Geschichte
Der Legende nach brachte die heilige Adelheid, erste Äbtissin von Villich (ca. 965–1015), in einer Zeit großer Dürre auf wundersame Weise eine Quelle zum Sprudeln. Aufgrund der heilenden Kräfte, die man der Quelle zuschrieb, wurde sie von Kranken aufgesucht und etablierte sich in der Folge als Wallfahrtsziel. Bald wurde eine kleine von Eremiten betreute Kapelle neben der Quelle errichtet (Erbauungszeit unbekannt). Vor dem Hintergrund der katholischen Gegenreformation und der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges kam es im 17. Jahrhundert zu einer enormen Zunahme der Heiligenverehrung und des damit verbundenen Pilgerstroms. Daraufhin übertrug Johann Wilhelm, Herzog von Jülich und Berg (1658–1716), 1688 die Stätte dem Karmeliten-Orden. Die Mönche errichteten in unmittelbarer Nähe ein Kloster, dessen Kirche um 1724 fertiggestellt, und 1760 schließlich geweiht wurde. 1769 wurde neben dem Adelheidis-Brunnen eine neue Kapelle errichtet. Seit der Auflösung des Klosters 1803 im Zuge der Säkularisation wird das Gotteshaus als Pfarrkirche genutzt. Als das Gebäudeensemble nach dem Wiener Kongress 1815 Eigentum des preußischen Staates wurde, drohte zunächst der Abbruch des Klosters. Nur unter Hinweis auf den mit der Wallfahrt verbundenen Jahrmarkt als eine der Haupteinnahmequellen des Ortes konnte der Bau erhalten werden. 1887 zerstörte ein Großbrand die Kirche, 1891 konnte der Wiederaufbau abgeschlossen werden. 1942 wurde die Kirche durch Brandbomben erneut bis auf die Umfassungsmauern demoliert. Die Restaurierung in Anlehnung an den Zustand des späten 19. Jahrhunderts kam 1959 zu einem vorläufigen Abschluss, gefolgt von verschiedenen Renovierungen, zuletzt im Jahr 2014.
Baubeschreibung
Direkt neben dem Adelheidis-Brunnen steht eine schlichte barocke Kapelle aus dem Jahr 1769. Der kleine, einschiffige Bau ist verputzt und trägt ein Satteldach mit aufgesetztem Dachreiter. Im Inneren wird der Raum von einem Tonnengewölbe überspannt und läuft in einer niedrigen Chornische aus. Diese birgt ein Altarretabel (Altaraufsatz) samt einer feinen, farbig gefassten Holzskulptur der Hl. Adelheid aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Ein alter, von mächtigen Linden gesäumter Wallfahrtsweg verbindet die Kapelle mit der ehemaligen Klosterkirche. Der einfache, verputzte Bau ist im Westen von einem Dachreiter mit offener Laterne bekrönt. Die Westfassade ist durch ein aufwendig gestaltetes Hausteinportal akzentuiert: Säulen korinthischer Ordnung und ein verkröpftes Gebälk werden bekrönt durch das reich geschmückte Wappen des Kurfürsten Karl Philipp von der Pfalz (1661–1742) zwischen Löwen. Das Portal rahmt zwei Türflügel aus getriebenem Kupfer mit bronzegegossenen Reliefmedaillons. Die Tür wurde 1957/58 von dem Bildhauer Elmar Hillebrand (1925–2016) angefertigt. Die glatte Fassade wird ansonsten lediglich von ovalen Blenden, Oval- und Rundbogenfenstern gegliedert. In einer Rundbogennische über dem großen Mittelfenster steht eine Steinfigur der Hl. Adelheid mit dem Modell der Kirche in ihrer Linken.
Das Kircheninnere ist ein rechteckiger Saal mit eingezogenem Chor. Der Raum wird vertikal durch Pilaster bzw. Pilaster-Paare römisch-ionischer Ordnung mit verkröpftem Gebälk (waagerechtes Gesims an einem senkrechten Wandvorsprung) gegliedert. Überspannt wird der Saal von einem flachen Tonnengewölbe mit Stichkappen über den Rundbogenfenstern bzw. den Blindfenstern an der Klosterseite. Im Osten läuft der Saal in eine gedrückt-halbrunde Chorapsis aus. Wände und Decken sind in einem nüchternen Weiß verputzt. 1979/80 entschloss man sich zu einer teilweise farbigen Fassung in Anlehnung an barocke Gestaltungsweisen: Die Pilaster zeigen eine gemalte Marmorierung, das Gewölbe ist durch eine scheinarchitektonische Malerei optisch gegliedert.
Ausgestattet ist der Raum mit einer Orgelempore an der Eingangsseite, welche von Karl Band (1900-1995) erbaut wurde. Sie weist die charakteristisch-klare Formensprache der späten 1950er Jahre auf. Der kalksteinerne Hochaltar wurde 1962 von den Bildhauern Elmar Hillebrand (1925-2016) und Theo Heiermann (1925-1996) angefertigt. Er wurde in Anlehnung an die Innenraumfassung von 1979/80 bemalt.
Die Kirche St. Adelheidis und die Adelheidiskapelle ist Eigentum des Landes NRW und werden von der Bezirksregierung Köln verwaltet.
Denkmalpflegerische und bauliche Maßnahmen
1974–1976 | Einbau von Doppelfenstern und Wärmedämmung des Tonnengewölbes |
1979 | Instandsetzung des Schieferdaches und des Dachreiters |
1980 | Farbliche Neufassung des Innenraums |
1982 | Restaurierung der Rieger-Orgel, des Altars und des Altar-Retabels sowie Neuaufstellung des Tabernakels |
1994–1995 | Turmsanierung |
1999–2003 | Dach- und Fassadensanierung |
2004–2005 | Innenraumsanierung |
2013–2014 | Adelheidiskapelle: Sanierung von Dach, Fassade und Innenraum |
Nutzung | Pfarrkirche |
Ressort | Bauministerium (MBWSV) NRW |
Denkmalbehörde | Bezirksregierung Köln |
Denkmalliste | Bonn, Nr. 791, 03.04.1985 |
(Fabian Kröning, Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln, 2016)