Schon Napoleon dachte über einen West-Ost Kanal nördlich der Ruhr nach, aber konkrete Pläne zum Ausbau der Emscher für die Schifffahrt entstanden erst 1873. 1904 erließ der preußische König ein Gesetz zum Bau, zwei Jahre später begann die Königliche Kanalbaudirektion in Essen unter Einbeziehung des Flussbettes der Emscher den Neubau zwischen Duisburg und Herne. Die 45,6 Kilometer lange Bundeswasserstraße verbindet den Rhein mit dem Dortmund-Ems-Kanal. Die Wasserregulierung erfolgt über die Ruhr und die Lippe. Anfangs sieben, gegenwärtig fünf Schleusen bewältigen den Höhenunterschied von 36 Meter. Testfahrten folgen nach Fertigstellung. „Tyd is Geld“ – „Zeit ist Geld“, so heißt der erste Schleppkahn, der am 17. Juli 1914 den Kanal durchfährt. Freigegeben wurde das 60 Mio. Reichsmark teure Bauwerk im November 1914 ohne Festakt; es war Krieg. 1950 erfuhr er eine Verlängerung zwischen Herne und Henrichenburg. Heute hat sich seine Bedeutung gewandelt. Neben der Verkehrsfunktion ist die „Riviera des Kumpels“ ein nicht mehr wegzudenkender Ort vielfältiger Freizeitaktivitäten.
Der Kanal durchquert das Stadtgebiet auf etwa 7,7 km Länge und bildet heute die Nordgrenze des Stadtbezirkes Alt-Oberhausen. Nördlich liegen die Bezirke Sterkrade und Osterfeld. Zwei Bahnbrücken veranschaulichen die Grenzen des zumeist über 50 m breiten und 4 bis 6 m tiefen Oberhausener Kanalstückes, im Westen an der Niebuhrstraße in Lirich, im Osten nahe der Vondernstraße in Borbeck.
Durch Bergsenkungen verlor 1980 die Schleusengruppe Dellwig ihre Funktion. Nach deren Abbruch stieg der Wasserstand auch im Oberhausener Kanalabschnitt an und verringerte die Durchfahrtshöhen der Brücken. Die jetzt einzige Oberhausener Schleuse in Lirich hat zwei Schleusenkammern mit jeweils 190 m Nutzlänge und fast 12 m Nutzbreite.
Einen Industriestadthafen hat Oberhausen nicht. Die Oberhausener Häfen sind Kanalaufweitungen. In Höhe der Müllverbrennungsanlage Lirich befindet sich an der Südseite ein größeres Hafenbecken, der Concordia-Hafen, kleinere Buchten östlich davon: der Rombach-Hafen sowie westlich des Stadions an der Nordseite der GHH-Hafen. Freizeitkapitäne können im Sportboothafen an der Schleuse Lirich sowie seit 2004 in der Heinz-Schleußer-Marina der Neuen Mitte festmachen. Der Kaisergartenanleger ist für Flusskreuzfahrt- und Fahrgastschiffe vorgesehen. Schließlich besitzen der 1923 gegründete Ruderverein gegenüber dem Gasometer und der Kanu-Verein von 1928 am Stadion eigene Einlassstellen.
26 Brücken überspannen den Kanal in Oberhausen: 9 Straßen-, 9 Eisenbahn-, 4 Rad- und Fußgängerbrücken, 2 für Versorgungsleitungen sowie je eine für den Nahverkehr und den Schleusenbetrieb. Der Hauptsammler Oberhausen und der Läppkesmühlenbach unterqueren ihn mit Dükern. Oberhausens bekannteste Brücke ist die international preisgekrönte Brückenskulptur „Slinky-Springs-to-fame“. Als Projekt der EMSCHERKUNST.2010, der Kulturhauptstadt 2010 und des Kulturkanals erfolgt die Fertigstellung im Juni 2011. Inspiriert durch „Slinky Springs“, der bekannten Spielzeugsprungfeder, entwickelt der Bildhauer Tobias Rehberger zusammen mit dem Ingenieurbüro schlaich, bergermann und partner (sbp) sowie MADAKO aus Oberhausen das grandiose Kunstwerk: Ihre Besonderheiten sind die gewundenen Rampen und das Aluminiumband, welches die Brücke mit 496 Spiralringen umschlingt. Die 406 m lange Spannbandbrücke aus Stahl hat eine maximale Scheitelhöhe von 10 m und enorme Rampenlängen: im Kaisergarten 170 m, auf der Emscherinsel 130 m. Die 2,5 m breite federnde Lauffläche aus weichem Belag ist in 88 Segmente mit 16 Farbtönen unterteilt.
(Verkehrsverein Oberhausen e.V., 2017)
Literatur
Boldt, Kai-William; Gelhar, Martina (2009)
Schlagadern des Reviers: Eisenbahnen und Wasserstraßen. In: Prossek, Achim u.a.: Atlas der Metropole Ruhr, S. 72-75. Essen.
Boldt, Kai-William; Gelhar, Martina (2008)
Das Ruhrgebiet - Landschaft, Industrie, Kultur. Darmstadt.
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