Da den Katholiken die Simultankirche zu klein war und andauernde Streitigkeiten aufgelöst werden sollten, wurde 1890 der Kirchenbau von Kirchenvorstand und der Gemeindeverwaltung beschlossen. Um den Bau in einem Wert von 57.000 Mark zu realisieren wurden 1890 die Seibersbacher Dorfbewohner zu Spenden aufgerufen und trugen bis zum Jahre 1893 insgesamt 46.000 Mark zusammen. Der Kirchenbau wurde demnach zu großen Teilen von der katholischen Dorfbevölkerung getragen und schuldenfrei abgeschlossen.
Baustil und Inneneinrichtung
Der architektonische Baustil Ende des 19. Jahrhunderts im Naheraum und Rheinhessen war neugotisch, sodass der Mainzer Dombaumeister Lukas mit dem Bau der katholischen Kirche in diesem neugotischen Stil beauftragt wurde.
Die Kirche besteht aus „einem einschiffigen Langhaus, mit kurzer, eingezogener Vorhalle und einem polygonal geschlossenen Chor, der von einer Seitenkapelle (links) und dem Glockenturm (rechts) flankiert wird. Das Äußere der Kirche ist unverputzt. Das Innere bietet ein reiches, späthistorisches Raumbild, bei dem die Bemalung der Wände, insbesondere der Vorbogenwand, und des Chorgewölbes mit dem Holzton der durch Gurtbögen gegliederten Tonne im Langhaus kontrastiert.“ (PFARREI ST. JOSEPH SEIBERSBACH 1994, S. 38). Die Glasmalereien aus der Erbauungszeit sind hervorzuheben.
Ebenfalls sind Heiligenfiguren in der Kirche zahlreich vorhanden und erwähnenswert. „Im Altarraum befinden sich Johannes der Täufer mit dem Jesuskind. Die Taufkapelle enthält als bedeutsame Figur eine Darstellung der Anna selbdritt: Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind, das als Zeichen des zukünftigen Opfertodes eine Weintraube trägt“ (PFARREI ST. JOSEPH SEIBERSBACH 1994, S. 34). Über der Kanzel ist der Apostel Paulus aufgestellt. Als weitere im Altarraum vorhandene Figuren aus dem ehemaligen gotischen Hochaltar sind Antonius der Einsiedler mit Schwein, Antonius von Padus, der Apostel Petrus und der Evangelist Johannes mit Adler, zu nennen. Das Kirchenschiff ist mit weiteren Figuren, wie dem Heiligen Antonius von Padus, dem Heiligen Aloysius, der Heiligen Agnes und der Heiligen Anna rechts und mit dem Heiligen Martin von Tours, der Heiligen Elisabeth von Thüringen und dem Heiligen Franz von Assisi links ausgestattet. Die im Kirchenschiff stehenden Figuren stammen aus der Zeit des Kirchenneubaus. Über dem Eingang der Kirche, dem Kirchenportal, steht eine Statue des Heiligen Joseph mit einer Lilie in der rechten Hand und dem Jesuskind mit Erdkugel auf dem linken Arm.
Des Weiteren stechen zwei „Heilige Geräte“, die gotische Monstranz (Lieferung von Johann Ludwig aus Trier aus dem Jahre 1894) und das romanische Ciborius (Speisekelch) ins Auge. Die beiden Geräte dienen der Heiligen Eucharistie während des Gottesdienstes und sind noch heute in Gebrauch.
Der äußere Bau der Kirche ist durch vom das Langhaus umgebenden Anbauten wie Vorhalle, Seitenkapellen, Turm und Sakristei geprägt. Der Kirchgarten ist von einer Mauer mit Sandsteinpfeilern umfriedet. Insgesamt hat die Kirche eine Länge von 32,25 Meter, die Innenbreite und auch die Kirchenhöhe liegen bei 12,5 Meter.
Renovierungen und Unterschutzstellung
Ab dem Jahre 1956 wurden das erste Mal nach dem 60-jährigen Bestehen der Kirche umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt. 1971 wurde der gotische Hochaltar entfernt und durch den jetzigen Altartisch ersetzt. 1975 wurde das Kirchenschiff gründlich renoviert, 1980 das Dach saniert und ein Jahr später die Fenster neu verglast. 1984 wurde die katholische Kirche in Seibersbach unter Denkmalschutz gestellt denn „die katholische Kirche in Seibersbach (ist) ein Zeugnis der Baukunst des späten Historismus und ein kennzeichnendes Merkmal des Ortsbildes, an dessen Erhaltung und Pflege aus künstlerischen Gründen und zur Förderung der Heimatverbundenheit ein öffentliches Interesse besteht“ (PFARREI ST. JOSEPH SEIBERSBACH 1994, S. 38).
(Magnus Lickfett, Universität Koblenz-Landau, 2017)