Denkmalbereich „Mülheim/Ruhr - Zechensiedlung Mausegatt“

Colonie Wiesche

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Mülheim an der Ruhr
Kreis(e): Mülheim an der Ruhr
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 25′ 45,5″ N: 6° 55′ 38,21″ O 51,4293°N: 6,92728°O
Koordinate UTM 32.355.911,32 m: 5.699.605,03 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.564.532,86 m: 5.699.815,60 m
In topographisch bewegtem Gelände, das geprägt ist durch die Siepen (wasserführende Taleinschnitte) des Rumbachs und seiner Nebenbäche, entstand im oberen Hangbereich eines dieser Bäche seit 1899 in mehreren Abschnitten die Siedlung Mausegatt. Bauherr war der Mülheimer Bergwerksverein. Im Rahmen der für den Ruhrbergbau typischen Anwerbung von Bergleuten in den deutschen Ostgebieten und in Polen sollte die Siedlung Wohnraum bieten für die Beschäftigten der Zeche Wiesche. Folgerichtig wurde die Siedlung in der Gründungszeit „Colonie Wiesche“ genannt.

In einem ersten Bauabschnitt entstanden an zwei parallel geführten Straßen (seit 1914 Kreftenscheer- und Mausegattstraße) 57 eingeschossige Zweifamilienhäuser, die abwechselnd trauf- und giebelständig angeordnet sind. 1905 gab es eine erste Erweiterung mit 42 Häusern, die mit ihren Krüppelwalmdächern giebelständig zu den Straßen stehen. 1911 wurden weitere sechs Häuser mit Mansarddächern und Putzfassaden addiert. Das geschlossene Siedlungsbild wurde nur wenig durch Kriegsschäden beeinträchtigt: vier Häuser entstanden in alten Formen als Wiederaufbauten, und an der Kreftenscheerstraße wurden anstelle von sieben zerstörten Siedlungshäusern drei neue Doppelhäuser errichtet. Die Siedlung umfasst heute 224 Wohnungen.

In der städtebaulichen Anlage folgt die Siedlung mit der geradlinigen Straßenführung noch den seit etwa 1860 gültigen Leitbildern des pragmatischen Städtebaus. Die schroffe Uniformität dieser frühen Siedlung wird allerdings gemildert durch die zum Gründungskonzept gehörende Variation von mehreren Haustypen, wobei die Lebendigkeit der Straßenbilder durch die Häuser der späteren Bauphasen gesteigert wird. Abweichend von älteren Vorbildern sind auch die schmalen Rasenflächen vor und zwischen den Häusern, die ursprünglich mit Hecken eingefasst waren. Regelmäßig gepflanzte Bäume jeweils auf der nördlichen Straßenseite zeigen ebenfalls die zumindest ansatzweise eingeflossenen Ideen der nach 1900 im Siedlungsbau vorherrschenden Gartenstadtbewegung.

Alle in der Siedlung verwirklichten Haustypen sind aufgeteilt in dem zur Straße orientierten Wohnteil und dem rückwärtigen, anbauartigen Stallteil. An die Ställe schließen sich großzügige Gärten an. Das Umfeld der Ställe war mit nachgelegten Ziegelsteinen gepflastert.

Die älteren Siedlungshäuser sind Ziegelbauten mit Segmentbogenfenstern und gliedernden Gesimsen. Die Putzbauten von 1905 werden durch Eck- und Mittelllsene, aufsteigendem Treppenfries unter dem Krüppelwalm sowie Sohlbänke und Fensterstürze aus Backstein gegliedert. Zur Überdachung der seitlich gelegenen Eingangsbereiche sind die Dächer abgeschleppt. Die schlichten Putzbauten von 1911 wirken besonders durch die schön proportionierten Walmdächer. In allen Häusern sind zwei Wohnungen untergebracht.

Die Siedlung Mausegatt gehört zu den ältesten Zechensiedlungen in Mülheim und hat als Siedlungstyp mit der linearen Reihung entlang von zwei parallel geführten Straßen in der einst vom Bergbau geprägten Stadt kein Gegenstück. Die Siedlungsanlage ist ein interessanter Versuch, der städtebaulichen Monotonie früherer Anlagen dieser Art durch Einsatz einiger weniger Stilmittel (Wechsel der Haustypen, Grünflächen, Baumpflanzungen) entgegenzuwirken. Die Siedlung zeigt in charakteristischer Weise die Lebensumwelt der Bergleute in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Schon in einer Publikation von 1971 war die Anlage vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege (damals Landeskonservator Rheinland) als denkmalwert beschrieben worden. Als die VEBA AG die Siedlung 1978 an die Häusser-Bau verkaufte und anschließend die Privatisierung der Häuser durch Verkauf an die Bewohner betrieben wurde, bildete sich eine Bürgerinitiative. Zur Erhaltung der Siedlung wurde 1979 eine Gestaltungssatzung erlassen und 1982 ein Bebauungsplan aufgestellt, in dem u.a. die Anordnung von Garagen im rückwärtigen Grundstücksbereich geregelt wurde. Die weitgehende Wirkungslosigkeit der Gastaltungssatzung führte 1983 zu einem Antrag des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege auf Ausweisung eines Denkmalbereiches. Die Art des Denkmalschutzes wurde kontrovers diskutiert. Die vielfach inzwischen zu Hauseigentümern gewordenen Siedlungsbewohner fürchteten zunehmende Beschränkungen durch den Denkmalschutz. Andererseits wurde kritisiert, dass die Satzung keine ausreichende Handhabe für den Schutz gegen Veränderungen an der baulichen Substanz der Häuser bietet. Das Rheinische Amt für Denkmalpflege beantragte daher zusätzlich zum Denkmalbereich die Einzelunterschutzstellung aller historischen Siedlungshäuser. Die Denkmalbereichssatzung wurde 1987 rechtskräftig Zusätzliche Unterschutzstellungen wurden bisher nicht durchgeführt.

(Walter Buschmann, Rheinisches Amt für Denkmalpflege, LVR, aus: Mainzer (Hrsg.) 1996)

Literatur

Bollerey, Franziska; Hartmann, Kristiana (1985)
Siedlungen aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf. Essen.
Borchers, Günther (1975)
Arbeitersiedlungen 1. In: Arbeitshefte des Landeskonservators Rheinland 1, Köln.
Günter, Roland (1975)
Mülheim an der Ruhr. (Die Denkmäler des Rheinlandes 21.) Düsseldorf.
Mainzer, Udo (Hrsg.) (1996)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 49.) S. 170-171, Köln.

Denkmalbereich „Mülheim/Ruhr - Zechensiedlung Mausegatt“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Mausegattstraße
Ort
45472 Mülheim an der Ruhr - Heißen-Fulerum
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1899 bis 1911

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
„Denkmalbereich „Mülheim/Ruhr - Zechensiedlung Mausegatt“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-59335-12042017-266650 (Abgerufen: 19. April 2024)
Seitenanfang