Heute sind die Ahr und das Siebengebirge die nördlichsten Weinbaugebiete im Westen Deutschlands. Bis vor etwa 250 Jahren war aber der Weinbau in den nur wenige zig Kilometer entfernten Städten Neuss und Köln gang und gäbe, sogar in der Innenstadt wurde angebaut. Aber es gab ihn – den Weinbau in unserer Gegend. So lassen sich bis zur Frühen Neuzeit im Kreis Wesel neben der Kreisstadt selber im linksrheinischen Teil immerhin insgesamt neun Weinbaustandorte nachweisen, und zwar bei der Abtei Kamp in Kamp-Lintfort, in Moers, Rheinberg, den Weseler Stadtteilen Büderich, Ginderich und Perrich sowie in Xanten und Xanten-Husen.
Interessant, dass im Bereich Büderich gleich vier Anbauorte in unmittelbarer Nachbarschaft liegen – ob es da einen Zusammenhang gibt? Der früheste Nachweis für den Anbau der Weinrebe im Kreisgebiet datiert immerhin auf das Jahr 1003 für den Ort Rheinberg – wir befinden uns im Hohen Mittelalter. Der Wein am Niederrhein war nie ein „Qualitätswein“; in den meisten Jahren war er ein saures Getränk, das unsere Altvorderen mit lokalem Honig süßten. Nicht umsonst stand der Wein vom Kloster Kamp in keinem guten Ruf, was durch die Redewendung „Kamper Wein / macht bei Tisch nur Pein“ prägnant und wohl stellvertretend für alle damaligen niederrheinischen Weine zum Ausdruck kommt.
Inzwischen ist der Weinbau – gewerblicher wie hobbymäßiger – weiter verbreitet als man denken möchte; selbst im nördlichsten Norddeutschland, auf der Insel Sylt, wird die Traube zwecks Weingewinnung angebaut. Wer weiß, vielleicht gibt es in wenigen Jahrzehnten im Büdericher Bauernland wieder Weingärten.
Eine exakte Verortung der früheren Weinbau-Flächen ist mit den vorhandenen Literaturquellen nicht möglich. Daher wurde hier zwischen den linksrheinischen Weseler Ortschaften Ginderich und Büderich exemplarisch eine Fläche für das Objekt „Weinbau im Kreis Wesel“ eingezeichnet.
(Stefan Kronsbein, erstellt in Kooperation mit der Biologischen Station im Kreis Wesel e.V. im Rahmen des Projektes „Verborgene Schätze inklusiv“. Ein Projekt des LVR-Netzwerks Landschaftliche Kulturpflege, 2016)