Denkmalbereich „Wachtendonk - Ortskern“

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Wachtendonk
Kreis(e): Kleve (Nordrhein-Westfalen)
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 24′ 22,37″ N: 6° 20′ 3,12″ O 51,40621°N: 6,3342°O
Koordinate UTM 32.314.594,72 m: 5.698.371,14 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.523.297,95 m: 5.696.891,11 m
Kern der Burgsiedlung ist die um 1200 wohl schon existierende Burg der Herren von Wachtendonk. Die Burg entstand auf einer Bodenerhebung (= Donk) an der Niers. Die im Schutz der Burg sich entwickelnde Siedlung wurde 1354 als Stadt erwähnt. Die Stadtmauer mit den beiden Stadttoren, dem Bruchtor im Westen und dem Feldtor im Osten, ist erst 1422 bezeugt, dürfte aber vermutlich bereits im 14. Jahrhundert vorhanden gewesen sein. Die Katholische Kirche wurde 1381 durch Arnold von Wachtendonk als Kapelle gestiftet und 1449 zur Pfarrkirche erhoben. Nahe der Kirche wurde 1430 das Kloster gegründet. In diese lebhafte Phase der Ortsentwicklung fällt 1436 auch der Ausbau von Burg und Stadtbefestigung.

In strategisch wichtiger Lage an einem Niersübergang gelegen und von militärischer Bedeutung für die Südflanke der Grafschaft Geldern, war Wachtendonk schon im Mittelalter in vielfältige politisch-/militärische Auseinandersetzungen verwickelt und wechselte mehrfach zwischen Kleve und Geldern. Nach Gründung der Union von Utrecht 1579 gehörte Wachtendonk zur östlichsten Bastion der spanischen Niederlande und spielte im achtzigjährigen Krieg eine bedeutende Rolle. Burg und Stadtbefestigung wurden 1578-88 ausgebaut, indem die mittelalterlichen Mauern und Gräben durch Bastionen ergänzt wurden. 1603 wurde die nicht mehr in das Befestigungssystem hineinpassende Burg abgebrochen und gleichzeitig noch einmal die Bastionen vergrößert und verstärkt. Doch schon 1607 wurde der Ort als neutral erklärt, die Bastionen wurden geschleift und das Bastionsgelände teilweise besiedelt. Die Herren von Wachtendonk erbauten sich mit dem sog. Hoff in der Neustraße einen neuen Wohnsitz.

Schon im Verlauf der verheerenden Kriege zwischen Spaniern und Niederländern und besonders während der spektakulären, auf mehreren Stadtansichten festgehaltenen, Beschießung der Stadt mit glühenden Feuerkugeln durch den für Spanien kämpfenden Graf von Mansfeld 1588, war die mittelalterliche Siedlung Zerstörungen ausgesetzt. Durch Stadtbrände 1618 und besonders 1708 wurden große Teile der Stadt (ca. 200 Gebäude) vernichtet.

Seit 1713 gehörte Wachtendonk mit dem größeren Teil des Oberquartiers Geldern zu Preußen und war eine Bürgermeisterei im Kreis Geldern. Das 1841 auf allen Grundmauern erneuerte Rathaus gibt Zeugnis davon. Abseits der großen Verkehrslinien und ohne bedeutende Industrieansiedlungen blieb der Ort im 18. und 19. Jahrhundert eine bescheidene Landstadt, dessen Bild auch durch Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und der nachfolgenden Wiederaufbauzeit kaum beeinträchtigt wurde.

