Die Segeberger Burg lag auf dem Kalk- bzw. Gipsberg über der Stadt und war damit eine der wenigen Höhenburgen Schleswig-Holsteins. Infolge intensiven Gipsabbaus haben sich außer einem ca. 42 Meter tiefen Brunnenschacht keine baulichen Reste dieser sehr bedeutenden landesherrlichen Anlage erhalten. Die Burg hat jedoch in der schriftlichen Überlieferung zahlreiche Spuren hinterlassen, zudem liegen einige schöne Abbildungen vor. Im Ausblick vom Kalkberg zeigt sich noch heute die strategisch günstige Lage der einstigen Burg.
Anfänge der Burg Der Slawenchronik Helmolds von Bosau entstammt der Bericht über den Bau der Burg auf dem Segeberger Kalkberg auf Geheiß Kaiser Lothars von Süpplingenburg 1134, bei der angeblich auch die Slawen mitwirkten. Helmold zufolge sollen sich auf dem Kalkberg zuvor bereits durch den Abodritenherrscher Knud Lavard angelegte Befestigungen befunden haben. Die Burg wurde nach dem Tod Lothars von Süpplingenburg in den Konflikt um dessen Nachfolge hineingezogen und durch den zeitweiligen Grafen Heinrich von Badewide bei dessen Flucht niedergebrannt. Die Anlage wurde jedoch bereits 1143 durch Adolf II. wiedererrichtet und mit einer Mauer versehen.
Weitere Konflikte Dessen Sohn Adolf III. stellte sich in den Auseinandersetzungen zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen auf die Seite des Kaisers, doch konnte die Segeberger Burg der Belagerung durch den Herzog 1180 nicht standhalten. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts gelang auch dem Dänenkönig Waldemar II. (‚dem Sieger‘) nach langer Belagerung die Einnahme der Burg, auf der nun ein dänischer Vogt eingesetzt wurde. Mit dem Sieg Adolfs IV. und seiner Verbündeten in der Schlacht von Bornhöved 1227 endete die Herrschaft des dänischen Königs in Nordelbien.
Herrschaft und Verwaltung Die Burg war Mittelpunkt der Vogtei Segeberg. Zahlreiche auf der Segeberger Burg ausgestellte Urkunden der Grafen und später der Herzöge von Holstein zeugen von ihrer großen Bedeutung für deren Herrschaftsausübung. Als es 1315 zu blutigen Auseinandersetzungen innerhalb der Schauenburger-Dynastie kam, wurde in Segeberg mit Adolf aus der Kieler Linie ein wichtiger Akteur durch den Adligen Hartwig Reventlow erschlagen. In der Marienkirche erinnert eine Bildtafel aus dem 16. Jahrhundert an dieses Ereignis. 1316 teilten sich Gerhard III. aus der Rendsburger und Johann III. aus der Plöner Linie der Holsteiner Grafen ihren Vettern aus der Kieler Linie gewaltsam abgezwungenen Gewinn auf. Segeberg fiel Gerhard zu.
Verpfändung an die Lübecker Das große Engagement Gerhards in Schleswig und Dänemark war ausschlaggebend für den folgenden zwischenzeitlichen Bedeutungsverlust Segebergs. Der Graf verpfändete die Burg an den Adligen Lange Beyenfleth. Der aber gab nach Gerhards Ermordung 1340 die Burg nicht an dessen Söhne heraus, sondern reichte sie 1342 gegen Zahlung der Pfandsumme an die Lübecker weiter. Für die Stadt Lübeck hatte die Burg bei der Sicherung des Handels große strategische Bedeutung. Aus diesem Vorgang entspann sich jedoch ein bewaffneter Konflikt: Gerhards Sohn und Nachfolger Heinrich III. konnte zwar in der Stadt Segeberg einige Lübecker gefangen nehmen, eine Belagerung der Burg aber versuchte er gar nicht erst. Erst 1366 gelang die Auslösung von Burg, Stadt und Vogtei durch die Grafen, die nun die Pfandsumme an die Lübecker zahlen mussten.
