Geldernsche Kreisbahn

Geldener Kleinbahn, Geldrische Kreisbahn, „Feuriger Elias“

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Geldern, Kempen, Kevelaer, Straelen, Wachtendonk
Kreis(e): Kleve (Nordrhein-Westfalen), Viersen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 26′ 27,69″ N: 6° 16′ 8,95″ O 51,44103°N: 6,26915°O
Koordinate UTM 32.310.215,88 m: 5.702.408,25 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.518.757,66 m: 5.700.745,42 m
  • Brücke in der Trasse der Geldernschen Kreisbahn über die Niers bei Wachtendonk (2017)

    Brücke in der Trasse der Geldernschen Kreisbahn über die Niers bei Wachtendonk (2017)

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  • Brücke in der Trasse der Geldernschen Kreisbahn über die Niers bei Wachtendonk (2017)

    Brücke in der Trasse der Geldernschen Kreisbahn über die Niers bei Wachtendonk (2017)

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  • Bereich der Kleinbahnstraße in Kempen mit Blick in die Kurfürstenstraße, hier verlief einst die Geldernsche Kreisbahn, auch "Feuriger Elias" genannt (2017).

    Bereich der Kleinbahnstraße in Kempen mit Blick in die Kurfürstenstraße, hier verlief einst die Geldernsche Kreisbahn, auch "Feuriger Elias" genannt (2017).

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  • Die Kleinbahnstraße in Kempen, hier verlief einst die Geldernsche Kreisbahn, auch "Feuriger Elias" genannt (2017).

    Die Kleinbahnstraße in Kempen, hier verlief einst die Geldernsche Kreisbahn, auch "Feuriger Elias" genannt (2017).

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  • Trasse der Geldernschen Kreisbahn bei Wachtendonk (2017)

    Trasse der Geldernschen Kreisbahn bei Wachtendonk (2017)

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Die schmalspurige Kleinbahn verband zwischen 1902 und 1932 die niederrheinischen Orte Kempen, Wachtendonk, Straelen, Walbeck und Kevelaer bei einer Streckenlänge von 33 Kilometern. Hauptzweck waren die Verbindung des ländlichen Raums mit den Hauptorten Straelen, Kempen und Kevelaer. Nach Kevelaer fuhren zudem Pilgerzüge. Im Güterverkehr wurden die lokalen Produkte wie Getreide- und Futtermittel, Spargel (Walbeck und Umgebung), Holz und Baustoffe, aber auch Kohlen, Kiese und Sande transportiert.

Vorgeschichte
Betrieb zwischen 1902 und 1932
Betriebsstellen
Betriebsmittel
Erhaltene Streckenrelikte

