Denkmalbereich „Siedlung In den Heimgärten / Branderhof“

Aachen-Burtscheid, In den Heimgärten, Siedlung

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Aachen
Kreis(e): Städteregion Aachen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 45′ 53,27″ N: 6° 06′ 2,12″ O 50,7648°N: 6,10059°O
Koordinate UTM 32.295.540,08 m: 5.627.678,66 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.507.140,90 m: 5.625.486,17 m
  • Aachen-Burtscheid, Denkmalbereich Siedlung In den Heimgärten / Branderhof

    Aachen-Burtscheid, Denkmalbereich Siedlung In den Heimgärten / Branderhof

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    LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Jürgen Gregori
    Fotograf/Urheber:
    Jürgen Gregori
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Lage
Im Aachener Stadtteil Burtscheid am Gillesbachtal zwischen Kuranlagen und Bahndamm an der Friedrich-Ebert-Allee liegt die Siedlung „In den Heimgärten“, 1926-1928 erbaut. Das Gelände außerhalb des historischen Ortskerns von Burtscheid, in dem nach Osten geneigten Hang des Gillesbachtales, grenzt unterhalb an das Areal des Klosters zum armen Kinde Jesu.

Geschichte
Die ehemals selbstständige Stadt Burtscheid ist seit 1897 ein Stadtteil von Aachen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert hatte die zunehmende Industrialisierung der ortsansässigen Tuch-, Nadel- und Kratzenfabriken den Zuzug von Arbeitskräften ausgelöst und damit einhergehend mit Schaffung von neuem Wohnraum sowohl zur Verdichtung als auch zur Erweiterung des historischen Ortskerns geführt.

Die allgemeine Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg hatten die belgischen Besatzungstruppen, deren Hauptquartier in Aachen war, durch die Inanspruchnahme von vorhandenem Wohnraum verstärkt, so dass die Stadt Aachen schließlich 1925 zur Behebung der Wohnungsnot ein eigenes Siedlungsamt gründete. 1926 entschloss sich die Stadt, in größerem Umfang bescheidene Einfamilien-Reihenhäuser in der organisatorischen Form von gemeinnützigem Wohnungsbau zum Kauf oder gegen Miete zur Verfügung zu stellen.

Das Gelände, Acker- und Brachland von etwa 20 Morgen mit einem Tümpel, war der Teil des Majorats des Freiherrn von Nellessen, den die Stadt nach dem Ersten Weltkrieg erwerben konnte. Nach Erschließung des Gebietes durch Straßenbau mit Bürgersteigen, durch Trassierung von Kanal-, Gas-, Elektrizitäts- und Wasserleitungen wuchs das neue Wohngebiet in drei Bauabschnitten, wobei unmittelbar nach Fertigstellung die Privatisierung erfolgte, ein geringer Teil blieb im Besitz der Stadt. Von den 1926-1927 bezogenen 76 Einheiten, wurden 47 verkauft und 29 vermietet, 1927 entstanden 113 Einheiten, 1927-1928 36 Einheiten; das waren insgesamt 225, offiziell wurden 233 Einheiten gezählt. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg von 10% der Häuser im Jahr 1944 war zum 25jährigen Jubiläum der Wiederaufbau weitgehend abgeschlossen.

Charakteristik
Eine Mittelachse mit einer angerartigen Aufweitung in der Mitte und einer umlaufenden, dem Verlauf der Höhenlinien folgenden Randerschließung geben der Siedlung ihre Grundstruktur vor; ein quadratischer Platz und ein Dreiecksplatz am Rand der Siedlung ermöglichen die städtebauliche Anbindung. Alterniernde Blockfluchten erzeugen einen abwechslungsreichen und lebendigen Eindruck der Straßenräume, die konsequent symmetrisch durch Reihenhauszeilen unterschiedlicher Länge gebildet werden, wobei die orthogonale Aufteilung an vielen Stellen aufgelöst ist. Versetzte Platzmündungen, Querverbindungen, Stufen, im Detail variierende Eingangssituationen, geknickte Straßenführungen und im Typ leicht abweichende Bauten unterstützen in abwechslungsreichen optischen Bezügen die Kleinräumigkeit und die Vielfalt der Siedlung. Die zentrale Achse mündet in einem Dreiecksplatz mit Kopfbebauung am Siedlungsende. Endpunkt ist hinter dem Platz ist ein dreigeschossiges Doppelwohnhaus, Weingartshof 2/4, mit einem kleinen Arkadengang und mit Portal bildenden Arkaden an den Seiten. Vor dem Weingartshof stehen zwei Reihen von Kopfbäumen.

Die Grundstücksparzellen von durchschnittlich 200 Quadratmetern mit Vorgärten und rückwärtigen Nutzgärten, um Kleinvieh zu halten und Gemüse anzubauen, waren von der städtischen Gartenverwaltung einheitlich angelegt und bepflanzt. Sie waren von Beginn an untereinander und zum öffentlichen Raum in Abschnitten durch geschnittene Hecken (meist Liguster) abgegrenzt, wobei die Vorgärten durch unterschiedlich hohe Bruchsteinmauern zum Fußweg eingefriedet waren. Dieser Gesamteindruck ist bis heute erhalten. Zugangstreppen führen zu den einzelnen Grundstücken.

