Weinlehrpfad bei Bullay

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Bullay
Kreis(e): Cochem-Zell
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 03′ 27,56″ N: 7° 08′ 2,79″ O 50,05766°N: 7,13411°O
Koordinate UTM 32.366.441,07 m: 5.546.708,89 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.581.256,51 m: 5.547.438,28 m
  • Historisches Foto von 1880 mit einer Ansicht des Orts Bullay (rechts im Bild) und der Doppelstockbrücke Alf-Bullay über die Mosel.

    Historisches Foto von 1880 mit einer Ansicht des Orts Bullay (rechts im Bild) und der Doppelstockbrücke Alf-Bullay über die Mosel.

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Der Bullayer Weinlehrpfad ist ein Gemeinschaftsprojekt der hier ansässigen Winzer und soll den Weininteressierten einen Einblick in die Geschichte und Gegenwart des Weinbaus an den Steilhängen der Mosel geben.

Entstehungsgeschichte
Die Idee zur Gestaltung und Erstellung eines Weinlehrpfades gab es bereits im Jahr 1989. In diesem Jahr gab es drei wichtige Ereignisse, welche für die Ausgestaltung des Weinlehrpfades in Bullay von entscheidender Bedeutung waren. Zum einen jährte sich das Bullayer Herbstfest zum 25. Mal. Dieses Jubiläum lockte nicht nur die Einheimischen auf das jährliche Volksfest, sondern auch viele Touristen. Diese zeigten sich besonders beeindruckt von der Qualität des Weines und dessen Ursprungs. Zum anderen schloss in diesem Jahr die traditionsreiche Bullayer Weinbauschule. 90 Jahre nach der Eröffnung wurde die Schule auf Grund der geringen Nachfrage geschlossen. Innerhalb dieser 90 Jahre besuchten etwa 1.915 Winzersöhne und -töchter die Schule und 322 junge Winzer erhielten hier ihren Meisterbrief. Ursula W. aus Alf erinnert sich an den Aufschrei, den die Schließung der Weinbauschule hervorrief: „Wissen Sie, wir sind eine Weinbauregion. Der Schwiegervater war Winzer und sein Vater und sein Großvater auch. Wir sind stolz auf unseren Wein und werden es auch immer sein. Sie können sich natürlich vorstellen, dass die Schließung einer solchen Institution für uns erst einmal ein Schock war. Aber ich glaub das war auch die Geburtsstunde des Weinlehrpfades. Wenn die Bildungseinrichtungen schon wegfallen, müssen wir die Bildung halt selbst übernehmen. Daher erachte ich den Weinlehrpfad als äußerst wichtig für die Region. Obwohl ich aus Alf komme, bin ich mit vielen meiner Freunden und Verwandten den Weinlehrpfad schon unzählige Mal hochgewandert“.

Ein weiterer Grund, der Frau W. vielleicht nicht bekannt ist, ist die Tatsache, dass zeitgleich eine große Flurbereinigung anstand, so dass schon länger über einen einheitlichen und winzerübergreifenden Lehrpfad in Bullay diskutiert wurde. Im Zuge dessen kam es auch zu einer Reduzierung der Weinbaulagennamen auf die vier in Bullay gelegenen Gemarkungen: Brautrock, Graf-Beissel-Herrenberg, Sonneck und Kronenberg. 1996 wurde die erste Stufe der Flurbereinigung abgeschlossen und der Weg des Weinlehrpfades vollständig asphaltiert. 1999 war es dann endlich soweit. Das Gemeinschaftsprojekt der Bullayer Winzer wurde im Juli 1999 feierlich eröffnet. Der Schutzpatron der Winzer, der heilige Urban, meinte es in diesem Jahr gut mit den Bullayer Winzern. Es entstanden in diesem Jahr mehrere Prädikatsweine und selbst zum Jahresende konnte noch Eiswein geerntet werden.

Aufbau und Inhalt des Weinlehrpfades
Der Bullayer Weinlehrpfad führt die Besucher über eine Strecke von ungefähr 2,3 Kilometern durch die beliebte Weinbaulage Brautrock, von der Kapelle im Tal bis zur Straußwirtschaft Onkel Toms Hütte. Ungefähr 20 Hektar Rebfläche gehören zur Bullayer Gemarkung. Der Großteil entfällt auf die Gemarkung Brautrock, durch die der Weinlehrpfad führt. Der Weg ist in asphaltierten Serpentinen angelegt und befindet sich in einem hervorragenden Zustand. Nur ein kleiner Teil des Weges führt abseits der asphaltierten Straße über einen Schotterweg am Fuße der Hanglagen des Brautrocks. Mit Hilfe von 16 Informationstafeln werden die Besucher auf eine Reise durch die Weinbauregionen des Zeller Landes eingeladen.

