Die Stadt Obermoschel wurde im Jahre 1798 Sitz eines von den Franzosen eingeführten Friedensgerichtes. Mitte des 19. Jahrhunderts verfügte Obermoschel über ein Landgericht, worauf im Jahr 1900 der Sitz eines Amtsgerichts folgte. Im Jahr 1967 wurde die Auflösung des Obermoscheler Amtsgerichts beschlossen.
Geschichte
Baubeschreibung
Räumliche Lage und Erreichbarkeit
Geschichte
Obermoschel wurde erstmals gegen Ende der Französischen Revolution des Jahres 1789 Standort für ein Gericht. Im Jahr 1794 wurden die linksrheinischen Gebiete von den französischen Truppen besetzt und sieben Jahre später durch die Erlassung eines Gesetztes zum französischen Staatsgebiet erklärt. Am 23.01.1798 führte der französische Regierungskommissar aus dem Elsaß, Franz Josef Rudler (1757-1837), die neue Justizorganisation ein. Nachfolgend wurde Obermoschel Sitz eines Friedensgerichtes mit vielfältigen Aufgaben in Zivil- und Strafrecht sowie in Vormundschafts- und Nachlassangelegenheiten. Lange Zeit wurde nach einem möglichen Amtsgebäude gesucht und um einen Neubau gerungen. Letztlich wurde das ehemalige herzogliche Kellereigebäude in der Kirchenstraße („Auf dem Hewwel“) genutzt.
Die Wahl Obermoschels zur Kantonshauptstadt und zum Gerichtssitz war eine Besonderheit und nicht selbstverständlich. Der größere und zentraler gelegene Nachbarort Alsenz wurde trotz seiner rechts- und justizgeschichtlich weitaus größeren und bedeutenderen Vergangenheit von den Franzosen nicht berücksichtigt. Alsenz war nämlich seit Jahrhunderten Sitz eines gemeinschaftlichen Gerichtes der Herrschaften Pfalz-Zweibrücken, Nassau-Weilburg und der Grafschaft Falkenstein gewesen. Entgegen der bisherigen Regelung erhielt Obermoschel den Vorzug. In Alsenz blieben lediglich die Gendameriestation und das Kantonsgefängnis erhalten. Letzteres wurde später allerdings an den Sitz des Gerichts nach Obermoschel verlegt.
Die neue Gerichtsbarkeit hatte französisches Recht anzuwenden. Der Code Civil, auch Code Napoleon genannt, der 1804 in Kraft trat und bis zum Jahr 1900 in den deutschen Gebieten erhalten blieb, beeinflusste nachhaltig das deutsche Recht.
Am 17. Mai 1854 wurde das Friedensgericht von Obermoschel per Gesetz zum „Landgericht“, in Angleichung an die Gerichte im rechtsrheinischen Bayern. Ein juristisches Großereignis in Obermoschel war das „Reichgerichtsverfassungsgesetz vom 1. Oktober 1879“. Das Landgericht Obermoschel wurde damals in „Amtsgericht Obermoschel“ umbenannt. Die Auseinandersetzungen zwischen Alsenz und Obermoschel um den Sitz des Gerichtes setzten sich fort. Alsenz bot eine größere Summe, um den Sitz des Gerichtes zu erhalten. Obermoschels Gremien zierten sich zunächst Land für einen Neubau eines Gerichtes bereit zu stellen. Aus diesem Grund wurde mit einem Wechsel des Gerichtssitzes nach Alsenz gedroht, woraufhin Obermoschel sich schnellstmöglich bemühte alle Bedingungen zu erfüllen.
Im Jahr 1900 konnte das neue Amtsgerichtsgebäude in der Richard-Müller-Straße fertiggestellt und eingeweiht werden. Ein Gefängnis wurde im Hof hinter dem Gericht eingerichtet. Die ehemalige herzogliche Kellerei „Auf dem Hewwel“ konnte nun für andere Zwecke genutzt werden. Im Jahr 1967 beschloss der rheinland-pfälzische Landtag die Auflösung der kleinen Amtsgerichte, wozu auch das Amtsgericht in Obermoschel zählte. Der Bezirk wurde dem Amtsgericht in Rockenhausen zugeteilt. Bis zu seiner vollständigen Schließung blieb in Obermoschel noch ein Jahr lang eine Zweigstelle des Amtsgerichts in Rockenhausen. Im gleichen Jahr wurde neben dem Amtsgericht auch der Sitz des Finanzamtes abgezogen, was für die kleinste pfälzische Stadt ein sehr schwerer Schlag war. Im Zuge der Verwaltungsreformen 1969 und 1972 folgte die Schließung zweier weiterer öffentlicher Einrichtungen, der Bürgermeisterei und der Steuer- und Gemeindeeinnehmerei.
