Missionshaus der Steyler Missionare in Sankt Augustin

Steyler Missionspriesterseminar

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Sankt Augustin
Kreis(e): Rhein-Sieg-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 46′ 26,13″ N: 7° 10′ 41,51″ O 50,77393°N: 7,1782°O
Koordinate UTM 32.371.548,96 m: 5.626.267,28 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.583.150,39 m: 5.627.159,15 m
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    Fotograf/Urheber:
    Holger Klaes
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Der 1837 in Goch geborene Priester Arnold Janssen (1837-1909) gründete 1875 im niederländischen Steyl, nahe der Grenze zu Preußen, ein Missionshaus; denn seinen Wunsch, eine Ausbildungsstätte für die „Heidenmission“ zu schaffen, konnte er in der Zeit des Kulturkampfs in Deutschland nicht verwirklichen. Dieses Datum gilt als Gründungsdatum der Gemeinschaft der Steyler Missionare, offiziell „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ (lateinisch Societas Verbi Divini, abgekürzt SVD), auch wenn die Ordensgemeinschaft als solche erst 1885 errichtet wurde. Bereits 1879 konnten die ersten Missionare nach China geschickt werden. Die ursprüngliche Gemeinschaft von sechs Priestern wuchs schnell. 1889 wurde eine erste Kongregation für Frauen gegründet. Heute gehören zu der international ausgerichteten Ordensgemeinschaft etwa 10.000 Priester und Brüder, Missions- und Anbetungsschwestern.

Baugeschichte
Arnold Janssen, der 2003 heiliggesprochen wurde, gründete eine Reihe weiterer Missionshäuser, so 1889 in Maria Enzersdorf bei Wien oder 1898/99 in St. Wendel im Saarland. Arnold Janssen starb 1909, bevor er seinen Wunsch nach einem Missionshaus im Rheinland verwirklichen konnte. Das Missionshaus in der damaligen Gemeinde Hangelar wurde dann 1913 erbaut und dem großen Kirchenlehrer Augustinus geweiht. Im selben Jahr noch konnte der erste Bauabschnitt, das Augustinushaus, fertiggestellt und bezogen werden. Das Haus diente zunächst vor allem der „Aushilfe in der Seelsorge“ und als Heim für erholungsbedürftige Ordensmitglieder. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Missionshaus in mehreren Stufen weiter ausgebaut. 1925 wurde ein Priesterseminar mit Ordenshochschule eingerichtet, das schließlich zur heutigen Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD St. Augustin wurde.
Das Missionshaus ist ein dreigeschossiger Komplex um einen nahezu quadratischen Innenhof in der Tradition des Klosterbaus. Stilistisch folgt der Bau den zu Beginn des 20. Jahrhunderts aktuellen Formen der Goethezeit, unter denen man eine schlichte, bürgerlich geprägte Bauweise in der Tradition der Zeit um 1800 verstand. Der Nordwestflügel wurde zwischen 1926 und 1929 angefügt. Er enthält in den beiden Obergeschossen die 1930 feierlich konsekrierte Kirche Heilige Dreifaltigkeit; darunter liegen der Pfortenbereich mit dem Portal im Chorscheitel sowie die Aula; im Keller findet sich eine Krypta. Der Chor springt halbrund vor; mit Rustikasockel, Pfeilern, Attikageschoss und Kuppeldach ist er architektonisch gegenüber den schlichteren Flügeln hervorgehoben. An den Chor schließt nach Nordwesten ein weiterer Flügel an. So ist die nach Norden gerichtete Hauptansicht des Gebäudes symmetrisch.
Der Kirchenraum ist ein langgestreckter tonnengewölbter Saal mit einem zweischaligen Wandaufbau. Das Gewölbe ruht seitlich auf Pfeilern, zwischen denen sich auf jeder Seite fünf kurze querliegende Tonnen in Stichkappen zum Hauptgewölbe öffnen. Die so entstehenden Nischen sind zweigeschossig. Sie enthalten im unteren Teil jeweils zwei Seitenkapellen. Darüber verläuft von der Orgelempore ausgehend an jeder Seite ein emporenartiger Laufgang mit Balustrade hinter den Pfeilern durch. Er endet am Chor, der einem Querhaus gleich mit dem Langhaus eine Vierung bildet und einen halbrunden Schluss mit sieben Fenstern besitzt. Der Raum interpretiert den vor allem im Barock beliebten Typus der Wandpfeilerkirche zeitgemäß. Barocke Vorbilder hat auch der Stuck in den Gewölben: gerahmte Felder im Gewölbescheitel des Langhauses und rahmende Leisten in den kurzen Quertonnen.
Die Pläne des Missionshauses stammen von dem Steyler Generalbaumeister Pater Johannes Beckert (1864-1927). Dabei wurde der Plan für die Kirche von dem Regierungsbaurat Burghard Harling und dem Bonner Kunsthistoriker Daniel Busley überarbeitet, da die Baubehörde statt des nüchternen neuromanischen Entwurfs von Beckert eine künstlerisch hochstehende, monumentale Hauptansicht gefordert hatte. Die Bauleitung hatte der Siegburger Kreisbaumeister Heinrich Bonn, der die Arbeit von Beckerts nach dessen Tod im Jahre 1927 fortsetzte.
Neben den erhaltenen Stuckrahmen in den Gewölben und den noch vorhandenen Profilen der Kapitelle, Basen und Kämpfer der Pfeiler besaß die Kirche eine reiche Ausmalung, die Pater Josef Büttgens (1879-1959) von 1928 bis 1938 geschaffen hatte. Wie die Architektur war auch sie neubarock beeinflusst, folgte aber zum Beispiel mit der Dreifaltigkeitsdarstellung in der Apsiskalotte auch frühchristlichen Vorbildern. Nach der starken Kriegsbeschädigung der Kirche und dem Wiederaufbau blieben lediglich die Gemälde in der Apsiskalotte und in wenigen der stuckgerahmten Felder erhalten. Auch sie verschwanden im Zuge der Umgestaltung des Kirchenraums nach dem Zweiten Vaticanum. 2005 erhielt der Raum eine helle und freundliche Neufassung in Pastelltönen.

