Für die Planung des sogenannten »Eigenheimkomplexes« in Holzbauweise waren wohl mehrere Gründe ausschlaggebend: zum einen wurde Wohnraum für Mitarbeiter benötigt, zum anderen sollte dieser offenbar mit dem vom Betrieb selbst produzierten Baustoff errichtet werden. In der Region hat die Planung und Herstellung von Holzbauten Tradition umfassend bereits seit der Zeit um 1900 durch die Holzbausparte von Christoph & Unmack in Niesky und Höntsch in Dresden angewendet, wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg durch Fa. Schneider in Bernsdorf ergänzt. In den 1970er Jahren wurden in der DDR mehrere Holzhaustypenbauten entwickelt und produziert, u. a. das Mehrzweckgartenhaus Typ »Weißwasser« durch den Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Weißwasser. Dieses entstand wohl auch aus dem Bestreben heraus, Stangenholz der heutigen Klasse L0 (Durchmesser bis 10 cm) mit geringem Verlust zu verarbeiten. Einer der wesentlichen Unterschiede des Betriebes Weißwasser im Vergleich zu anderen Forstwirtschaftsbetrieben ist wohl darin zu sehen, dass nicht vor allem gleichaltriges Holz aus der Bewirtschaftung von Schlägen mit einer Baumart gewonnen wurde, sondern im Rahmen der Tagebauvorfeldfreimachung Nochten Stangenholz in großen Mengen anfiel. Bei der Außengestaltung der Wandelemente konnte dieses, mittig aufgetrennt, effektiv eingesetzt werden.
Die ursprüngliche Planung des Kreisbauamtes Weißwasser vom Juli 1978 sah für die Siedlung 45 Einfamilienhäuser des Typs »Güstrow« vor. Die Erschließung der Siedlung erfolgt mit einer an der Südwestecke nicht geschlossenen Ringstraße und einer davon abgehenden Sackgasse, die in einem Wohnhof endet. Im nördlichen Bereich enthält der Plan eine von den Grundstücken eingeschlossene »Zentrale Grünfläche für die gemeinschaftliche Freizeitgestaltung«. Die Parzellen und Häuser bestehen heute weitgehend wie 1979 ausgeführt; einige wenige wurden nach 1989 durchgreifend umgebaut und überformt. Letztlich gebaut wurden, abweichend vom Lageplan von 1979, mehrere Haustypen. Nach Aussagen von Anwohnern wurden die Häuser An der Rennbahn 5-25 (ungerade Nummern) zuerst errichtet, wobei hier tatsächlich der Typ »Güstrow« zur Ausführung kam. Es handelt sich um Holzhäuser aus Fertigelementen mit einem Vollgeschoss und ausgebautem Sparrendach. Die Wandelemente bestehen an der Außenseite aus horizontal verlegter Weichholzschalung. Einige Häuser sind weitgehend im Ursprungszustand erhalten. Interessant ist, dass sogar modische Elemente beim Typenentwurf berücksichtigt wurden das in den 1970er Jahren beliebte Element des etwas vorspringenden »Blumenfensters« wurde an der Giebelseite rechts vom Eingang eingesetzt. Im südlichen Straßenteil sind zwei Bautypen aus Wandelementen zu finden, im Original mit Asbestzementverkleidung, mit ausgebauten Sparren-Satteldächern und flacher geneigten Walmdächern.
Die bisher zugänglichen Unterlagen behandeln einen Sonderfall: Auf einer Parzelle wurde das »Eigenheim E6 Pritzwalk« vorgesehen, welches von der Landbaugemeinschaft Pritzwalk, Abteilung Projektierung, entworfen wurde. Dieses Gebäude wurde als Musterbau errichtet und diente der Vorbereitung der Entscheidung, diesen Bautyp im Bezirk Cottbus in größerem Umfang einzusetzen. Hinsichtlich ihrer speziellen Entstehungsgeschichte bei gleichzeitiger Dokumentation eines wesentlichen Teils der jüngeren Holzbautraditionen der Lausitz ist die Holzhaussiedlung »An der Rennbahn« von großem wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Interesse.
(Tom Pfefferkorn, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2023)
Datierung:
- Erbauung 1978-1980
Quellen/Literaturangaben:
- Projektunterlagen von zwei Holzhaustypen (privat)
- Bauarchiv der Stadt Weißwasser
Bauherr / Auftraggeber:
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BKM-Nummer: 31000376