Angesichts einer bescheidenen Ortsentwicklung in nachmittelalterlicher Zeit und beschränkten baulichen Möglichkeiten im sumpfigen Überschwemmungsgebiet der Niersniederung, ist der historische Kern von Wachtendonk im Norden und Süden weitgehend von Bebauung frei geblieben. Im Bereich der Niers bietet sich somit noch der weitgehend unverfälschte Zusammenhang von historischem Ort und Landschaft. Ebenfalls unbeeinträchtigt ist der mittelalterliche Stadtgrundriss mit trapezförmiger Grundform. Zwei spitzwinklig einander zugeordnete Straßen führen zur Burg und werden durch eine Querspange (Weinstraße) zwischen Feld- und Bruchtor miteinander verbunden. Im östlichen Bereich weitet sich die Weinstraße vor dem Rathaus platzartig. Abseits der Hauptstraße liegen Pfarrkirche und Kloster in einem eigenen Bereich. Die 1967-71 freigelegten Fundamentmauern der Burg werden vom Ort abgeriegelt durch eine kleine Fabrikanlage, die sich im Vorburgbereich 1906 angesiedelt hatte. Die mittelalterliche Stadtmauer ist nur noch am Südrand der Stadt fassbar, wo im sogenannten Pulverturm von 1605/1606 ein mittelalterlicher Turm einbezogen wurde. Die mittelalterliche Stadtbefestigung ist in ihrem Verlauf in dem noch rings um die Stadt führenden Graben überliefert. Das Bastionssystem der Zeit um 1600 zeigt sich noch in der um den mittelalterlichen Kern erkennbaren Ordnung der Straße und Grünflächen.

Nach den vernichtenden Stadtbränden ist nur wenig mittelalterliche Bausubstanz erhalten geblieben. Die meist zweigeschossigen Wohnhäuser sind teilweise aus Fachwerk, teilweise aus Backsteinmauerwerk erbaut. Mehrfach wurden den Fachwerkbauten im 19. Jahrhundert zur Straße Backsteinfassaden vorgeblendet. Viele Häuser stehen mit ihrer Firstausrichtung rechtwinklig zu den Straßen, ordnen sich jedoch durch Krüppel- oder Vollwalm in das Bild der überwiegend traufständigen Bauweise ein. Die nur wenigen giebelständigen Häuser werden durch die seit dem 17. Jahrhundert üblichen Schweifgiebel geprägt. Die Nutzung der Grundstücke und Häuser durch Ackerbürger wird sinnfällig durch die großen Tore im Straßenbild deutlich.

Wachtendonk ist in Silhouettenwirkung, Ortsgrundriss und Bebauungsformen das gut überlieferte Beispiel einer Burgsiedlung im rheinischen Flachland, dessen Anschaulichkeit nur durch die im Aufriss nicht mehr vorhandene Burg gegenüber vergleichbaren Orten (Linn, Hülchrath) gemindert ist.

Schon 1976 war Wachtendonk wegen seines geschlossenen historischen Ortsbildes in der Publikation Ensembles 1 durch das Rheinische Amt für Denkmalpflege (damals Landeskonservator Rheinland) gewürdigt worden. Eine 1982 erlassene Gestaltungssatzung brachte durch teilweise wenig exakte Formulierungen nicht die gewünschte Schutzwirkung. Im Einvernehmen zwischen Stadt und Denkmalamt wurde daher 1989 die Denkmalbereichssatzung erlassen.

(Walter Buschmann, Rheinisches Amt für Denkmalpflege, LVR, aus: Mainzer (Hrsg.) 1996)

Literatur

Clasen, Carl-Wilhelm; Hansmann, Wilfried; Osteneck, Volker / Landeskonservator Rheinland (Hrsg.) (1975)
Ensembles 1. (Arbeitsheft 4.) Köln.
Clemen, Paul (Hrsg.) (1891)
Die Kunstdenkmäler des Kreises Geldern. (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 1.2.) Düsseldorf.
Frankewitz, Stefan (1995)
Gemeinde Wachtendonk am Niederrhein. (Rheinische Kunststätten, Heft 122.) Neuss (2. neu bearbeitete Auflage).
Franz Pesch; et al. / Ministerium für Stadtentwicklung und Verkehr (Hrsg.) (1994)
Historische Stadt- und Ortskerne in Nordrhein-Westfalen. Duisburg.
Gemeindeverwaltung Wachtendonk (Hrsg.) (1978)
Wachtendonk, eine altgeldrische Stadt. Geldern.
Henrichs, Leopold (1910)
Geschichte der Stadt und des Landes Wachtendonk. Hüls-Crefeld.
Mainzer, Udo (Hrsg.) (1996)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 49.) S. 217-218, Köln.
Wensky, Margret (1980)
Wachtendonk. (Rheinischer Städteatlas, Lieferung VI, Nr. 35.) Köln.

Denkmalbereich „Wachtendonk - Ortskern“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Neustraße
Ort
47669 Wachtendonk
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 1200

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„Denkmalbereich „Wachtendonk - Ortskern“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-59359-14042017-266684 (Abgerufen: 18. April 2024)
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