1709 wurde südlich von Kostebrau infolge eines Beschlusses der kurfürstlich-sächsischen Regierung eine Spiegelfabrik errichtet. Erster Direktor der Fabrik war von 1709 bis 1714 der böhmische Glasmacher Sebastian Massar; in den 265 Jahren der Betriebstätigkeit sollte es mehrfach zum Besitzer- bzw. Pächterwechsel kommen. Nachdem die Fabrik 1711 um weitere bauliche Anlagen ergänzt worden war, musste sie u.a. wegen Absatzmangels und zu hohen Selbstkosten vorrübergehend geschlossen werden. Fünf Jahre später nahm man die Produktion wieder auf, um sie 1730 aus denselben Gründen abermals einzustellen. Mit dem Auftrag, 710 Spiegel für die Residenzbauten in Dresden herzustellen, erfolgte die Wiederaufnahme des Betriebs und 1843 sogar eine Erweiterung durch ein zweites Hüttengebäudes. Ab 1865 wurden neben der Glashütte Friedrichsthal auch andere Glashütten im Umland auf Kohlefeuerung umgestellt. 1870 lieferte die benachbarte Grube Alwine den Brennstoff für die Glasherstellung. Den benötigten Quarzsand gewann man zum Teil im Umland, zum Teil importierte man ihn. 1896 meldete der damalige Besitzer der Fabrik, Adalbert Wisch, die Gruben Friedrichsthal (Objektnr. 32002560) und Unser Fritz (Objektnr. 32002562) an. Letztere veräußerte er imselben Jahr wieder, wohingegen in der Grube Friedrichsthal bis 1900 Kohle gewonnen wurde.
Neben der Herstellung von Spiegeln ist u.a. auch die Produktion von Hohlglas und ab 1913 eine halbautomatische Flaschenherstellung nachgewiesen. Im darauffolgenden Jahr wurde der Maschinenantrieb auf Elektroenergie umgestellt.
Im benachbarten Ort war das Lauchhammerwerk der große Gegenspieler der Glashütte. Der hohe Energiebedarf für das Eisenwerk führte zum raschen Voranschreiten der Kohlegewinnung im Tagebau Friedländer, was die Verlegung der Eisenbahnstrecke und der Straße nach Lauchhammer 1937 zur Folge hatte. Das Hüttengelände wurde so durch die heutige Ernst-Thälmann-Straße geteilt und der Rückbau einer Hütte notwendig. Ein Neubau fand nicht statt. Die Menge der Produktion änderte sich.
Im zweiten Weltkrieg wurden im Werk Zwangsarbeiter für Hilfs- und Nebenarbeiten eingesetzt; Instandsetzungsarbeiten wurden lediglich an den für die Produktion unerlässlichen Anlagen und Gebäudeteilen durchgeführt. Die Glashütte produzierte in dieser Zeit hauptsächlich Gläser zur Konservierung von Nahrungsmitteln. Ab 1954 wurden die Glashütte Friedrichsthal und St.-Georg-Hütte (Objektnr. 32001127) unter die Verwaltung der Treuhandgesellschaft gestellt, bevor erstere 1969 zum VEB Glaswerk Stralau-Berlin, Betriebsteil Finsterwalde, Werk Kostebrau wurde.
Bis auf die zuletzt errichteten Gebäude wurden 1978 alle Anlagen zurückgebaut, nachdem die Glashütte 1974 stillgelegt worden war. Das ehemalige Beamtenwohnhaus, das Spritzenhaus und einige Wohngebäude der werkseigenen Siedlung stehen heute noch westlich der Ernst-Thälmann-Straße. Brauchbare Anlagenteile fanden in den Glaswerken von Annahütte und Finsterwalde-Massen (St.-Georg-Hütte) Verwendung. Das Abrissmaterial soll im ausgekohlten Tagebau eingebracht worden sein.
Die Glashütte Friedrichsthal war maßgeblich an der geschichtlichen und städtebaulichen Prägung des Ortes Kostebrau beteiligt. Die aktuell noch vorhanden Gebäude zeugen zusammen mit den Informationstafeln des Kultur- und Heimatvereins Kostebrau e.V. auf dem Hüttenplatz von der 265-jährigen Geschichte der Fabrik. Weiterführende Informationen sind auf den genannten Tafeln und in der Ausstellung des Heimatsvereins in der Heimatstube Kostebrau (Objektnr. 32002542) zu finden.
Datierung:
- Errichtung: 1709
- Stilllegung: 1974
- Rückbau: 1978
Quellen/Literaturangaben:
- Kultur- und Heimatverein Kostebrau e.V.
BKM-Nummer: 32002295
(Erfassungsprojekt Lausitz, BLDAM 2023)