Dort, wo der historische Ochsenweg den Hauptwall des Danewerks kreuzt, wurde in einer Ausgrabung das aus mittelalterlichen Schriftquellen bekannte „einzige Tor“ entdeckt. Das Aussehen und die Konstruktion des Tores haben sich über diesen Zeitraum bedingt durch Reparaturen immer wieder geändert. Spätestens mit dem Bau der Feldsteinmauer kam das Tor im 8. Jahrhundert n. Chr. in Gebrauch und wurde dann mindestens 450 Jahre lang als Durchlass genutzt. Die jahrhundertelange Nutzung des Tores hat einen 3,5 Meter breiten Hohlweg hinterlassen. Wagenspuren und Funde belegen die Bedeutung als Verkehrsweg.
Die Ausgrabung von 2010 bis 2014 Genau dort, wo der historische Ochsen- oder Heerweg den Hauptwall des Danewerks in Kleindannewerk, Kreis Schleswig-Flensburg, schneidet, führte das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) in den Jahren 2010 und 2011 Grabungen durch, die 2013 und 2014 in Zusammenarbeit mit dänischen Archäologen des Museums Sønderjylland – Arkæologi Haderslev fortgesetzt wurden. Dabei wurde u.a. eine größere gebaute Öffnung in der Feldsteinmauer des 8. Jahrhunderts entdeckt, bei der es sich um die Überreste des in den Fränkischen Reichsannalen für das Jahr 808 n. Chr. erwähnten „einzigen Tores“ im Danewerk handelt. Die Untersuchungen ergaben eine über mehrere Jahrhunderte währende Nutzung des Durchlasses, die mindestens von dem Bau der Feldsteinmauer im 8. Jahrhundert n. Chr. bis zur Aufgabe und Verfüllung des Tores vermutlich im Laufe des 13. Jahrhunderts n. Chr. reicht.
Tor, Weg und Wagenspuren Das Tor im Danewerk zeigte sich während der Ausgrabung als etwa 6 Meter breite Unterbrechung in der Feldsteinmauer. In dem Durchlass fanden sich nur wenige Reste eines unbefestigten Weges, der sich hohlwegartig tief in den eiszeitlichen Sand eingeschnitten hatte. Spuren einer Befestigung der Trasse oder Straßenbeläge fehlen dagegen weitgehend – sicher auch deshalb, weil sie durch die jahrhundertelange Nutzung des Tores und die dadurch bedingten wiederholten Reinigungen bzw. Renovierungen immer wieder ausgeräumt, zerstört und durch neue Wege ersetzt worden sind.
Bei dem erhaltenen Wegerest im Torbereich handelt es sich um eine 3,4 Meter breite, sandige Ablagerung. Feinsande mit Einmengungen aus bräunlich humosem Sand und stellenweise auch Tonen liegen in sehr feinen Schichten übereinander, die durch Regenwasser aus höher gelegenen Bereichen eingespült worden sind. Die Ausgrabungen zeigten sowohl Bereiche, die offensichtlich weder befahren noch begangen wurden, als auch solche, in denen die Abdrücke von Wagenrädern als kleine, ca. 5-7 cm breite und 2- 6 cm tiefe Mulden mit abgerundeten Profilen erhalten geblieben sind. Diese typischen Abdrücke stammen von Fuhrwerken mit hölzernen, nicht mit Eisen beschlagenen Rädern, wie sie in der jüngeren germanischen Eisen- und frühen Wikingerzeit Verwendung fanden. Die Tiefen der einzelnen Abdrücke verraten, dass die entsprechenden Wagen oder Karren wahrscheinlich beladen waren, als sie das Danewerk passierten. Zwar lassen die erhaltenen Wagenspuren erkennen, dass zumindest gelegentlich auch direkt durch den Sand gefahren wurde, wahrscheinlicher sind jedoch Fahrbahnen z.B. aus Holzplanken, die später entfernt wurden und auf diese Weise keine Spuren im archäologischen Befund hinterlassen haben.
Warenverkehr Trotz der jahrhundertelangen Nutzung des Durchlasses im Danewerk gibt es nur sehr wenige archäologische Funde, die Rückschlüsse auf den Verkehr und die beteiligten Menschen zulassen. Möglicherweise hängt auch dies mit den vermuteten, vielfachen Reinigungen und Erneuerungen der Torgasse zusammen. Umso bedeutender sind Funde von importierten Tuffsteinen. Dieses vulkanische Material gelangte im 12 Jahrhundert n. Chr. als Baumaterial aus der Eifel über den Rhein bis in die Gebiete der südlichen und östlichen Nordseeküste. Über Eider und Treene wurde der Baustoff mit dem Schiff weiter bis nach Hollingstedt gebracht, dort auf Wagen verladen und über Land bis nach Schleswig transportiert. Dass der Weg dorthin durch das Tor im Danewerk geführt haben muss, beweisen die dort gefundenen Bausteine aus Tuff.
Bauern, Händler, Krieger, Könige Über einen Zeitraum von mindestens 450 Jahren war das Tor in der Feldsteinmauer die wichtigste Schnittstelle von Ochsenweg und Danewerk und damit ein Kristallisationspunkt an der Nahtstelle zwischen Skandinavien und dem Kontinent. Über viele Jahrhunderte traf sich hier der Verkehr, der die kimbrische Halbinsel vor allem in Nord-Süd, aber auch in West-Ost-Richtung überquerte. Bauern, Händler, Krieger, Könige und Kaiser passierten das Danewerk an dieser Stelle. Vor diesem Hintergrund muss das 2010 entdeckte Tor im Danewerk als einer der geschichtsträchtigsten Orte Schleswig-Holsteins gelten.
(Astrid Tummuscheit, Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein, finanziert vom Förderverein des Amtes Haddeby in Zusammenarbeit mit dem Verein für Busdorfer Geschichte, 2017)
Quelle Archäologische Ausgrabung am Danewerk zwischen 2009 und 2013 durch Dr. Astrid Tummuscheit
Internet www.alsh.de: Archäologisches Landesamt Schleswig-Holstein - Welterbeantrag Haithabu und Danewerk (Abgerufen: 31.05.2017) www.alsh.de: Virtueller Blick auf die Grabung am Tor (Abgerufen: 09.08.2017) www.haithabu-danewerk.de: Haithabu und Danewerk (Abgerufen: 31.05.2017)
Literatur
Andersen, H. H. (1998)
Danevirke og Kovirke. Arkæologiske undersøgelser 1861-1993. Danewerk und Kograben. Archäologische Untersuchungen 1861-1993. Århus.
Carnap-Bornheim, Claus von; Segschneider, Martin (Hrsg.) (2012)
Die Schleiregion. Land - Wasser - Geschichte. (Ausflüge zu Archäologie, Geschichte und Kultur in Deutschland 49.) Stuttgart.
Tummuscheit, Astrid (2011)
Das neu entdeckte Tor im Danewerk – einer der geschichtsträchtigsten Orte Schleswig-Holsteins. In: Archäologische Nachrichten aus Schleswig-Holstein 17, S. 84-87. Schleswig.
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