Am 22.04.1872 gründeten insgesamt 18 Landwirte aus der Umgebung während einer Versammlung im Hotel Zum weißen Schwan in Mühlberg die Actien Zuckerfabrik Mühlberg a/E. Im darauffolgenden Jahr wurde die Gesellschaft ins Gesellschaftsregister von Bad Liebenwerda eingetragen.
Die Fabrik, die Zucker aus Zuckerrüben herstellte, stand südwestlich des Ortskerns von Brottewitz. Der Zucker wurde anfangs von Pferdefuhrwerken auf dem Landweg bzw. auf dem Wasserweg über die Elbe transportiert. Zu einen eigenen Verladehafen gelangte man über eine Kopfsteinpflasterstraße. Ab 1890 gab es außerdem einen eigenen Werkbahnanschluss für den Güterverkehr. Zur Optimierung der Produktion fanden immer wieder Um- und Ausbauten statt. Zu diesen zählte auch der Neubau einer Trocknungsanlage 1923 und deren Erweiterung 1934 und 1949. 1957 wurde die Fabrik in den VEB Zuckerfabrik Brottewitz umgewandelt. Von 1957 bis 1964 erfolgte die Rekonstruktion und Modernisierung der energetischen und technologischen Anlagen und 1962 die Umstellung von der Rohzucker- auf die Weißzuckerherstellung. Mit der politischen Wende wurde das Werk in die Unternehmergruppe der Südzucker AG eingegliedert. 1994-1998 erfuhren das Kesselhaus und die werkseigene Kraftzentrale von 1956 eine Modernisierung.
Gleichzeitig mit der Weiterentwicklung der Produktionsanlagen wurden um 1900 Arbeiterwohnhäuser mit Werkswohnungen errichtet. Die zweigeschossigen Gebäude, die auf der Denkmalliste des Landes Brandenburg stehen, sind ziegelsichtig und besitzen einen Feldsteinsockel. Gesimse sowie Fenster- und Türeinfassung sind durch gelbe Ziegel betont. 2000 wurde mit denkmalrechtlicher Erlaubnis ein zum Gebäudekomplex gehörendes Arbeiterwohnhaus zurückgebaut.
Ungefähr 350 Landwirte aus der Region belieferten die Zuckerfabrik mit Zuckerrüben. Zuerst wurden die Rüben gewaschen,dann folgte ihre Zerkleinerung in so genannte Schnitzel. Unter der Zugabe von Frischwasser gelangten die Schnitzel in den Extraktionsturm, in dem sie auf 70 Grad C erhitzt wurden (bei dieser Temperatur löst sich der Zucker). Die ausgelaugten Schnitzel wurden getrocknet und zeitweise als Tierfutter verwendet. Zur Dicksaftgewinnung, der Vorstufe zum kristallinen Zucker, wurde in einem Kalkofen dem Rohsaft Kalk zugegeben und dieses Gemisch in einer zweiten Stufe mit Kohlensäure versetzt. Alle Nichtzuckerstoffe wurden herausgefiltert, so dass ein klarer Dünnsaft mit einem Zuckergehalt von 16 Prozent übrigblieb. Unter mehrstufigem Erhitzen wurde der Saft eingedickt. Je nach Kampagne (zeitlich befristete Aktion mit einem definierten Ziel) wurde der Dicksaft eingelagert oder es erfolgte die Kristallisation, bei der Weißzucker entstand.
Zur Zuckerfabrik gehörten auch eine Rauchgasreinigung, mehrere Weißzuckersilos, ein Nachklärbecken, ein Brauchwasserbecken und eine Abwasserbehandlungsanlage.
Datierung:
- Errichtung: 1872
- Stilllegung: 2019
Quellen/Literaturangaben:
- https://www.suedzuckergroup.com/de/unternehmen/geschichte/brottewitz (Zugriff 16.08.2022)
- https://www.suedzuckergroup.com/sites/default/files/2019-12/1998_125_Jahre_Brottewitz.pdf (Zugriff 16.08.2022)
- https://www.suedzuckergroup.com/sites/default/files/2019-12/SZ_Werksprospekte_2019_Br_Web.pdf (Zugriff 16.08.2022)
- Denkmaldatenbank BLDAM
BKM-Nummer: 32002191
(Erfassungsprojekt Lausitz, BLDAM 2023)