Den Startpunkt des Lehrpfades bildet eine Übersichtskarte, die den Verlauf der Strecke abbildet. Die Karte befindet sich auf einem umgekippten Weinfass, das sich an der Ecke Graf-Beissel Straße, Im Tal befindet. Nur wenige Meter entfernt befindet sich die Kapelle im Tal, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut wurde. 1978 wurde die Kapelle aufwändig saniert. Im Zuge dessen wurde das Dach neu eingedeckt, die Eingangstür ausgetauscht und die Fenster bleiverglast. Die Backsteinfassade stammt etwa aus dem Jahr 1900. Nur einen Katzensprung entfernt befindet sich auch schon die erste Informationstafel, die dem Besucher eine allgemeine Einführung in den Weinstandort Bullay liefert. Der besondere Fokus liegt hierbei auf der Flurbereinigung, die zwischen 1990 und 1996 stattgefunden hat. Sie war die erste an der Mosel und wurde vollständig unter ökologischen Gesichtspunkten durchgeführt, so dass nur geringfügig in die Natur eingegriffen werden musste. Die nächste Informationstafel beschäftigt sich mit den drei bekanntesten Arten der Reberziehung: Die klassische Pfahlerziehung, die Drahtrahmen-Erziehung und die Vertiko-Erziehung. An der ersten Weggabelung zweigt der Lehrpfad nach links auf einen Schotterweg ab. Hier befinden sich die nächsten vier Informationstafeln, die sich mit den Neuerungen im Weinbau in den letzten 100 Jahren beschäftigen, den zwei wichtigsten Rebsorten der Region, dem Spätburgunder und dem Ende des 19. Jahrhunderts neu gezüchteten Müller-Thurgau, dem Prinzip der Pfropfrebe und den an den Moselhängen vorherrschenden Bodenarten. Während bei den Bodenarten der Schieferverwitterungsboden und der Grauwacketonschiefer hervorgehoben werden, wird auf der vorherigen Tafel das Prinzip der Pfropfrede genauer erläutert, bei der reblausresistente Amerikanerreben die Unterlage für die europäischen Rebsorten bilden. Dieses Prinzip dient dem Zweck der Pflanzenveredelung.

Bevor man wieder auf den asphaltierten Hauptweg zurückkehrt, lohnt es sich noch einmal einen ausführlichen Blick auf die gegenüber liegende Moselseite zu werfen. Hier sieht man mehrere verwaiste Rebflächen, die auf Grund der schwierigen Bewirtschaftung der Flächen aufgegeben wurden. Der Rückzug der kommerziellen Bewirtschaftung hat im Rahmen der natürlichen Sukzession einen Vormarsch der heimischen Flora zur Folge, die sich erkennbar durch den unstrukturierten Bewuchs durch Bäume und Zwergsträucher, die Moselhänge zurückholt.

Zurück auf dem asphaltierten Hauptweg stößt der Besucher auf die nächste Informationstafel. Diese beschäftigt sich mit dem Pflanzenschutz. Dabei wird genauer auf die Pilzbekämpfung eingegangen. Während der erste Arbeitsschritt eine Spritzung per Hand vorsieht, wird bei zunehmender Belaubung, der Einsatz eines Helikopters erforderlich, der das Pflanzenschutzmittel von oben über die Weinberge verteilt. Etwa auf der Mitte der Strecke befindet sich eine hölzerne Schutzhütte, die dem Besucher nicht nur einen wunderbaren Blick auf Bullay und die umliegenden Moselhänge ermöglicht, sondern auch zur Wissensvermittlung beiträgt, da sich im Inneren der Hütte drei der insgesamt 16 Informationstafeln befinden. Zum einen werden die beiden Gemarkungen Brautrock und Graf-Beissel-Herrenberg erklärt. Zum anderen wird der Besucher über allgemeine Daten und Fakten von Bullay informiert. Hier empfiehlt sich eine kurze Verschnaufpause um die angelesenen Informationen auch visuell zu erfassen, denn von der Schutzhütte hat man einen ausgezeichneten Blick auf beide Weinbaulagen und den idyllischen Ortskern Bullays.

