Rene von Schöfer erstellte 1948 in Zusammenarbeit mit Bruno Wernerus aus Jülich den Entwurf für das Hotel der Familie Kratz. Der dreigeschossige Eckbaukörper in 6 zu 11 Achsen, mit Satteldach und in insgesamt schlichter zweckbestimmter Formensprache, wurde mit einfachen Mitteln und in „handwerksgerechter Form“ (laut Bauantrag) errichtet. Als gestalterisches Element der Backstein-Lochfassade mit rechteckigen Fensteröffnungen tritt die architektonische Betonung der beiden Hotel- und vom Gaststätteneingänge hervor: Während der Gaststätteneingang an der Kölnstraße durch eine auf Steinkonsolen vorspringende einachsige Blausteinplatte mit gebauchtem Brüstungsgitter überdacht ist, springt über dem leicht außermittig gesetzten Hoteleingang an der Baierstraße ein flacher dreiachsiger Risalit auf einer profilierten Blausteinplatte auf den als Konsolen ausgebildeten Schlusssteinen von Tür und flankierenden Fenstern hervor. Die Risalitform wird im Dachbereich durch ein flachgeneigtes Giebeldreieck abgeschlossen. Die übrigen Gestaltungselemente und Schmuckformen des Baukörpers beschränken sich auf eine Staffelung der Fenster in der Höhe und eine Ausbildung der Erdgeschossfenster als Stichbogenöffnungen mit Blausteingewänden und Schlusssteinen. Die Rückfassade springt im 2. Obergeschoss leicht zurück und bietet so den oberen Zimmern eine durchgehende Balkonterrasse. Fenster und Türen sind weitgehend im Originalzustand erhalten. Die Türbeschläge an Gaststätten- und Hoteleingang bilden in abstrahierter Form das Rurtor ab. Hinter der doppelflügeligen Eingangstür zum Hotel liegt das symmetrisch aufgebaute Foyer mit den Zugängen zu den Gasträumen und mit dem mittigen, repräsentativen Treppenaufgang, der durch ein großes Fenster an der Rückfassade mit flieder-, gelb- und rosafarbener Bleiruten gefasster Verglasung belichtet wird.
Das Gebäude wurde in der ersten Wiederaufbauphase in zurückhaltender, zweckbestimmter, traditionalistischer Formensprache in Anlehnung an zerstörte Bausubstanz errichtet nach dem Entwurf des Architekten und Hochschullehrers der RWTH Aachen René von Schöfer in Zusammenarbeit mit dem Architekten Bruno Wernerus aus Jülich. Von Schöfer hatte bereits 1934 eine Plandokumentation der Stadt Jülich erstellt und auf dieser Grundlage 1947 den Bebauungs- und Aufbauplan der Stadt Jülich erarbeitet. Das Objekt ist als frühes und qualitätvolles Zeugnis des Wiederaufbaus und in seiner Vorbildfunktion für die weiteren Bauten in der Innenstadt ein wichtiges Dokument sowohl der Stadtgeschichte als auch der Stadtbaugeschichte von Jülich. Als Teil der geschlossenen Blockbebauung, im fließenden Übergang zu der angrenzenden Wohnhausarchitektur ist das Objekt Teil des städtischen Gesamtgefüges, innerhalb des in großen Teilen einheitlichen Stadtkerns ein tragendes und bündelndes Element, ein bauliches Zeugnis der Nachkriegszeit und ein Festpunkt für die geschichtliche Bedeutung der Innenstadt als Gesamtheit, geschützt als Denkmalbereich. Als schlichter, zweckbestimmter Bau der frühen Wiederaufbauphase, die stilistisch um 1950 als beendet war, ist das Objekt - vor allem durch seine Bau- und Ausstattungsdetails - erhaltenswert sowohl aus architekturgeschichtlichen als auch aus künstlerischen Gründen. Als Hotelbau im Stadtkern ist das Gebäude schließlich auch von bautypologischem Aussagewert.
(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2019)
Quellen
Förderverein Festung Zitadelle Jülich, Stellungnahme zum Denkmalwert des Hotelgebäudes Kölnstraße/Ecke Baierstraße im Denkmalbereich „Historischer Stadtkern“ der Stadt Jülich, darin als Anlagen:
- Baubeschreibung von 1947
- Bauantragspläne: Ansichten, Schnitte, Lageplan; Werkpläne: Ansichten, Schnitte.
- LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Elke Janßen-Schnabel, Gutachten zum Denkmalwert 1996