Der Thümmlitzwald war seit Jahrhunderten der Jagdwald der Wettiner. Johann Heinrich Cotta gliederte den Wald zu Beginn des 19. Jahrhunderts in seine heutige Erscheinungsform in gleichmäßige Forstabteilungen. Die fortschreitende Industrialisierung und der damit einhergehende Hunger nach Brennstoff und Baumaterial machte eine nachhaltige Forstwirtschaft unabdingbar. Aus dieser Not heraus entstanden im Gebiet um Grimma, Colditz und Wurzen zahlreiche Braunkohlengruben, in denen anfangs im Handbetrieb und später mechanisiert die hochanstehende Kohle abgebaut wurde, so auch im Thümmlitzwald. Hier wurde 1818 mit dem Königlichen Braunkohlenwerk am Hühnerborn eine der ältesten Braunkohlengruben im Mitteldeutschen Revier gegründet. Bis zum Jahre 1888 förderte man hier Kohle im Handbetrieb. Die Klarkohle wurde, wie damals üblich, zu Streichziegeln verarbeitet und in Schuppen getrocknet. Erst 1892 wurde das Werk stillgelegt, da es nicht mehr gewinnbringend fördern konnte. Alle Tagesanlagen bis auf das Direktorenwohnhaus sind inzwischen rückgebaut.
Letzteres ist bis heute bewohnt, ist östlich und längsseitig zur Kreisstraße ausgerichtet und befand sich ehemals am westlichen Rand der Grube. Die Villa wurde vermutlich zwischen 1815 und 1850 erbaut. Sie besteht aus einem zweigeschossigen Hauptgebäude, das als Wohnhaus für den Werksdirektor diente, einem nördlich davon gelegenen Nebengebäude mit Flachdach und eigenem Schornstein, das inzwischen zur Hälfte als Garage genutzt wird sowie einem östlich und südlich angrenzenden Garten. Das Wohnhaus besitzt einen Sockel aus Natursteinen, der mit Ziegelsteinen abgeschlossen ist und wurde als Massivziegelbau konstruiert und verputzt. Es verfügt darüber hinaus auf der Westseite über einen Mittelrisalit, dessen Giebelseite zur Straße ausgerichtet ist. Insgesamt ist das Objekt inzwischen stark überformt.
Als letztes bauliches Zeugnis einer der ältesten Braunkohlengruben im Mitteldeutschen Revier ist es von sozial- und wirtschaftsgeschichtlicher Bedeutung.
(Christian Schmidt, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2023)
Datierung:
- Erbauung: etwa 1815–1850
Quellen/Literaturangaben:
- Galle, Horst: Historischer Braunkohlenbergbau entlang der Mulde um Colditz, Grimma und Wurzen. Eine Chronik und Inventarisierung. 2. Aufl., Beucha/Markkleeberg 2018, S. 126-132; 137-156.
- TMGS Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH (Hrsg.): Beschreibung des Forsthauses Kössern. URL: https://www.sachsen-tourismus.de/fileadmin/Mediendatenbank/Bilder/AG_Doerfer_neu/7_Koessern/TMGS_FB_Spaz_Koessern_WEB.pdf (15.08.2023).
BKM-Nummer: 31200095