Denkmalbereich „Lechenich Altstadt“

Erfststadt-Lechenich, Ortskern

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Erftstadt
Kreis(e): Rhein-Erft-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 48′ 0,09″ N: 6° 45′ 57,26″ O 50,80003°N: 6,76591°O
Koordinate UTM 32.342.569,64 m: 5.629.966,46 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.554.039,04 m: 5.629.680,08 m
Lechenich liegt am Rotbach im Norden von Erftstadt in der Zülpicher Börde, nahe der Römerstraße von Zülpich nach Köln, an der mittelalterlichen Heerstraße nach Aachen.

Der Ort aus Burg und Siedlung, hervorgegangen aus einem bereits im frühen Mittealter bestehenden erzbischöflichen Hof, wird 1138 erstmals urkundlich erwähnt. Die Kölner Erzbischöfen, die bereits seit dem 10. Jahrhundert auch die Kurfürstenwürde innehatten, verliehen dem mit der Verwaltung der umliegenden Güter betrauten Hof Gerichtsbarkeit und weitere landesherrliche Rechte und ließen die Befestigung der alten Burg in der Auseinandersetzung um die territorialen Ansprüche mit den Grafen von Jülich weiter ausbauen.

1254 begann unter Konrad von Hochstaden die planmäßige Neuanlage der Stadt über fast quadratischem Grundriss (420 Meter Ost-West auf 390 Meter Nord-Süs) mit zentralem Marktplatz und Befestigung mit Wall, Gräben und Stadtmauer. Der neue Kirchenbau nördlich vom Marktplatz war 1271 fertig gestellt. 1279 stattete Erzbischof Siegfried von Westerburg den Ort mit Stadtrechten aus. Nach Zerstörung der alten Burg 1301 unter Graf Gerhard von Jülich erfolgte bis 1360 ein Neubau der Landesburg/Schlossanlage in der Nordostecke der Stadt.

Den Zerstörungen im 30-jährigen Krieg, 1689 während der Plünderungszüge unter Ludwig XIV. und durch die Stadtbrände 1702, 1722 und 1744 fielen im Ort flächenhaft große Teile der aufgehenden Substanz zum Opfer. 1648 hatten die Franziskaner aus Brühl in Lechenich eine Niederlassung gegründet. Der Orden widmete sich der Schulbildung und der Krankenpflege. Nach Aufhebung des Klosters in französischer Zeit 1802 wurde die Franziskanerkirche abgebrochen, die verbliebene Klosteranlage in späterer Zeit umgenutzt. Zwar war Lechenich 1798 Bürgermeisterei im Kanton Lechenich im Roerdépartement und 1816-27 Kreisstadt, war jedoch wirtschaftlich Jahrhunderte lang nahezu eine reine Ackerbürgerstadt. Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert erreichte die Stadt einen bescheidenen Wohlstand, der sich sowohl in zentralen bündelnden Funktionen als auch und im baulichen Erscheinungsbild des Ortes niederschlug.

Nach Schleifung der Befestigung ab Mitte des 19. Jahrhunderts erwirkte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner die Teilrekonstruktionen der Stadttore und den Neubau des Rathauses als freistehenden Solitär in der Hauptstraße, außerdem den Neubau von Haus Kretz am Markt. Als weitere öffentliche Bauten entstanden über den Ort verteilt zwei Schulen, eine Synagoge und 1897 das Amtsgericht am Markt. Seit 1876 war im Ort die Brauerei Ganser ansässig. 1914 gründete Paul Kerp eine Rübenkrautfabrik. Ab 1895 fuhr die Kleinbahn durch den Ort. Seit der Gebietsreform 1969 ist Lechenich Teil der neu gebildeten Stadt Erftstadt.

Im Zweiten Weltkrieg weitgehend unversehrt, führten städtebauliche Maßnahmen der 1960er und 1970er Jahre zu Eingriffen in die historische Substanz. Dennoch überliefert der Ortskern als ein Ganzes die Ortsgeschichte seit den Siedlungsanfängen bis heute ohne große städtebauliche Brüche. Der gerasterte Ortsgrundriss mit kleinteiliger Parzellierung verweist auf die Gründungsanlage; die erzbischöfliche Burg in der Nordostecke repräsentiert die grundherrliche Stellung. Die Hauptverkehrsstraße führt in Ostwest-Richtung über den Marktplatz und teilt den Stadtgrundriss in eine Nord- und eine Südhälfte. Im Verlauf dieser Achse markieren die Stadttore, das Bonner Tor und das Herriger Tor, die ehemalige Stadtgrenze und die flächenhafte Ausdehnung des Ortes; das historische Rathaus steht in der Achse am Marktplatz, bestimmt und beherrscht die Ortsmitte. Nördlich vom Marktplatz setzt die Pfarrkirche mit Pfarrhaus am Kirchplatz, dem ehemaligen Kirchhof, städtebaulich einen weiteren Akzent. Die parallel in etwa gleichem Abstand und im rechten Winkel quer verlaufenden Straßen und Erschließungsgassen gliedern den Ortskern in Rechteckflächen mit Blockrandbebauung. Typisch sind ehemalige Bürgerhäuser und Hofstellen aus Haupthaus mit Toreinfahrt und rückwärtig liegenden, in Nutzung, Gestalt und Volumen nachgeordneten Nebengebäuden wie Scheunen und Ställe, sowie Hofflächen und Gartenland. Die Wall- und Grabenzone ist umlaufend überliefert.

Schutzgegenstände des Denkmalbereiches sind der mittelalterliche Ortsgrundriss, die aufgehende Bausubstanz in der Gesamtheit, das historisch begründete Zusammenwirken von bebauten und unbebauten Flächen und die charakteristischen Blickbezüge.
Die Satzung schützt den Ort als Denkmalbereich seit Ende 2016.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Literatur

Bartsch, Frank (2012)
Kontinuität und Wandel auf dem Lande. die rheinpreußische Bürgermeisterei Lechenich im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (1815 - 1914). (Geschichte im Kreis Euskirchen 26.) o. O.
Gerstein, Eberhard / Bürgergesellschaft e.V. (Hrsg.) (2010)
Lechenich. Damals, gestern, heute. Eine Stadt im Wandel. Erftstadt-Lechenich.
Kobbe, Bernd O. (1972)
Kurkölnische Stadtgründungen im 13. und 14. Jahrhundert. Untersuchung der Planmässigkeit des Gründungsvorganges. Aachen.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 154-156, Petersberg.
Renard, Edmund / Clemen, Paul (Hrsg.) (1900)
Die Kunstdenkmäler des Kreises Euskirchen. (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 4.4.) Düsseldorf.
Stommel, Karl (1960)
Geschichte der kurkölnischen Stadt Lechenich. (Veröffentlichungen des Vereins der Geschichts- und Heimatfreunde des Kreises Euskirchen e.V. A-Reihe Heft 5.) Euskirchen.
(2004)
Lechenich. von der Römerzeit bis heute ; eine illustrierte Stadtgeschichte. o. O.

Denkmalbereich „Lechenich Altstadt“

Schlagwörter
Ort
50374 Erftstadt - Lechenich
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung

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„Denkmalbereich „Lechenich Altstadt“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-59892-13062019-293789 (Abgerufen: 25. April 2024)
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