Nachdem man nun schon mehr als die Hälfte der insgesamt 16 Informationstafeln passiert hat, stößt man während des Aufstieges zur Onkel Toms Hütte auf eine Informationstafel, die sich explizit mit dem ökologischen Weinbau beschäftigt. Dabei wird genauer auf die Richtlinien des ECOVIN – Bundesverbandes ökologischer Weinbau eingegangen. Dieser sieht unter anderem vor, dass auf chemisch-synthetischen Dünger, Herbizide, Insektizide und Fungizide verzichtet wird, um das ökologische Gleichgewicht der Weinhänge zu wahren. Keine 50 Meter oberhalb der Informationstafel wartet bereits die nächste Tafel. Sie vermittelt dem Besucher einen Einblick in die natürlichen Ansprüche des Weinbaus an Klima und Lage. Dabei wird insbesondere auf die Einzigartig der Steilhänge an der Mosel eingegangen. Die nächste Informationstafel ist dem Riesling gewidmet. Rund 70 Prozent der Bullayer Weinberge sind mit Rieslings-Reben bestockt, so dass diese fruchtige Rebsorte verdientermaßen ihre eigene Tafel erhalten hat. Die nächste Informationstafel schließt sich der Themenreihe nahtlos an. Auf ihr werden die einzelnen Arbeitsschritte im Weinberg genauer erklärt. Vom Rebschnitt, über das Binden der Reben, die Laubarbeiten, die Bodenbearbeitung bis hin zur Weinlese werden alle wichtigen Arbeitsschritte detailliert dargestellt und die Herausforderungen an die Winzer verdeutlicht.

Die vorletzte Informationstafel widmet sich der Landschaftspflege und dem Naturschutz. Hierbei wird in ausführlicher Art und Weise auf die Freiflächen zwischen den Reben eingegangen. Diese sind sogenannte Biotope, die ihre ganz eigene Flora und Fauna besitzen. Damit eine natürliche Wiederbewaldung dieser Flächen ausbleibt, müssen diese Biotope vom Menschen in regelmäßigen Abständen bestellt werden. Die letzte Informationstafel bringt den Weinlehrpfad zu einem runden Abschluss. So werden die Bullayer Weingüter noch einmal abschließend dargestellt und die Straußwirtschaft in der Region erklärt. Mit den Worten „In Vino Veritas“ werden die Besucher verabschiedet. Den Endpunkt markiert die Straußwirtschaft Onkel Toms Hütte, die von Juli bis Oktober geöffnet ist. Hier kann man das Gelernte auch mit allen Sinnen erfahren und bei einem gemütlichen Glas Wein die tolle Aussicht auf die Weinberge genießen. Onkel Toms Hütte bietet Platz für 36 Personen im Innenraum und gehört zum Weingut Friedhelm Lenz.

Zusätzlich zum ganzjährig geöffneten Weinshop bietet das Weingut Friedhelm Lenz auch vier Wanderwochen im Jahr an. Diese erfolgen in den Monaten April, Juni und August und erfreuen sich großem Zuspruch. Die Wanderwochen im Jahr 2015 waren allesamt ausgebucht und erhielten durchweg positive Rückmeldungen. Abschließend lässt sich festhalten, dass der Weinlehrpfad von Bullay nicht nur spannende Einblicke in den Weinbau entlang der Mosel bietet, sondern den Besucher auch zum Verweilen und Genießen einlädt. Der etwa 2 Kilometer lange Wanderweg führt durch die idyllische Lage der Weinlage Brautrock und lässt die mehreren hundert Jahre alte Weinbautradition in Bullay anschaulich wiederaufleben.

(Patrick Drexler, Universität Koblenz-Landau, 2015)

Quellen
Informationstafeln vor Ort

Internet
www.weingut-friedhelm-lenz.de: Wanderwochen (abgerufen 04.10.2015)

Literatur

Schulschenk, Fritz (2004)
Bullay an der Mosel zwischen 1150 und 2000 - 850 Jahre eines Gemeindelebens. Eine chronologische Aufzeichnung. o. O.

Weinlehrpfad bei Bullay

Schlagwörter
Ort
56859 Bullay
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Fernerkundung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 1999

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„Weinlehrpfad bei Bullay”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-244628 (Abgerufen: 20. April 2024)
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