Baubeschreibung
Das Gebäude ist ein zweigeschossiger, traufständiger bzw. hangparalleler Putzbau mit hohem Kellersockel aus Schieferbruchgestein. An der rheinseitigen Hauptfassade wird das Gebäude von runden Ecktürmen flankiert. Es ist in sechs Fensterachsen unterteilt. Im Erdgeschoss befinden sich Rechteckfenster mit geohrten und profilierten Rahmen sowie Keilsteinen. Im Obergeschoss prägen Stichbogenfenster mit unprofilierten Gewänden und Keilsteinen das Erscheinungsbild. Eine doppelläufige Freitreppe mit rundbogigem Kellereingang führt zu einem asymmetrisch angeordneten Portal. Das stichbogige Hauptportal mit Oberlicht beherbergt eine zweiflügelige bauzeitliche Tür mit gefelderten Türblättern. Im Scheitel des Stichbogens über der Tür befindet sich ein großes Wappen mit Reichsadler. Das Gebäude besitzt, abgesehen von den Türmen, die ein Kuppeldach aufweisen, ein Mansarddach (bei Mansarddächer sind Dachflächen im unteren Bereich abgeknickt, so dass die untere Dachfläche über eine wesentlich steilere Neigung verfügt als die obere - auf diese Weise entsteht zusätzlicher Wohnraum). Von der ursprünglichen Inneneinrichtung ist lediglich das eiserne Treppengeländer erhalten.
An der Südseite des Gebäudes schließt sich ein im Jahr 1928 gegen den Hang versetzter Erweiterungsbau in Form des Hauptbaus an. Der Anbau weist in der Nordachse einen Stichbogenzugang mit Oberlicht auf. Die ehemals vorgelagerte Treppe wurde entfernt. Die um 1760 entstandene zweiflügelige Eichentür mit Felderung und Rocailleornamenten (muschelförmige Ornamente aus dem Rokoko) wurde aus einem anderen Bau in Sankt Goar entnommen und hier eingebaut. Sie wird den Sankt Goarer Türblättern der Zeit zugeordnet.
An der Nordseite des Gebäudes befindet sich ein um 1893 errichteter dreigeschossiger Putzbau in schlichter Form der Neurenaissance (Richtung des Historismus im 19. Jahrhundert, in der auf die Baukunst der Renaissance zurückgegriffen wird). Das Gebäude, ursprünglich Sitz der Kreissparkasse, ist seit 1963 mit dem ehemaligen Kreishaus mittels Zwischenbau verbunden. Die linke Fensterachse ist risalitartig (ist ein zumeist auf ganzer Höhe aus der Fluchtlinie eines Baukörpers hervorspringender Gebäudeteil) vorgezogen und mit Schweifgiebeln ausgestaltet. Im Obergeschoss auf der rechten Seite in Richtung Rhein befindet sich ein polygonaler Erker.
Neben dem ehemaligen Kreiselektrizitätsamt und ehemaligen Amtsgericht spiegeln sich am ehemaligen Landratsamt und am ersten Gebäude der Kreissparkasse Funktion und Status der Kreisstadt Sankt Goar wider. Der repräsentative Standort oberhalb der katholischen Kirche zeigt die Bedeutung des Gebäudes.
Heutige Funktion
Sankt Goar ist heute Sitz des Amtsgerichtes, der Amtsgerichtsbezirk umfasst die Stadt Boppard sowie die Verbandsgemeinden Emmelshausen, Loreley (ohne die Stadt Braubach, die Ortsgemeinden Dachsenhausen, Filsen, Kamp-Bornhofen und Osterspai) und Sankt Goar-Oberwesel.
Es ist das erstinstanzliche Gericht in Familien-, Zivil- und Strafsachen. Weiterhin ist es zuständig für alle Zwangsvollstreckungen für Schuldner, deren Wohnsitz im Gerichtsbezirk liegt.
Darüber weist das Amtsgericht Sankt Goar eine besondere Zuständigkeit auf. Es ist das zuständige Schifffahrtsgericht für den Rhein zwischen der Nahemündung und Bonn-Oberkassel, für die Lahn und für die deutschen Abschnitte von Mosel und Saar. Ebenfalls ist das Gericht für Schiffsregistersachen zuständig. Hier ist das Seeschiffsregister (SSR) für Seeschiffe mit Heimathafen im Land Rheinland-Pfalz sowie das Binnenschiffsregister (BSR) und das Schiffsbauregister (SBR) für Binnenschiffe und Schiffsbauwerke mit Heimatort oder Bauort in den Städten und Landkreisen in Rheinland-Pfalz untergebracht.
(Sebastian Weinand, Universität Koblenz-Landau, 2015)
Internet
www.mjv.rlp.de: Zuständigkeiten Amtsgericht Sankt Goar (abgerufen 04.11.2015)
st-goar.de: Virtueller Stadtrundgang - Amtsgericht (abgerufen: 23.09.2016)