Vorgeschichte
Nachdem 1863 die Bahnlinie zwischen Krefeld über Geldern nach Kleve und 1874 die Verbindung von Venlo über Geldern nach Wesel eröffnet worden waren, suchten die abseits gelegenen Gemeinden und Betriebe Anschluss an diese trecken. So war 1868 die Crefeld-Kreis Kempener Industrie-Eisenbahn Gesellschaft (CKKIE) gegründet worden. Diese erhielt zwischen 1870 und 1872 Konzessionen für den Bau und den Betrieb von mehreren Eisenbahnstrecken, u.a. für die Verbindung von Grefrath nach Straelen.
Die CKKIE ging 1874 in Konkurs und wurde in die neu gegründete Krefelder Eisenbahn überführt. Diese übernahm den Betrieb auf den bereits fertig gestellten trecken. An der Verbindung nach Straelen war jedoch nur in geringem Umfang gebaut worden. Die Krefelder Eisenbahn hatte jedoch kein Interesse am Weiterbau, der somit eingestellt wurde.
Aber sowohl in den Kreisen Geldern und Kempen und in den Anliegergemeinden, insbesondere in Wachtendonk, bestand ein hohes Interesse an der Bahnverbindung. Gab es doch in der Gegend bedeutende Industrien, u.a. 22 Mühlenbetriebe und eine Vielzahl von Samtwebereien, die ihre Produkte im Rheinland und im rheinisch-westfälischen Industriegebiet absetzen wollten.
1898 gab es den endgültigen Beschluss des Kreistages Geldern zum Bau der Bahn. Trotz weiterer Verhandlungen über den genauen Streckenverlauf, Finanzierungsproblemen und Verzögerungen durch Enteignungsverfahren konnte der Bau vorangetrieben werden. Die staatliche Bau- und Betriebsgenehmigung des königlichen Regierungspräsidenten in Düsseldorf datierte vom 10. Juli 1900.
Am 1. August 1901 fand die polizeiliche Abnahme der 17,4 Kilometer langen Strecke von Kempen nach Straelen statt, die Eröffnung war am 6. August 1901. Die Fortsetzung nach Kevelaer folgte am 1. September 1902.
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Betrieb zwischen 1902 und 1932
Der Betrieb auf der Geldernschen Kreisbahn war zwar bescheiden, doch bis zum Ersten Weltkrieg zufriedenstellend. Zusätzliche Einnahmen gab es durch die Pilgerzüge nach Kevelaer und die Kiestransporte aus der Grube Dahlheide.
Ab 1901 gab es werktags fünf und sonntags acht Zugpaare zwischen Straelen und Kempen, ab 1902 fünf Zugpaare zwischen Straelen und Kevelaer. Durchgehende Zügen zwischen Kempen und Kevelaer waren selten, später wurde der Verkehr immer in Straelen gebrochen. Die Fahrzeiten betrugen zwischen Kempen und Straelen und weiter nach Kevelaer jeweils 60 Minuten. Der Benzoltriebwagen benötigte nur 50 Minuten von Straelen nach Kempen. 1913 wurden 278.922 Personen transportiert.
Ein Hindernis war das Umladen der Waren aus den schmalspurigen Güterwagen in Kempen und Kevelaer. Die Umspurung auf Normalspur war schon 1914 genehmigt worden, doch der Beginn des Krieges verhinderte die Umsetzung.
Die Zeit des Ersten Weltkrieges war ein starker Einschnitt in die wirtschaftliche und betriebliche Entwicklung der Bahn. In dieser Zeit mussten die Unterhaltung von Strecke und Wagenmaterial zurückgefahren werden. Es gab zunehmende Konkurrenz durch den Lastkraftwagen.
1923 wurde der linksrheinische Raum und Teile des Ruhrgebietes von französischen und belgischen Truppen besetzt. Die Züge der Reichsbahn wurden boykottiert, der Verkehr verlagerte sich auf die Geldernsche Kreisbahn. Diese setzte ihre Betriebsmittel ein, um die Menschen nach Kempen zu bringen. Dort bestand Anschluss an die Krefelder Eisenbahn nach Krefeld, Moers und Düsseldorf. Doch brachten die enormen Belastungen die Bahn an den Rand des Ruins.
Am 15. November 1923 musste man den Personenverkehr einstellen; Güterverkehr gab es nur noch nach Bedarf. Die Wiedereinführung des Personenverkehrs erfolgte im Mai 1924. In den Jahren 1924 bis 1925 sanierte man die Gleisstrecke und schaffte einen Triebwagen mit Benzolantrieb an. Dieser übernahm den Verkehr zwischen Straelen und Kempen und verdichtete den Takt.
Gleichzeitig begann die neu gegründete NIAG (Niederrheinische Automobilgesellschaft mbH), ein dichtes Busnetz am linken Niederrhein aufzubauen, das eine direkte Konkurrenz zur Geldernschen Kreisbahn war. Insbesondere die fehlende Verbindung zur Kreisstadt Geldern wurde durch die Busse und LKW der NIAG gefahren; der Umsatz der Bahn ging 1926 um 20 Prozent zurück.
Zum 1. Oktober 1930 wurde mit der Krefelder Eisenbahn (KE) ein Betriebsführungsvertrag geschlossen. Die KE übernahm den Betrieb und reduzierte das Angebot. Die Konkurrenz durch Busse und Lastwagen der NIAG war zu stark. Die Einstellung des Bahnbetriebes kam folgerichtig zum 1. April 1932. Die Entbindung von der Betriebspflicht erfolgte zum 31. März 1934 und die 1935 gingen Liegenschaften, Konzessionen und Vermögen auf die KE über.
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Betriebsstellen
  • Kempen Kreisbahnhof (Streckenkilometer 0,0): kleines Stationsgebäude mit Güterschuppen, mehrere Ladegleise, Ladestraße, Umladegleis für Schmal- bzw. Regelspurwagen, Abstellgleise, Wasserstation
  • Schmalbroich (Streckenkilometer 3,1): Stationsgebäude mit Güterschuppen, Ladegleis
  • Schloot (Streckenkilometer 4,3): Haltepunkt mit Verkaufsagentur
  • Wachtendonk I (Streckenkilometer 7,2): Haltepunkt mit Agentur, Güterschuppen, Ladegleis. Anschluss an Ölmühle Backes
  • Bahnhof Wachtendonk II (Streckenkilometer 8,5): Stationsgebäude mit Güterschuppen, Ladegleis
  • Wankum (Streckenkilometer 10,0): Haltepunkt mit Agentur und Güterschuppen
  • Langdorf-Ringofen (Streckenkilometer 11,2): Haltepunkt, eröffnet 1903
  • Bockholt (Streckenkilometer 13,4): Haltepunkt mit Agentur, Kreuzungs- und Ladegleis
  • Zand (Streckenkilometer 14,7): Haltepunkt mit Agentur
  • Straelen I (Streckenkilometer 16,0): Bahnhof und Betriebsmittelpunkt mit Stationsgebäude, Güterschuppen, Lokschuppen und Werkstatt, Ladegleise mit Ladestraße, Abstellgleise, Wasserstation
  • Straelen II (Streckenkilometer 16,6): Haltepunkt mit Agentur
  • Auwel (Streckenkilometer 19,0): Haltepunkt mit Agentur, Güterschuppen, Kreuzungs- Ladegleis. Anschluss an die Kiesgrube Dahlheide (heute Sportplatz)
  • Holt (Streckenkilometer 20,4): Haltepunkt
  • Vorst (Streckenkilometer 21,9): Haltepunkt
  • Walbeck (Streckenkilometer 23,1): Haltepunkt mit Agentur, Güterschuppen, Kreuzungsgleis, Ladegleis mit Ladestraße
  • Spitzfeld (Streckenkilometer ): Haltepunkt mit Agentur. Anschlussgleis für Holztransporte
  • Lüllingen (Streckenkilometer 27,9): Haltepunkt mit Agentur. Anschlussgleis zur Molkerei
  • Wetten (Streckenkilometer 30,2): Haltepunkt, eröffnet 1903
  • Kevelaer: Bahnhof mit Stationsgebäude, Güterschuppen, Ladegleise und Ladestraße, Umladegleis für Schmal- bzw. Regelspurwagen, Abstellgleise, Lokschuppen, Wasserstation
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Betriebsmittel
Zur Eröffnung der Bahn 1901/02 gab es drei Dampflokomotiven, acht zweiachsige Personenwagen 3. Klasse, drei vierachsige Personen mit 2. und 3. Klasse, ein Personenwagen mit Postabteil. An Güterwagen verzeichnete man 13 geschlossene Wagen, 12 offene, ein Schemelwagenpaar (für Holz- oder Schienentransporte) und zwei vierachsige Schüttgutwagen der Firmen Van der Zypen & Charlier in Köln und Waggon-Fabrik AG Uerdingen.
Die drei Lokomotiven mit den Betriebsnummern »1 Geldern«, »2 Straelen« und »3 Kevelaer« stammten von der Firma Hohenzollern AG für Lokomotivbau in Düsseldorf-Grafenberg und waren 1900 gebaut worden. Es waren kleine, dreiachsige Tenderlokomotiven. Eine gleichartige Lok wurde 1903 gekauft und erhielt den Namen »4 Neubeckum« (der Name ist nicht erklärbar).
Der Güterwagenpark wurde zwischen 1908 und 1914 um gedeckte und offene Güterwagen erweitert. Im Zuge der Sanierung 1926 erhielt man noch die gleichartige Lok »5« ohne Beinamen.
Eine Besonderheit stellte der Benzoltriebwagen »T1« dar. Dieser war 1924 vom Deutschen Werk Kiel (DWK) mit der Fabriknummer 41 gebaut worden. Er besaß zwei zweiachsige Drehgestelle, einen 6-Zylinder Motor mit 100 Pferdestärken und Myliusgetriebe und bot 45 Sitzplätze. Wegen des schlechten Oberbaus und der betrieblichen Eigenheiten des Benzolantriebes war er nur bedingt betriebstauglich und fiel öfters aus.

