu verstehen und bedeutet so viel wie „kleine Miene“, was sich auf den relativ geringen Eisengehalt von 28% bis 34% bezieht. So erklärt sich, dass die Minette-Region nachhaltig von zahlreichen Bergwerksstollen geprägt wurde und dass gerade hier ein Freilichtmuseumspark etabliert wurde.

Fond-de-Gras (Aussprache „fon de grass“) war bis in die 1960er Jahre eines der wichtigsten Bergbauzentren Luxemburgs. Fond-de-Gras ist keine eigenständige Körperschaft, sondern ein sogenanntes Lieu-dit (~ Flurname) der Gemeinde Differdingen (= Differdange) - ein deutsch-französisches Toponym, bei dem sich „Gras“ nicht auf das französische „fett“, sondern auf die deutsche (bzw. luxemburgische) Vokabel, bezieht und „Fond“ wiederum den französischen Begriff für Sohle im geologischen Sinne meint. Wortwörtlich bedeutet Fond-de-Gras also so viel wie „Grassohle“ und geht darauf zurück, dass durch die Erzschicht eine hohe Bodenfeuchtigkeit herrscht, die eine dichte und beständige Grasbedeckung ermöglicht.

Als der private Sektor in das Eisenbahngeschäft Luxemburgs einstieg, ergriff der belgische Aktionär Simon Philippart, der Generaldirektor der Bergbaubahngesellschaft Société des Bassins Houillers du Hainault (SBH) (Gesellschaft der Steinkohlebecken von Hainault), im Jahre 1873 die Initiative (für nähere Informationen hierzu siehe „Geschichte der Kleinbahnen in Luxemburg“.). Für seine Tätigkeit forderte er statt finanzieller Kompensation von Seiten des Staates eine Genehmigung zum Eisenerzabbau – unter anderem für die Erzgruben südwestlich von Petingen (= Pétange), zu denen die Gruben von Fond-de-Gras gehörten. Der erste Streckenabschnitt der Ligne des Minières (= Bergbaulinie) von der Umladestation Rollingen (= Lamadelaine; früherer Name des Bahnhofs Fond-de-Gras) bis Petingen, von wo aus das Erz zu den Stahlwerken in Luxemburg, Belgien und Deutschland transportiert wurde, nahm im Dezember 1875 auf einem 700-Milimeter-Schmalspurnetz den Betrieb auf. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten wurde der weitere Ausbau vorerst unterbrochen, aber im Sommer 1878 nach intensiven Verhandlungen mit dem Großherzogtum unter der als Société luxembourgoise des chemins de fer et minières (Luxemburgische Eisenbahn- und Bergbaugesellschaft) neuformierten SBH fortgeführt. Im April 1879 erfolgte die Verlängerung von Rollingen (sprich Fond-de-Gras) bis Bois Châtier kurz vor der französischen Grenze.

Fond-de-Gras liegt am nördlichen Rand der lothringischen Eisenerzbeckens, hier lagert die Minette nur wenige Meter unter der Oberfläche. Nicht nur erschwerten diese Bedingungen den Abbau untertage, so dass es häufig zu Einbrüchen kam. Auch machte ihn der niedrige Eisengehalt der Erze unrentabel im Vergleich zum Import hochwertigeren Erzes mit einer Potenz von bis zu 70 % aus Ländern wie Brasilien, Schweden und Mauretanien. Die ersten Erzgruben schlossen bereits während des Zweiten Weltkrieges, 1955 endete der Abbau unterirdischen Erzes in Fond-de-Gras, 1962 fuhr die Grubenbahn letztmals nach Petingen. Und als im Herbst 1964 ein Erdrutsch bei Streckenkilometer 2,2 die Gleise verschüttete, wurde der Verkehr endgültig aufgegeben, wenngleich die Grubenbahn erst 1970 offiziell stillgelegt wurde. Noch im selben Jahr wurde der gemeinnützige Verein Association des Musée et Tourisme Ferroviaires a.s.b.l. (AMTF) (= Verein der Eisenbahnmuseen und -touristik) gegründet. Innerhalb von nur drei Jahren schaffte es dieser Verein, den Betrieb der Museumsbahn „Train 1900“ zu organisieren und zu finanzieren. Von Fond-de-Gras aus kann entweder Richtung Petingen oder zur französischen Grenze gefahren werden, wobei auf dem letzten Streckenabschnitt, also von Bois-de-Rodange bis nach Bois Châtier keine Schienen mehr vorhanden sind und hier stattdessen ein Fußweg angelegt wurde.

