Denkmalbereich „Haan - Gruiten“

Gruiten-Dorf

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Haan
Kreis(e): Mettmann
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 13′ 35,89″ N: 7° 00′ 34,98″ O 51,22664°N: 7,00972°O
Koordinate UTM 32.361.030,18 m: 5.676.910,39 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.570.576,45 m: 5.677.344,64 m
Das Dorf Gruiten entstand als Weiler im Düsseltal in der Zeit um 1000. Im Laufe des Mittelalters und danach entwickelte sich daraus durch zusätzliche Besiedlungsverdichtung und wohl auch infolge flächiger Vergrößerung ein Streu- oder Haufendorf, mit Bauten in zum Teil unregelmäßiger Anordnung und entlang scheinbar planlos angelegter Wege. Prägend für die Struktur des Ortes und das Ortsbild ist die mitten durch das Dorf fließende Düssel mit ihrem Nebenlauf, der kleinen Düssel.

Wohl um 1075 wurde der Weiler um eine Kirche in Form einer Kirchenburg ergänzt, die möglicherweise aus strategischen Gründen nordwestlich vom Dorf an der Peripherie auf dem Plateau eines ummauerten Bergspornes errichtet wurde. Ein evangelisch-reformiertes Bethaus, welches gleichzeitig als Schule genutzt wurde, entstand 1682, aber erst 1720 wurde neben dem Bethaus eine evangelisch-reformierte Kirche (mit Walmdach und Dachreiter) errichtet. Damit halle die Mitgliedschaft der evangelisch-reformierten Gruitener Gemeinde in der Reformierten Bergischen Synode ab 1608 ihren sichtbaren Ausdruck gefunden, zumal die Nachbarn in Mettmann, Schöller und Haan bei dieser Synode ab 1589 Gründungsmitglieder waren. Während das katholische Pfarrhaus urkundlich schon im Jahre 1435 genannt wurde, erhielt die evangelisch-reformierte Gemeinde ein eigenes Pfarrhaus erst 1764. Ein kleiner Teil der Gemeinde aber war katholisch geblieben und blieb deshalb auch im Besitz der alten Kirche (im Gegensatz beispielsweise zu Haan). Dennoch wurde in den Jahren 1877 bis 1879 der Neubau einer katholischen Kirche an anderem Ort im Dorf erforderlich. Architekt war G. A. Fischer aus Barmen, der Ende des 19. Jahrhunderts die Rekonstruktion von Schloss Burg an der Wupper durchführen sollte. Das Schiff der alten Kirche aber wurde im Jahre 1894 abgebrochen. Der Turm blieb glücklicherweise als Denkmal erhalten.

War die Wirtschaftsstruktur des Dorfes ursprünglich rein landwirtschaftlich bestimmt, so kamen im Laufe der Jahrhunderte Nebenerwerbe, aber auch Handwerker und später kleinindustrielle Zweige dazu (vor allem Müller, Schmiede, Weber, Kalkgewerbe, aber auch z.B. ein Arzt). Kurzfristig bestand im 16. Jahrhundert ein Hofesgericht. Frühindustrielle Strukturergänzungen entstanden erst ab der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Umwandlungen der zuvor landwirtschaftlich genutzten Gebäude waren die Folge. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass in der Industrie um 1900 schon zahlreiche italienische Gastarbeiter beschäftigt wurden, die z.T. im Dorf mit ihren Familien wohnten und heute, nach drei Generationen, längst als alte Gruitener Bürger integriert sind. Verschiedentlich entstanden wegen der erhöhten Bevölkerungszunahme in der Zeit um 1900 auch Neubauten Im Dorfbereich.