Weitere Bedeutung Die Burg mit der zugehörigen Vogtei findet auch in den Teilungsurkunden der Schauenburger und später der Oldenburger Erwähnung und war dabei stets ein bedeutender Bestandteil des geteilten Gutes. In der Grafenfehde des Jahres 1534 stellte die Burg ihre Verteidigungsfähigkeit unter Beweis: Während die Stadt Segeberg durch die Lübecker erobert und fast völlig niedergebrannt wurde, scheiterte eine Belagerung der Burg. In der Teilungsurkunde von 1544 wird Segeberg als eines der drei Hauptschlösser angesprochen. Die Herzogtümer Schleswig und Holstein wurden zwischen drei Brüdern aus der Oldenburger-Dynastie in einen Gottorfer, einen Haderslebener und einen Segeberg Anteil unterteilt. Die Burg auf dem Kalkberg wurde Mittelpunkt des Segeberger bzw. königlichen Anteils.
Abbildungen der Burg Die große Bedeutung der Burg führte zur häufigen Darstellung auf Bildern. Auf die Bildtafel in der Marienkirche wurde bereits hingewiesen. Die dortige Abbildung der Burg lässt jedoch keine Rückschlüsse auf den Zustand der Burg zum Zeitpunkt von Adolfs Ermordung 1315 zu. Eine Skizze der Burg auf der Karte von Marcus Jordanus von 1559 kann als erste überlieferte Abbildung der Burg gelten. Ein sehr detailliertes Bild liefert die Ende des 16. Jahrhunderts entstandene Stadtansicht von Braun/Hogenberg. Kurz zuvor war es unter Federführung des Humanisten und königlichen Stadthalters in den Herzogtümern Schleswig und Holstein, Heinrich Rantzau, zu umfassenden Um- und Neubauten an der Burg gekommen. Ein 1626 entstandener Kupferstich orientiert sich in seiner Darstellung der Burg an der Vorlage von Braun/Hogenberg. Die Abbildungen aus der Landesbeschreibung von Johannes Mejer und Caspar Danckwerth zeigen den Zustand der Anlage kurz nach der Zerstörung. Das Ölgemälde von Karl Storch dem Älteren von 1936 über die Zerstörung der Segeberger Burg durch die Schweden ist natürlich nicht zeitgenössisch, sondern spiegelt die Vorstellung des Künstlers von diesem Vorgang wieder.
Das Ende Doch orientierte sich Storch an einem auch anderweitig belegten historischen Vorgang: Im Zuge des Torstensson-Kriegs 1643-45 wurde auch die Segeberger Burg durch schwedische Truppen besetzt und 1644 als Vergeltung für Angriffe aus dem Hinterhalt niedergebrannt. Der Kalkberg wurde wenige Jahre später zum Abbruch freigegeben. Nach Jahrhunderten intensiven Kalkabbaus zeugt noch der Brunnenschacht von der einstigen Größe der Burg. Dieser ermöglicht zudem eine genaue Lokalisierung der Burg. Im nahen Alt-Segeberger Bürgerhaus findet sich neben zahlreichen historischen Informationen auch ein digitales 3D-Modell von Burg und Stadt Segeberg im 16. Jahrhundert.
(Frederic Zangel, Abteilung für Regionalgeschichte mit Schwerpunkt zur Geschichte Schleswig-Holsteins in Mittelalter und Früher Neuzeit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, finanziert durch das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein, 2018)
Literatur
Albrecht, Uwe / Paravicini, Werner; Hirschbiegel, Jan (Hrsg.) (2003)
Segeberg. In: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Handbuch, Teil 1, S. 532–534. Stuttgart.
Danckwerth, Caspar; Mejer, Johannes (1652)
Newe Landesbeschreibung der zwey Hertzogthümer Schleswich und Holstein. Husum.
Erdmann-Degenhardt, Antje (1988)
Im Schatten des Kalkbergs. Die Geschichte von Burg, Kloster und Stadt Segeberg. Bad Segeberg.
Prange, Wolfgang / Hammel-Kiesow, Rolf; Hundt, Michael (Hrsg.) (2005)
Segeberg als Lübecks Pfand 1342-1366. Verwaltung, Nutzung, archivische Besonderheiten. In: Das Gedächtnis der Hansestadt Lübeck. Festschrift für Antjekathrin Graßmann zum 65. Geburtstag, S. 253-264. Lübeck.
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