Nach der Betriebseinstellung wurden die Lokomotiven 4 und 5 an die Kreis Altenaer Eisenbahn für deren Strecke von Halver nach Schalksmühle verkauft (dortige Betriebsummern 24 und 25, ausgemustert 1952 bzw. 1959). Der Triebwagen kam an die Mindener Kreisbahn und von dort 1950 an die Kleinbahn Emden ‒ Pewsum ‒ Greetsiel. Hier erhielt der Wagen die Betriebsnummer 60, eine Hauptuntersuchung und einen neuen Motor mit 130 Pferdestärken. Er wurde 1959 nach einem Unfall ausgemustert.
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Erhaltene Streckenrelikte
Die Kartierung der Strecke erfolgte weitgehend auf der Topographischen Karte, Ausgabe 1939-45 sowie nach den Publikationen von Riedel und Wolff. Damit ließen sich große Teile des Streckenverlaufes sicher rekonstruieren. Da die Bahn weitgehend vorhandenen Straßen folgte und diese im Laufe der Zeit mehrfach ausgebaut wurden, haben sich hier keine Abschnitte mehr erhalten.
In Kempen verdeutlicht die Kleinbahnstraße, wo die Bahn vom Bahnhof kommend nach Westen verlief. Im Süden von Wachtendonk ist noch eine längere Strecke erhalten. Der Dammweg zwischen Kempener Straße und dem Pulverturm bzw. der Schule ist die alte Bahntrasse einschließlich der Brücke über die Niers.

