Beim Querfeldeinlauf fielen einem interessierten Bürger in diesem Waldgebiet bei Bergisch Gladbach einige Ziegelfragmente auf, die er dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland meldete. Eine Begutachtung ergab, dass es sich um römische Dachziegel, so genannte tegulae, handelte. Folgende Untersuchungen der Ziegelfunde konnten erstmalig Spuren römischer Kalkindustrie in Bergisch Gladbach nachweisen. Die Kalkindustrie in Bergisch Gladbach blickt auf eine lange Tradition zurück. Der literarisch überlieferte Beginn der gewerblichen Kalkbrennerei reicht bis in das Jahr 1622, die nicht gewerbliche bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts zurück.
Küche, Schnauze, Kammer – die Öfen Bei der Begehung des Geländes wurde festgestellt, dass sich die Ziegelfunde in einem Areal von etwa 30 mal 15 Metern konzentrierten. Hier sind zudem im Hang eines Hügels vier, 13 Meter lange, Ost-West-orientierte Doppelgruben eingegraben. Sie bestehen aus je zwei, annähernd runden, Teilgruben von etwa 5 Metern Durchmesser, dazwischen liegen Nord-Süd verlaufende Stege von etwa 3 Metern Breite. Zwischen den Doppelgruben ist das natürliche Relief auf 2 bis 3 Metern Breite erhalten. Vermutet wurde aufgrund der Ziegelfunde, dass es sich um römische Ziegelöfen handelt. Doch bei der Ausgrabung stellten die Archäologen fest, dass es stattdessen Kalköfen sind. Eine im Westen gelegene Grube mit nach Osten abfallender Sohle stellte eine Art Zugangsrampe zur rechteckigen Arbeitsgrube, der so genannten Ofenküche, dar. Es folgt die Beschickungsöffnung, die so genannte Ofenschnauze, welche in die runde Brennkammer führt. Zugangsrampe, Küche, Ofenschnauze und Brennkammer sind ungewöhnlicher Weise direkt in die anstehenden, d. h. im Untergrund vorhandenen weichen, feingeschichteten Ton-Mergelsteine eingegraben, die im Kontakt mit der heißen Brennkammer verziegelt sind. Das einzige „bauliche“ Element ist eine, aus Kalksteinen gesetzte, Mauer im Bereich der Ofenbrust, also die Stelle der Brennkammer, an der die Ofenschnauze hineinführt. Die eingegrabenen Befunde wurden im Laufe der Zeit mit unterschiedlichen Sedimenten verfüllt. Wechsellagerung von Holzkohle- und Kalkschichten an der Basis der Küche belegen ein wiederholtes Ausräumen des Ofens, also mehrere Brennvorgänge. Ein in den Verfüllschichten festgestellter Schuttkegel mit zahlreichen Dachziegelfragmenten deutet zwar darauf hin, dass diese von einem Schutzdach über dem Ofen stammen könnten, Spuren einer entsprechenden dachtragenden Konstruktion ließen sich jedoch nicht nachweisen. Sie sprechen allerdings für eine Datierung in die römische Kaiserzeit.
Effiziente Kalkproduktion in der römischen Kaiserzeit Geborgene Holzkohlebruchstücke und Reste eines Pferdeschädels, die mit der Radiokarbonmethode (14C-Methode) datiert wurden, bestätigen dies: Sie ergaben Alter zwischen 54 und 125 n. Chr. bzw. 175 und 390 n. Chr. Aus den oberen Verfüllschichten, im Bereich der Brennkammer, stammen aber auch Funde, die eindeutig eine mittelalterliche Nutzung in diesem Areal belegen. Zur Feststellung, wann der Ofen das letzte Mal wirklich genutzt wurde, wurden mehrere Sedimentproben zur Untersuchung mithilfe der Thermolumineszenzdatierung genommen. Mit dieser Methode wird der Zeitpunkt bestimmt, an dem die Probe zuletzt einer Hitzeeinwirkung von über 400 Grad Celsius ausgesetzt war. Es zeigte sich, dass der Ofen zum letzten Mal während der römischen Kaiserzeit gebrannt hat. Die Anlage vier, vermutlich gleichartiger, Öfen hier in Sand lässt eine ähnlich serielle Nutzung, wie in der militärischen Kalkbrennerei von Bad Münstereifel-Iversheim, vermuten.
Kalk für die (römische) Provinz Für die Städte, Militärlager, Dörfer und Gutshöfe des römischen Rheinlandes kann von einem hohen Bedarf an Branntkalk als Baustoff ausgegangen werden. Der Bedarf in den rechtsrheinischen (nicht zum römischen Reich gehörigen) Gebieten war sicher vorhanden, ist vermutlich aber deutlich geringer anzusetzen. Die Produktion der Öfen in Sand diente eher zur Deckung des Bedarfs im römischen Reich. Wer genau die Kalkbrenner in Sand waren, ist unklar. Funde, die auf die Präsenz römischer Truppenverbände hindeuten, fehlen. Die Befunde hier im Lerbacher Wald beleuchten ein weiteres Mal die durchaus intensiven wirtschaftlichen Verbindungen zwischen links- und rechtsrheinischen Gebieten in der römischen Kaiserzeit. Die bestens im Gelände erhaltenen Strukturen stellen dabei Bodendenkmäler ersten Ranges dar und sind glücklicherweise nicht von Baumaßnahmen bedroht, sodass sie auf lange Sicht erhalten bleiben können.
(LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, 2017)
Die Kalköfen im Lerbacher Wald waren Station der Archäologietour Bergisches Land 2017.
Kalköfen der römischen Kaiserzeit im Lerbacher Wald
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