Hervorzuheben ist, dass das Erscheinungsbild der dörflichen Siedlungsstruktur von Gruiten, auch in der räumlichen Anordnung, sich über die Jahrhunderte hinweg im Prinzip bis heute erhalten hat. In gewisser Weise ist das ein Glücksfall, wohl nahezu einzigartig im regionalen Bezirk. Die Weltabgeschiedenheit des Dorfes ist heute zwar nicht mehr gegeben, und auch die Einbettung von Gruiten in den bewaldeten Hügelkranz ist verschwunden, aber das ist - im Vergleich mit anderen Dörfern - ein relativ geringer Substanzverlust.

Soweit in der Vergangenheit historische Entwicklungen oder Wandlungen stattgefunden haben, sind diese heute noch im Ansatz an den unterschiedlichen Architekturen und Bauplätzen in Form einer visuell ablesbaren Sozial·, Gewerbe- und Baugeschichte erkennbar. Vielleicht könnte man diese Wirkung umschreiben mit dem Satz „1000 Jahre Lebensraum Gruiten“. Die Funktionen des Dorfbereiches haben sich zwar z.T. zwangsläufig gewandelt, sind aber gleichwohl in Anpassung an die Erfordernisse der Zeit immer präsent geblieben.

Der Denkmalbereich „Haan-Gruiten“ bildet einen der wenigen, noch bestehenden, historischen niederbergischen Dorfkerne mit über zwanzig in die Denkmalliste eingetragenen Baudenkmälern. Er umfasst den alten Kirchturm aus dem 11. Jahrhundert mit Friedhof, das Doktorhaus (Wohnhaus des berühmten Heilpraktikers „Doktor“ Jakob Lauterbach), die reformierte Kirche mit Pfarr- und Predigthaus, die neuere katholische Pfarrkirche sowie andere Fachwerkbauten. Geschützt werden soll die Dorfanlage in ihrer Gesamtheit, die Silhouette mit den beiden prägenden Kirchtürmen und das Ortsbild mit dem noch reichen Bestand an Fachwerkhäusern.

Die Anregung zur Schaffung eines Denkmalbereiches kam 1982 vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege. Aber erst 1965 erarbeitete die Stadt Haan die Grundlagen für die Satzung. Aufgrund der lange Zeit ungeklärten Zukunft der Ruine der ehemaligen Fabrik Edelhoff im Ortsgebiet von Gruiten verzögerte sich die Verabschiedung der Denkmalbereichssatzung zum Schutz des Dorfkerns Gruiten im politischen Raum. Sie wurde erst im Frühjahr 1989 veröffentlicht und rechtskräftig.

Während der Offenregung wurden seitens des Bürger- und Verkehrsvereins Gruiten e.V. Anregungen und Bedenken vorgetragen, die die Abgrenzungen des Denkmalbereiches im Süden des Gebietes betrafen. Sie wurden berücksichtigt und in die Satzung mit eingearbeitet. Zuvor hatte es verschiedene Bürgerbeteiligungen gegeben.

(Helmut Fenner, Rheinisches Amt für Denkmalpflege, LVR, aus: Mainzer (Hrsg.) 1996)

Literatur

Breidbach, Fritz (1970)
Gruiten: die Geschichte eines Dorfes an der Düssel. Gruiten.
Clemen, Paul (Hrsg.) (1894)
Die Kunstdenkmäler der Städte Barmen, Elberfeld, Remscheid und der Kreise Lennep, Mettmann, Solingen. (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 3 2.) Düsseldorf.
Dehnert; Tietze (1978)
Ortsbau- und Siedlungsgeschichtliche Untersuchung Gruiten-Dorf. Düsseldorf.
Mainzer, Udo (Hrsg.) (1996)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 49.) S. 95-97, Köln.
Vollmar, Harro (1987)
Geschichte von Haan und Gruiten, Teil 1: Anfänge bis 1500. (Schriftenreihe der Abteilung Haan des Bergischen Geschichtsvereins e.V. 5.) Haan.

Denkmalbereich „Haan - Gruiten“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Pastor-Vömel-Straße
Ort
42781 Haan - Gruiten
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1000

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„Denkmalbereich „Haan - Gruiten“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-66384-13012017-263148 (Abgerufen: 26. April 2024)
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