Funktion
Der Schneiderwoog war im System der Holztrift ein Durchleitungswoog. Wesentliches Merkmal war der Aufstau und die schubartige Abgabe von möglichst großen Mengen an Wasser zeitgleich mit der Durchleitung der Holzscheitfracht. Entsprechend war die Dimension des Absperr- und Auslaufbauwerkes auf die gut einen Meter messenden Holzscheite ausgerichtet.
Bauwerke
In baulicher Hinsicht ähnelt der Woog dem rund einen Kilometer flussabwärts liegenden, allerdings nicht wassergefüllten, Pfalzwoog (nicht zu verwechseln mit dem Pfälzerwoog im Wasgau). Schneiderwoog und Pfalzwoog zeigen ein sehr gut erhaltenes und baugleiches Absperr- und Auslaufbauwerk. Der Dammbereich ist zur Woogseite hin vollständig gemauert, zur abfließenden Seite hin jedoch bis auf den Durchlass aus Erdreich modelliert. Der Durchlass besteht aus gemauerten Sandsteinquadern, die auch die Seitenwände des Durchlasses bilden. Die seitlichen Mauern sind in Fließrichtung stufenartig gemauert. Noch heute wird der Wasserspiegel am Schneiderwoog durch Holzbohlen gestaut. Am Pfalzwoog fehlen dagegen diese Holzbohlen. Ein holzstegartiger Übergang im Dammbereich, der nachträglich angebaut wurde, ermöglicht die genaue Inaugenscheinnahme des gesamten Dammbereiches.
Räumliche und zeitliche Einordnung des Wooges
Der Schneiderwoog war einst Teil der Holztrift am Kaltenbach. Der rund sechs Kilometer lange Kaltenbach zählt zum Einzugsgebiet der Queich, die den mittleren vom südlichen Pfälzerwald (Wasgau) trennt.
Das genaue Baujahr der Trift-Bauwerke ist nicht bekannt. Einige Woog-Standorte wurden bereits vor 1816, dem Beginn der „bayrischen Zeit“ der Pfalz, betrieben. Die heutigen Bauwerksrelikte stammen jedoch frühestens aus dem Jahr 1821, dem Beginn des bayrischen Woogausbaus am Kaltenbach. Die Holztrift im Pfälzerwald wurde großflächig bis ins späte 19. Jahrhundert betrieben, am Kaltenbach bis zum Jahr 1905, das heißt, bis unmittelbar vor der offiziellen Einstellung der gesamten Holztrift im Pfälzerwald.
Umgebung des Wooges
Im Umfeld des Wooges, wie auch an zahlreichen anderen Stellen am Kaltenbach, befinden sich Brunnen der öffentlichen Trinkwasserversorgung. In Sichtweite des Schneiderwooges steht ein gemauertes Gebäude, in dem sich eine der Trinkwasseraufbereitung dienende Entsäuerungsanlage befindet. In den nördlichen Bereich des Dammes wurde, im Zusammenhang mit der öffentlichen Trinkwasserförderung, eine Schieberstation baulich an den Damm angefügt.
Rund 700 Meter westlich des Schneiderwooges, in Fließrichtung bachaufwärts, befinden sich wenige Meter voneinander zwei Brunnen. Der vordere Brunnen, aufwendig aus Sandstein gemauert und dem vorbeilaufenden Wanderer dienend, ist dem von 1957 bis 1969 amtierenden Annweiler Bürgermeister Theo Leyendecker gewidmet. Ein wenige Meter entfernt am Hang befindlicher zweiter Brunnen ist ebenfalls aus Sandstein gemauert und hat im Gegensatz zum Leyendecker-Brunnen eine ungleich stärkere Schüttung. Blickt man in die Brunnenöffnung, so lässt sich im Inneren ein geöffnetes Überlaufrohr ausmachen. Es ist stark verrostet. Es dürfte sich um den Überlauf eines ehemaligen Trinkwasserbrunnens handeln. Unweit der beiden Brunnenbecken befindet sich ein modernes gemauertes Gebäude mit einer Druckunterbrecheranlage.
(Matthias C.S. Dreyer, Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, 2019)