Neubarocke Kirchen im Rheinland
Die Kirche des Missionshauses St. Augustin gehört zu einer Gruppe neubarocker Kirchbauten, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden, obwohl zur gleichen Zeit das Kölner Generalvikariat zunächst lediglich Bauten im gotischen, romanischen oder Übergangsstil für eine Kirche angemessen hielt. Vor allem sind dies Kirchen, die wie in St. Augustin Teil eines größeren Komplexes sind. Zu nennen wären etwa die Krankenhauskapellen in Brühl oder Wesseling, beide kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstanden. Es gibt aber auch selbständige Bauten wie die Kirche St. Hubertus in Duisburg-Rahm. Diese wurde 1922-25 für eine Rokoko-Ausstattung errichtet, die durch den Abbruch der Kirche in Heinsberg-Karken heimatlos geworden war.

1969 kam es in der Region um Bonn zu einer Gebietsreform, die vor allem die Bedürfnisse der Bundeshauptstadt berücksichtigen sollte. Die dabei aus mehreren Gemeinden des damaligen Siegkreises zwischen Siegburg und Bonn neugebildete Stadt erhielt nach dem Missionshaus den Namen St. Augustin.

(Ulrich Stevens, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V., 2019)

Literatur

Rheinischer Verein (Hrsg.) (2019)
Rheinland Kalender 2020. Denkmal - Landschaft - Natur. (Rheinland Kalender.) Wermelskirchen.

Missionshaus der Steyler Missionare in Sankt Augustin

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Arnold-Janssen-Straße 30
Ort
53757 Sankt Augustin
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 1913

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„Missionshaus der Steyler Missionare in Sankt Augustin”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-292704 (Abgerufen: 28. April 2024)
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