Weißer Heunisch - eine historische Rebsorte im Rheingau

Hunsch, Hintsch, Hunnentraube, Gouais (Schweiz), Biela Belina Velika (Kroatien), Rässer (Siebenbürgen), Bettschisser, Laxiertraube

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Rüdesheim am Rhein
Kreis(e): Rheingau-Taunus-Kreis
Bundesland: Hessen
Koordinate WGS84 49° 58′ 44,39″ N: 7° 55′ 33,79″ O 49,979°N: 7,92605°O
Koordinate UTM 32.423.000,65 m: 5.536.848,16 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.423.044,99 m: 5.538.623,52 m
Ursprung
Der Heunisch ist eine sehr alte Rebsorte und war im Mittelalter lange Zeit eine der wichtigsten Weißweinsorten in Mitteleuropa. Die über 250 synonymen Bezeichnungen in verschiedenen Ländern und Sprachen bezeugen die weite Verbreitung des Heunischs. Über den genauen geographischen Ursprung der Sorte gibt es jedoch nur Vermutungen. Aufgrund der späten Reife und Frostempfindlichkeit gilt eine ursprüngliche Heimat in südlichen Gebieten als wahrscheinlich.

Der Heunisch zählt gemäß der mittelalterlichen Einteilung zu den „heunischen“ bzw. „hunnischen“ (nicht zu den „frentschen“) Sorten, die womöglich von dem Volk der Ungarn aus ihrem pannonischen Siedlungsgebiet zu Beginn des 10. Jahrhunderts nach Mitteleuropa gebracht wurden. Allerdings ist dieser Ursprung nicht endgültig belegt. Seit dem Hochmittelalter war der Heunisch in allen mitteleuropäischen Ländern vertreten.

Eigenschaften des Heunisch
Durch seine Anspruchslosigkeit und den späten Austrieb konnten auch in Jahren mit Spätfrost hohe Erträge erzielt werden. Besonders in kühlen Anbaugebieten mit häufigen Frühjahrsfrösten war diese Eigenschaft sehr wichtig. Hohe Erträge von „Massensorten“ waren im Mittelalter wegen der erforderlichen Zehntabgaben an den Landesherren erforderlich. Gleichzeitig war Wein mit einem ausreichenden Alkoholgehalt, hohem pH-Wert und sicherem Ertrag ein wichtiges Mittel, um Trinkwasser von Keimen zu befreien und es somit trinkbar zu machen. Zu diesem Zwecke war der saure Heunisch gut geeignet.

Der Heunisch gerät in Vergessenheit
Die säurebetonte, extraktarme Rebsorte geriet jedoch aufgrund ihres sauren Geschmacks zunehmend in Verruf und wurde ab Ende des 18. Jahrhunderts immer weniger für den Anbau empfohlen und angepflanzt. So beschrieben Freiherr L. von Babo und J. Metzger im Jahre 1836 den Heunisch als „uralte Rebsorte, die ehedem über den größten Theil der süddeutschen Weingebirge unter den verschiedensten Benennungen verbreitet war, allein in neueren Zeiten, mit Recht allmählig vertilgt und durch bessere Rebsorten ersetzt wird“ (S. 55). Sodann empfahlen sie: „Diese fruchtbare Traube gibt ziemlich viel Wein, allein von wässerigem und schlechtem Geschmack und verdient durchaus allgemein ausgerottet zu werden, wie dieses auch längst in denjenigen Weingegenden, wo die verbesserte Kultur fortschreitet, allgemein geschieht“ (ebd. S. 55).

Der Heunisch ist die Stammsorte heute weit verbreiteter und renommierter Sorten
Zwar scheint der Heunisch nur wenig geschätzt und im Mittelalter vorwiegend wegen seiner guten Fruchtbarkeit kultiviert worden zu sein. Allerdings hat diese Rebsortenfamilie (bestehend aus mehreren Mutanten des Heunisch wie Gelber Heunisch, Roter Heunisch oder Grobheunisch) den europäischen Weinbau nachhaltig bereichert und ihn letztlich zu dem gemacht, was er heute ist: Durch ihre exzellenten Kreuzungseigenschaften handelt sich mit dem Heunisch um eine der Stammsorten vieler der heute bekannten und renommierten europäischen Rebsorten. Genanalysen ergaben, dass 130 Rebsorten vom Heunisch abstammen, darunter beispielsweise die Sorten Riesling, Auxerrois, Gamay und Chardonnay.

Um diesem Urahn der vielen heute so berühmten und hochgelobten Rebsorten Tribut zu zollen, wird er seit 2004 auf einer kleinen Terrasse des Weinguts Georg Breuer im Rüdesheimer Berg Rottland wieder angebaut. Seit 2008 bringt er einen kleinen Ertrag, der sortenrein ausgebaut und bei besonderen Weinverkostungen präsentiert wird.

(Barbara Bernard, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2020)

Internet
www.vivc.de: Vitis International Variety Catalogue VIVC - Pedigree - Heunisch Weiss (abgerufen: 16.12.2020)
www.de.wikipedia.org: Heunisch (Rebsorte) (abgerufen: 23.09.2020)
www.georg-breuer.com: Weingut Georg Breuer, Rüdesheim (abgerufen: 23.09.2020)

Literatur

Rühl, Ernst (2020)
Alte Rebsorten für den Rheingau. In: Rheingau Forum - Zeitschrift für Wein, Geschichte, Kultur, S. 24-27. Mainz.
Schmid, Joachim; Manty, Frank; Lindner, Bettina / Institut für Rebenzüchtung, Hochschule Geisenheim University (Hrsg.) (2019)
Geisenheimer Rebsorten und Klone. (Geisenheimer Berichte 90.) Geisenheim.
Schmitt, M.H. (2015)
Die Rückkehr des Weißen Heunisch. In: Die Winzer-Zeitschrift, S. 34-35. o. O.
von Babo, Freiherr L.; Metzger, J. (1836)
Die Wein- und Tafeltrauben der deutschen Weinberge und Gärten. Mannheim.

Weißer Heunisch - eine historische Rebsorte im Rheingau

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Grabenstraße 8
Ort
65385 Rüdesheim
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Literaturauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 900 bis 1500

Empfohlene Zitierweise

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„Weißer Heunisch - eine historische Rebsorte im Rheingau”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-327228 (Abgerufen: 25. April 2024)
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