An der Stelle, wo das Gesims an den Renaissance-Torbogen mit der Jahreszahl 1590 stößt, sitzt die Muschelnische. Sie ist eine der bevorzugten Darstellungen aus der Zeit des Barock, wird im Rokoko sogar stilbildend (Koepf/Binding 2016, S. 346). Neben der sinnbildhaften Bedeutung ist sie auch Zeichen der Pilger. Auch Johannes der Täufer wird mit einer Muschel dargestellt, als Zeichen des Täufers, der Taufe. Dies gilt auch für den heiligen Silvester, der eine Muschel in der Hand hält.
Maria sitzt aufrecht und hält den Leichnam ihres Sohnes im Schoß. Sie stützt mit der rechten Hand den Kopf des Toten. Mit der Linken stützt sie den linken Oberarm. Der Körper ist dem Betrachter zugewandt und zeigt die offene Wunde des Gekreuzigten. „Die leidvoll niedergeschlagenen Augen der Gottesmutter und das aufrechte Haupt drücken verhaltenen Schmerz aus.“ (Weinmann 1989, S. 52). Der Blick ist nicht ausgerichtet, sondern wendet sich nach Innen, ganz im Schmerz verhaftet. Das Haupt Marias trägt ein Kopftuch, die Haare sind darunter erkennbar. Das lange Gewand reicht bis zum Boden. Der Körper Jesu ist mit einem Lendenschurz umschlungen. Insgesamt ist die Gestalt, im Verhältnis zur Größe der Mutter, zu klein wiedergegeben.
Die Nische ist mit einer Muschel, die kleine barocke Verzierungen im Innenteil zeigt, in einem halbkugeligen Gewölbe (Konche) nach oben abgeschlossen. Der in der Wölbung angelegte Verband (Wellenmuster) ist nicht ringförmig, sondern radial angelegt. Unten steht die Figur auf einem muschelverzierten Sockel auf. Die Ränder der Nische sind mit kannelurenartigen Sandsteinformen verziert. Das gleiche Merkmal zeigt die Bedachung über der Muschel, die leicht nach vorne versetzt ist. „Ob das Bild für diese Nische geschaffen wurde, ist fraglich (...)“ (Weinmann 1987, S. 52). Die Nische könnte in der Tat eine größere Figurenkomposition aufnehmen. In der Regel sind diese Nischen (einseitig offene, halbrunde Aussparung in einer Mauer, die durch einen Bogen überspannt sein kann (Koepf/Binding 2016, S. 348)) und ihre Figuren in einer Hausfront integriert. In der Hartmannstraße 14 wirkt die Aufstellung wenig eingebunden in die Hausfront oder den Torbogen.
Im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Kreis Südliche Weinstraße findet sich der Eintrag: „(an) Hartmannstraße 14 Renaissance-Torbogen, bez. 1590; Muschelnische mit Pietà“ (GDKE 2019, S. 67).
(Matthias C. S. Dreyer, Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler) 2020)