Die Bauten sind einfach und typisiert und lassen sich acht Haustypen zuordnen. Sie sind zwei- und dreigeschossig, überwiegend mit Satteldächern gedeckt. Es sind Putzbauten mit waagerechten Schmuckbändern aus Riemchenziegeln, mit architektonisch den jeweiligen Baukörper zur Straße gliedernden Zwerchhäusern und mit kleinen Gauben an den Rückseiten. Eingeschossige flache Vorbauten schützen die Eingangsbereiche. Die Eckhäuser heben sich durch besondere Giebelgestaltung (Wandscheiben mit halbrundem oder gestuftem Abschluss) architektonisch hervor. Die Wandscheiben sind städtebaulich im Straßenraum dominant und als markante Elemente charakteristisch für die Siedlung. Die Belichtung erfolgt durch der Funktion entsprechend unterschiedliche Fensterformate. Die Holzhaustüren weisen Oberlichter auf. In der Regel verfügen die Bauten über 75 Quadratmeter Wohnfläche in 4 Räumen mit Bad und im Dachgeschoss über eine bewohnbare Mansarde. Sie sind außerdem ausgestattet mit einem Vorratskeller, einem Kohlenkeller, einer Waschküche und einem Trockenspeicher. Bei geneigtem Gelände liegt die Küche im Untergeschoss.

Der Denkmalbereich
Der Denkmalbereich schützt den Siedlungsgrundriss, die bauliche Substanz insgesamt, die historisch bedeutsamen Freiflächen und die charakteristischen Blickbezüge. Der örtliche Grundriss aus Straßen- und Wegeführung mit hierarchischer Ordnung und aus der Parzellenteilung ist in die gegebenen Geländebewegungen eingepasst. Geländestufen gleichen die Geländeneigung aus.

Die bauliche Substanz besteht aus weitgehend untereinander gleichwertigen Bauten mit variierenden Stellungen der Baukörper, mit wechselnden Firstrichtungen, geringfügig differierenden Geschosszahlen, weitgehend einheitlichen Traufhöhen und Volumina der Einzelobjekte, Proportionen der Baumassen, charakteristischen Details in Fassaden- und Dachgestaltung, städtebaulichen und gartenbauliche Details wie Bruchsteinmauern, Arkaden als Platzbetonung, Tordurchgänge, Straßen- und Wegequerschnitte, Treppen, Straßenraumbegrenzung und Hecken, sowie straßenraumwirksamen Einzelbäumen. Die Freiflächen gliedern sich in Plätze, Hofflächen, Nutz-, Zier-, und Vorgärten angrenzende Grünflächen, anschließende Kleingärten und in die Böschungen von Bahn und Gillesbach.

Die Standpunkte zur Wahrnehmung charakteristischer Blickbezüge und der Siedlungssilhouette sind kartographisch gekennzeichnet und Schutzgegenstand der Satzung. Eine besondere Bedeutung wird der Mittelachse der Siedlung, der Straßenachse „In den Heimgärten“ zugesprochen. Der Denkmalbereich schließt die angrenzenden Kleingärten und die Wiesenaue ein. Klostermauer und Bahndamm sind äußere Begrenzungen

Begründung
Die Siedlung „In den Heimgärten“ setzt die Gartenstadtidee von Ebenezer Howard (1898 „Garden Cities of Tomorrow“) beispielhaft um, günstigen Wohnraum mit Nutzgärten in der städtebaulichen Form einer dorfähnlichen Siedlung mit zentralen Plätzen als „Sammelpunkte des Gemeinschaftslebens“ mit Bezug zur Natur und mit Trennung von Verkehrs- und Wohnstraßen. Die Siedlung ist außerdem eine der ersten Einfamilien-Genossenschaftssiedlungen in der Aachener Region.

Der Schutz der Siedlung steht im öffentlichen Interesse, für den Schutz durch eine Denkmalbereichssatzung sprechen geschichtliche, orts- und sozialgeschichtliche sowie städtebauliche Gründe. Die entsprechende Denkmalbereichssatzung ist seit 2005 rechtskräftig. Gestaltungsvorgaben zur Erhaltung und Entwicklung unterstützen den denkmalpflegerischen Umgang mit anstehenden Maßnahmen.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Literatur

Gut, Albert (1928)
Der Wohnungsbau in Deutschland nach dem Weltkriege. Seine Entwicklung unter der unmittelbaren und mittelbaren Förderung durch die deutschen Gemeindeverwaltungen. München.
Lammertz, F. von (1928)
Der städtische Wohnungsbau in Aachen in den Jahren 1925-1928. In: Deutschlands Städtebau, S. 97-109. Aachen, Berlin.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 77-79, Petersberg.
Servais, A. (1928)
Der Wohnungsbau in Aachen. In: Deutschlands Städtebau, S. 92-96. Aachen, Berlin.

Denkmalbereich „Siedlung In den Heimgärten / Branderhof“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
In den Heimgärten
Ort
52076 Aachen - Stadtmitte
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archivauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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„Denkmalbereich „Siedlung In den Heimgärten / Branderhof“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-49463-13062019-293775 (Abgerufen: 5. Oktober 2024)
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