Das Gebäude des ehemaligen Amtsgerichtes wurde seitdem unterschiedlich genutzt, als Stadthaus (Stadtbürgermeisterzimmer, Archiv), Dekanat, Geschäftsstelle der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Landesverband Rheinland-Pfalz e. V., Notariats-Außenstelle sowie als Mietshaus. Zwischenzeitlich wurde das ehemalige Amtsgebäude von einer Privatperson mit Renovierungsplänen gekauft.
Im Volksmund ist das Gebäude in der Kirchenstraße unter dem Namen „Altes Gericht“ bekannt. Baubeschreibung
Das Gebäude des ehemaligen Amtsgerichts ist ein asymmetrischer Sandsteinquaderbau mit Walmdach im Stil der Neurenaissance, einer Stilrichtung des Historismus. Die Baupläne stammten vom Architekten Joseph Rottler, der von 1900 bis 1902 Bauamtmann am königlichen Landbauamt in Kaiserslautern war.
Das ehemalige Gerichtsgebäude weist zwei Geschosse und ein Dachgeschoss mit zwei großen Giebeln auf. Das Erdgeschoss hat Rundbogenfester und das erste Obergeschoss rechteckige Fenster. Die beiden Stockwerke werden optisch über ein Gurtgesims voneinander getrennt. Das obere Stockwerk schließt mit einem Kranzgesims ab. Das mit roten Ziegeln gedeckte Dach besitzt einen nach Norden und einen nach Osten ausgerichteten Stufengiebel mit mehreren Fensteröffnungen, die kleiner als die der anderen Stockwerke sind. Der Hauseingang befindet sich nicht direkt an der Straße, sondern liegt an der Ostseite des Gebäudes einige Meter nach innen versetzt. Zur Straße hin ist das Grundstück von einer halbhohen Mauer aus Sandstein mit aufgesetztem Eisenzaun begrenzt. Diese Mauer wird durch einen Torbogen unterbrochen, der als Eingang dient. Hinter dem Gebäude an der zur Straße abgewandten Seite befindet sich das ehemalige Gefängnisgebäude. Es handelt sich dabei ebenfalls um einen Sandsteinquaderbau mit Walmdach sowie eine Remise mit Walmdach. Der Gebäudekomplex ist ortsbildprägend.
An die ehemalige Nutzung des Gebäudes erinnert heute nur noch die aus einem Block gehauene steinerne Justitia mit einer Binde über den Augen, die über die Rechtsprechung in dem Gebäude wachen sollte. Sie befindet sich mittig über der Eingangstür des Hauses. An der rechten Front sind die in Stein gemeißelten römischen Ziffern M D CCCC zu sehen, die das Erbauungsjahr 1900 angeben.
Das Gebäude in der Richard-Müller Straße 11/11a ist im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler Donnersbergkreis wie folgt aufgeführt: „Ehem. Amtsgericht mit Gefängnis, heute Akademie für Landespflege und prot. Dekanat, asymmetrischer Sandsteinquaderbau mit Walmdach, Neurenaissance, bez. 1900, Arch. Joseph Rottler, Kaiserslautern; rückwärtig ehem. Gefängnis, Sandsteinquaderbau mit Walmdach, Remise mit Walmdach; ortsbildprägend.“
Räumliche Lage und Erreichbarkeit
Obermoschel liegt an der Bundesstraße 420, etwa 15 Kilometer südlich von Bad Kreuznach. Das ehemalige Obermoscheler Amtsgericht befindet sich unmittelbar an der Kreuzung der Bundesstraße 420 und der Landstraße 379 im Norden der Stadt. Westlich des Gebäudes fließt der Windbach. Parkplätze sind in der näheren Umgebung vorhanden.
(Arno Mohr und Sonja Kasprick, ZukunftsRegion Westpfalz, 2019)