Die ersten Grenzsteine in Deutschland waren kleine, unbearbeitete Blöcke, ohne Markierungen. Da die Grenze nicht immer deutlich zu erkennen war und es dadurch schnell zu Streitigkeiten kam, begann man die Grenzsteine zu markieren, um beispielsweise auf die besitzende Herrschaft des Gebietes hinzuweisen. Damit bei einem Grenzbegang keine Grenzsteine übersehen werden konnten, wurden die Steine nummeriert. Außerdem konnte bei besonderen Ereignissen oder Vorfällen eine genaue Ortsbestimmung durch die nummerierten Grenzsteine erfolgen. Allerdings kam es auch vor, dass die Steine unterschiedlich nummeriert wurden und auf jeder Seite eine andere Nummer steht, was vermutlich daran liegt, dass jeder Anlieger eine andere Methode der Nummerierung bevorzugte. Auch bei den Ziffern gab es Unterschiede, die heute auf verschiedene historische Zeiten hinweisen. Im 15./16. Jahrhundert wurden die arabischen Ziffern von den römischen Ziffern verdrängt. Bis Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Ziffer „zwei“ als „Z“ geschrieben und die Anfangsziffer „eins“ wurde im 17. und 18. Jahrhundert auf Grenzsteinen besonders geschmückt. Zudem wurde oft die Jahreszahl der Steinsetzung auf dem Grenzstein vermerkt. Als Material der Grenzsteine wurde zumeist die heimische Gesteinsart gewählt, um lange Transporte zu vermeiden. Allgemein gibt es verschiedene Grenzsteine, die sich anhand ihrer Größe, Form, Beschriftung und Art voneinander unterscheiden lassen.
An der Pfaffenstraße in der Nähe des Erbeskopfes mitten im Wald befindet sich, am Forstort Hohlweide, der etwa 60 cm hohe Grenzstein Nr. 72. Nach heutigen GPS-Daten liegt der Grenzstein auf einer Höhe von 708 m ü. NN. Der Querschnitt des Grenzsteines ist quadratisch und der Kopf ist flach. An drei Seiten des Grenzsteines sind heute noch Markierungen sichtbar. Auf einer Seite ist die Ziffer 72 zu erkennen, wobei die Ziffer „zwei“ eine „Z-Form“ hat. Dies weist darauf hin, dass der Grenzstein schon über 250 Jahre alt ist. Demnach hat der Grenzstein an der Pfaffenstraße, die heute geteert ist, eine sehr hohe geschichtliche Bedeutung. In früherer Zeit war die Pfaffenstraße eine Überlandverbindung, ob sie schon in der Römerzeit benutzt wurde, ist allerdings unbekannt. Aufgrund ihrer geographischen Lage mit einer durchschnittlichen Höhe von 700 m ü. NN wird vermutet, dass zur Römerzeit in diesem Gebiet noch Urwald verbreitet war. Ab dem 15. Jahrhundert tauchte der Name der Pfaffenstraße erstmals in Schriftzeugnissen auf. Vermutlich wurde die Pfaffenstraße etwa ab Ende des 15. Jahrhunderts / Beginn des 16. Jahrhunderts als Handels- und Heeresweg genutzt, wobei vor allem Holzkohle aus den in den Wäldern liegenden Köhlern transportiert wurde. Außerdem existierte vermutlich genau entlang dieser Straße ein tiefer Grenzgraben, der als Grenze zwischen Kurtrier und Sponheim fungierte. Zwischen der Grafschaft Sponheim und dem Kurfürstentum von Trier entbrannten im Spät- und Hochmittelalter immer wieder Grenzstreitigkeiten entlang der Pfaffenstraße, da beide ihr Territorium ausweiten wollten. Erst im Jahr 1758 wurden die Grenzstreitigkeiten durch den sog. Dhronecker Vertrag vom 10. Oktober 1758 zwischen Kurtrier, Sponheim und den Wild- und Rheingrafen, der die Vereinbarungen über das jeweilige Herrschaftsgebiet vertraglich festhielt, geklärt. Daraufhin wurden Grenzsteine, zur deutlicheren Grenzmarkierung, mit dem Kreuz der Kurtrier und mit dem Karowappen der Sponheimer entlang der Pfaffenstraße aufgestellt. Heute sind noch vier dieser Grenzsteine erhalten, von denen einer der Grenzstein Nr. 72 ist.
Auf dem Grenzstein Nr. 72, der aus Sandstein besteht, ist auf einer Seite noch deutlich das Wappen des ehemaligen Trierer Kurfürsten, ein rotes Balkenkreuz, zu sehen. Auf einer anderen Seite des Grenzsteines ist die Jahreszahl 1758 noch leicht zu erkennen. In diesem Jahr wurde der Grenzstein, nachdem der Dhronecker Vertrag geschlossen wurde, gesetzt. Demnach ist der Grenzstein Nr. 72 heute, im Jahr 2016, genau 258 Jahre alt.
Auch in der neueren Zeit, im 20. Jahrhundert, ist die Pfaffenstraße als Grenzstraße nicht unbedeutend gewesen, was auf verschiedenen Karten von 1914 bis 2002 deutlich wird. Dort, wo der Grenzstein steht, verlief von 1914 bis 1968 eine Gemeindegrenze, welche die Gemeinde Börfink von der Gemeinde Malborn abgrenzte. Von 1968 bis 1999 verlief an der Stelle eine Regierungsbezirksgrenze durch die die beiden rheinland-pfälzischen Regierungsbezirke Koblenz und Rheinhessen-Pfalz voneinander abgegrenzt wurden. Vor 1968 bestand Rheinland-Pfalz noch aus fünf Regierungsbezirken, seit dem Jahr 1999 wurden die Bezirksregierungen in neue Strukturen überführt. Auf der Karte von 2002 ist eine Landkreisgrenze eingetragen, die an der Pfaffenstraße entlang läuft. Diese Landkreisgrenze grenzt auch heute noch die beiden Landkreise Bernkastel-Wittlich und Birkenfeld voneinander ab.
(Nina Krämer, Universität Koblenz-Landau, 2016)