„Zwei glänzende Erscheinungen im Gebiete der Baukunst“, so schrieb der Dichter Friedrich von Matthisson im Mai 1827 in sein Tagebuch, „fesseln seit kurzer Frist die gerechte Bewunderung des Reisenden …“
Nur knapp 1.000 Kurgäste waren am Ende der napoleonischen Epoche pro Jahr nach Bad Aachen gekommen. Deshalb überlegte man, wie man das zahlungskräftige Publikum für die Bäder interessieren könnte. Mit der Einrichtung einer Bäderkommission 1817 und den nun vorangetriebenen Neubauplanungen konnte ein erster entscheidender Schritt getan werden. Endlich reisten die preußischen Majestäten nach Aachen, um die Grundsteine für „das Schauspielhaus und den Preußens Kronprinzessin geweihten Brunnentempel“ am 16. November 1822, anlässlich des 25-jährigen Regierungsjubiläums Friedrich Wilhelms III., zu legen. Der Elisenbrunnen trägt den Namen der Gemahlin von Friedrich Wilhelm IV., Elisabeth Ludovika, Prinzessin von Bayern (1801-1873). Ihre Büste, die der Bildhauer Christian Friedrich Thieck aus edlem Marmor fertigte, ist seit der offiziellen Eröffnung 1828 bis heute, wenn auch nur als Abguss, in der Halle zu sehen.
Der Elisenbrunnen ist ein klassizistisches Bauwerk, das der Baumeister Johann Peter Cremer entwarf. Da es mit öffentlichen Geldern gefördert wurde, mussten die Pläne der Oberbaudeputation in Berlin vorgelegt werden. Dort hat der preußische Architekt und Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) Korrekturen hinsichtlich der Statik und der Begrenzung der Baukosten vorgenommen. Trotzdem überschritt man bei der Fertigstellung im Mai 1827 die veranschlagte Bausumme von knapp 16.000 Talern um 75 Prozent.
Bei dem breit gelagerten Bauwerk wird der höhere und von einem Pinienzapfen bekrönte Mittelbau, die Rotunde, durch zwei Wandelhallen mit zwei seitlichen Pavillons verbunden. Die Front bestimmen dorische Säulen. Sie tragen über einem Gebälk mit Metopen- und Triglyphen-Fries das kaum in Erscheinung tretende flache Bleidach.
Das heiße, schwefelhaltige Wasser kommt über eine Leitung aus der Kaiserquelle am Büchel. In der Rotunde führten ursprünglich zwei geschwungene Treppenläufe in das Untergeschoss zum Brunnenausschank. Mit dieser Anordnung sollte der Innenputz an Wänden und Decke durch die schwefeligen Dämpfe weniger stark beschädigt werden.
Im Zweiten Weltkrieg kam beinahe das Ende für den Elisenbrunnen. Nur Teile der Wände und Säulen blieben stehen. Man wollte den Brunnen sogar an das gegenüberliegende Ende des neu entstandenen Elisengartens versetzen. Fast genau auf den Tag 131 Jahre nach der Eröffnung 1827 wurde der Elisenbrunnen wieder seiner Bestimmung übergeben. Den Wiederaufbau leitete der Architekt Thomalla vom städtischen Hochbauamt. Heute ist der Elisenbrunnen der einzige Ort in der Innenstadt, an dem jeder sein „Aachener Wässerchen“ trinken kann. Wenn sich in einer lauschigen Sommernacht auf dem blank polierten Boden der Rotunde die Tangofans drehen, tun sie das sicherlich nicht mit dem Bewusstsein, dass der Elisenbrunnen sowohl an das Kurleben Aachens, als auch an Aachens Zugehörigkeit zur preußischen Rheinprovinz erinnert.
(Holger A. Dux, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2015)