Lage
Zur Zeit seiner Erbauung lag das Haus Stienes abseits des früheren Ortszentrums, das sich rund um die Kirche gebildet hatte. Auf alten Karten grenzt das etwas zurückgesetzte Haus mit dem Giebel an einen Verbindungsweg zwischen der heutigen Ringstraße und der Sulzbacher Straße. Heute befindet sich an dieser Stelle ein kleiner Platz mit Ruhebänken.
Objektbeschreibung
Das Haus Stienes ist ein typisches Ein- oder Einheitshaus, bei dem Wohnbereich und Wirtschaftsteil unter einem Dach vereint sind. Der Wohnbereich umfasst nur ein Drittel der Anlage. Der größere Teil des Gebäudebestandes dient als Stall, Tenne und Scheune den wirtschaftlichen Bedürfnissen: An den Hausflur schließt sich rechts ein kleiner Stall an. Es folgen die Tenne, ein großer Raum, in den Getreide gedroschen wurde, mit dem Scheunentor und ein weiterer Stall. Der Bautyp des Hauses ist quererschlossen. Das heißt, man betritt das Haus von der Traufseite. Am Ende des Flurs führt eine Treppe ins Obergeschoss. Ursprünglich gab es hier eine weitere Treppe, die in den Keller führte. Die Küche des zweiraumtiefen Hauses befindet sich links vom Flur, hinter der Wohnstube. Die Feuerstelle diente einst als Kochstätte und einzige Wärmequelle, die beide Räume gemeinsam erwärmte. In der Küche gab es früher auch einen Brunnen. Im Obergeschoss befinden sich die Schlafräume.
Das Gebäude fällt durch sein in jüngerer Zeit liebevoll restauriertes Fachwerk auf. Dieses war lange Zeit weiß verputzt gewesen. Erst nach der Renovierung im Jahr 1958 kam das Fachwerk wieder zutage. Ursprünglich waren die Schmuckformen im Fachwerk auch unter den beiden linken Fenstern vorhanden gewesen. Vermutlich wurden diese bei der Vergrößerung der Fenster anlässlich eines Besitzerwechsel im Jahre 1886 beseitigt. Lediglich unter dem rechten Fenster blieb die mit Nasen besetzte Raute wegen der unvollständigen Bauinschrift „VLRICH AM[…] HB ANNO 1710“ erhalten.
Die Fachwerk-Schmuckformen am Haus Stienes gehören zu den ältesten datierten im ganzen Kreisgebiet. Sie umfassen im Wechsel die Fachwerkfigur der sogenannten Mannfiguren sowie Gebälk- und Fensterbrüstungen und gerade und geschweifte, mit Nasen besetzte Hölzer. Im Zuge der Renovierung wurden auch die drei Spitzgauben im mit Schiefer gedecktem Walmdach wiederhergestellt. Sprossenfenster wurden eingebaut. Außerdem wurden in das Gefach über dem Stall Glasscheiben eingesetzt, um mehr Licht für den heutige Wohnbereich zu erhalten.
Geschichte des Haus Stienes
Der Erbauer des Hauses ist nicht sicher bekannt. Die Bauinschrift „VLRICH AM[…] HB ANNO 1710“ aber bot wiederholt Anlass zu Spekulationen.
Der Heimatforscher August Keller (1870-1957) schloss auf den Vater des Hottenbacher Schultheißen Johann Ulrich Groß (1710-1782).
Wahrscheinlicher aber ist, dass es sich bei dem Erbauer um Ulrich Andreas Holzbacher handelte. Dieser findet in den Kirchenbüchern der Jahre 1721/22 als Taufpate in Hottenbach Erwähnung. Holzbacher, geboren im Jahre 1670, war Strumpfstricker und wohnte zwischenzeitlich in Schauren. Dort wurden in den Jahren 1697 und 1700 seine Kinder geboren. Später zog Holzbacher nach Hottenbach und könnte dort das Haus Stienes erbaut haben.
Die Buchstaben „Vlrich Am... HB“ in der Bauinschrift könnten auf Holzbacher hinweisen: Das „Am...“ kann auch „An“ heißen, das „dreas“ fiel weg, als man die Fensterrahmen vergrößerte. „HB“ würde demnach nicht für Hottenbach, sondern für Holzbacher stehen.
Im Jahre 1886 erwarb der von der Stipshausener Mühle stammende Mühlenbauer Adam Lersch (1855-1931) das Anwesen für seine Familie. Er nahm auch seine Schwiegereltern auf, nach deren Familiennamen „Stienes“ das Haus benannt wurde.
Seit dem Jahr 1886 ist das Haus Stienes in der vierten Generation in Familienbesitz. Es gehört heute Helmut und Gertrud Metzler geb. Lersch. Sie ist die Urenkelin von Adam Lersch. Das Anwesen wird nach wie vor landwirtschaftlich genutzt.
Das Haus Stienes in Hottenbach wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Birkenfeld (Stand 2019) geführt. Der Eintrag lautet: „Ringstraße 20
Wohnhaus, Zierfachwerk bez. 1710.“
(Erik Zimmermann, Ortsgemeinde Hottenbach; Alina Frank, Universität Koblenz-Landau / freundliche Hinweise von Helmut und Gertrud Metzler, Ortsgemeinde Hottenbach, 2021)
Quellen
Erik Zimmermann, Mauern mit viel Geschichte. 300 Jahre alt ist das Haus „Stienes“ in Hottenbach. Anwesen immer noch landwirtschaftlich genutzt. In: Rhein-Zeitung, Ausg. L [Nahe] 65 (2010) vom August 2010.