Die Train 1900 setzte im wahrsten Sinne des Wortes die Transformation Fond-de-Gras zu einem Lehr- und Erlebnisort für die luxemburgische Industriekultur in Gang. So wurde 1988 ein ehemaliges Dampf-Elektrowerk, das ursprünglich aus Hollerich (= Hollerech) stammt, mitsamt seiner Maschinenhalle, zwei großen Dampfzylindern mit Kolben und dem dazugehörigen Stromgenerator in Fond-de-Gras wieder aufgebaut. Bis 1980 hatte es noch 250-Volt-Gleich-/Wechselstrom für die Tabakmanufaktur Heintz van Landewyck, einige Städte, die Ateliers von Paul Wurth und das Champagnerhaus Mercier produziert. Gegenüber von diesem Werk wurde eine historische Walzstraße von 1912 wiedererrichtet, die bis 1989 bei der Aciéries Réunies de Burbach-Eich-Dudelange (ARBED) (= Vereinigte Stahlhütten Burbach-Eich-Düdelingen) in der Eisenhütte Esch-Belval in Betrieb und primär für die Produktion von kleineren Schienen zur Verlegung untertage verwendet wurde. Auch kam es zur Integration eines alten Krämerladens von 1919 in die einzige seit 1882 vor Ort bestehende Gaststätte mit Gebäudeteilen der damaligen Bergmannschenke. Er stammt ursprünglich aus der Épicerie Victor Binck aus Differdingen (= Differdange). In den 1990er Jahren eröffnete schließlich die Grubenbahn „Minièresbunn“, die Fond-de-Gras mit dem französischen Dorf Sonne ( = Saulnes) verbindet. Die Fahrt auf der ca. 4 km langen Strecke hat mehrere Etappen, bei denen es unter anderem eine historische Brecheranlage und Kompressorstation, von der aus das Eisenerz mit Seilbahnen in die umliegenden Eisenhütten transportiert wurde, historische Straßendampfwalzen und Hochöfen sowie zur Schau gestelltes Rollmaterial zu sehen gibt. Auch fährt sie eine Weile unterrage und führt zum Gästebergwerk im Dorf Lasauvage, in dem Führungen angeboten und von den Besuchern Arbeitsgeräte für den Bergbau ausprobiert werden können.

Über diese industriekulturellen Elemente hinaus ist der Titelberg zwischen Fond-de-Gras und Rollingen von Interesse. Hier finden seit Jahrzehnten Ausgrabungen einer keltisch-römischen Siedlung (Oppidum) aus dem 2. Jahrhundert nach Christus statt. Die Ausgrabungen zeigen, dass es sich um einen zentralen Platz der Treverer*innen (vgl. „Trier“) gehandelt haben muss. Zudem ist das ehemalige Tagebaugebiet „Giele Botter“ bei Fond-de-Gras in Richtung Petingen renaturiert worden und bietet eine Vielfalt von Biotopen und Entwicklungsstadien des Prozessnaturschutzes - so ist dieses mittlerweile zu einem Naturschutzgebiet ausgewiesen worden. Fond-de-Gras ist auch Teil des Dichterwegs (Sentier des Poètes), für den zwölf luxemburgische Autoren mit jeweils einem Gedicht zum Thema Wald beigetragen haben, und der Europäischen Route der Industriekultur. Seit 1985 steht Fond-de-Gras unter Denkmalschutz.

(Sarina Eßling, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V., 2023)

Internet

Literatur

Klein, René (2015)
Le Fond-de-Gras – Histoire(s) d’un lieu: des origines à nos jours. In: Mutations. Mémoires et perspectives du Bassin minie. H. 8, Luxemburg.
Lenz, Louis (1997)
Der luxemburgische Bergmann in seiner Arbeitswelt im lothringisch-luxemburgischen Bergbaurevier. In: de Minettsdapp, Kultur am Süden a.s.b.l, Luxemburg.
Schumacher, Jean-Claude (1996)
Denkmäler der Luxemburger Industriekultur. S. 143. Luxemburg.
Sunnen, Myriam (o.J.)
Das Minett. In: Orte der Erinnerung in Luxemburg. Erinnerungsorte in Luxemburg. 2. Auflage, S. 247-252. Luxemburg.
Walter, Roland (1992)
Geologie von Mitteleuropa, 5. Auflage. S. 345. Stuttgart.

Minett-Park Fond-de-Gras in Differdange

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Fond-de-Gras 2
Ort
457 Differdingen (Differdange) / Luxemburg
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde, Museen
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung

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Sarina Eßling (2023): „Minett-Park Fond-de-Gras in Differdange”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343426 (Abgerufen: 17. März 2025)
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