(Claus Weber 2017, LVR-Redaktion KuLaDig, 2017)

Internet
de.wikipedia.org: Geldernsche Kreisbahn (abgerufen 06.05.2017)
www.drehscheibe-online.de: Bilder der Strecke im Zustand von 2014 (abgerufen 06.05.2017)
www.rp-online.de: Rheinische Post online, Geldernsche Kreisbahn (abgerufen 06.05.2017)
www.blattus.de: Private Seite zur Geldernschen Kreisbahn (abgerufen 06.05.2017; Inhalt nicht mehr verfügbar 17.06.2022)
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Literatur

Riedel, Lothar (1989)
Die Geldernsche Kreisbahn. Die Verkehrsgeschichte der schmalspurigen Kleinbahn Kempen ‒ Straelen ‒ Kevelaer. (Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Geldern und Umgebung 90.) Geldern.
Wolff, Gerd (1974)
Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 3: Nordrhein-Westfalen. S. 160-163, Gifhorn.
Wolff, Gerd; Riedel, Lothar (1998)
Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 5: Nordrhein-Westfalen: Nordwestlicher Teil. S. 271-279, Freiburg.

Geldernsche Kreisbahn

Schlagwörter
Ort
Geldern, Kempen, Kevelaer, Straelen, Wachtendonk
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1901, Ende 1932

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„Geldernsche Kreisbahn”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-267777 (Abgerufen: 27. Juli 2024)
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