Kraftwerk der Delitzscher Zuckerfabrik

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Delitzsch
Kreis(e): Nordsachsen
Bundesland: Sachsen
Koordinate WGS84 51° 30′ 52,98″ N: 12° 19′ 30,05″ O 51,51472°N: 12,32501°O
Koordinate UTM 33.314.396,84 m: 5.710.458,44 m
Koordinate Gauss/Krüger 4.522.666,86 m: 5.708.957,96 m
  • Heizkraftwerk der Zuckerfabrik Delitzsch aus südlicher Richtung

    Heizkraftwerk der Zuckerfabrik Delitzsch aus südlicher Richtung

    Fotograf/Urheber:
    Isabell Schmock-Wieczoreck
    Medientyp:
    Bild
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Die Geschichte der Zuckerfabrik Delitzsch reicht bis ins Ende des 19. Jahrhunderts zurück, als 1889 diverse Aktionäre, darunter Bauern der Umgebung, eine Aktiengesellschaft zur Errichtung einer Rohzuckerfabrik gründeten. Die wenige Jahre später in eine GmbH überführte Organisation errichtete zu Beginn der 1890er Jahre Anlagen zur Verarbeitung der regionalen Zuckerrübenproduktion. Im Süden der Stadt Delitzsch, direkt nördlich der von West (Halle) nach Ost führenden Reichsbahngleise entstand in den folgenden Jahren und Jahrzehnten eine Fabrikanlage, die neben den Produktionsanlagen auch Verwaltungs- und Wohnbauten sowie Lager- und Entsorgungsplätze umfasste. Ein bereits 1906 bestehendes Kesselhaus, das Wärmeenergie zur Gewinnung von Zucker aus Rüben liefert, wurde bald zu klein. Mit der Umstellung auf elektrischen Betrieb seit 1922 wurden auch neue Baulichkeiten für die Lagerung, Trocknung, Verbrennung und Verstromung errichtet. Das 1925 entstandene Kesselhaus wurde 1927 um ein Turbinenhaus und Trocknung ergänzt. Die Entwürfe stammen jeweils von der halleschen Firma Theodor Lehmann, die die Bauten als Eisenbetonkonstruktionen entwarf. Diese wurden südlich des eigentlichen Fabrikgebäudes für die Rübenverarbeitung errichtet und besaßen Anschlussgleise an die Reichsbahn, über die die Kohle aus den nahe gelegenen Braunkohlenrevieren bei Bitterfeld oder Halle direkt angeliefert werden konnten. Nachdem die Maschinen nach Ende des Zweiten Weltkrieges weitgehend demontiert wurden, beschloss die Regierung der DDR 1952 den Wiederaufbau der Fabrik als Produktionsstätte von Weißzucker auf der Grundlage von Zuckerrüben. Die Fabrik wurde schließlich 1955 wiedereröffnet und entwickelte sich bis in die 1980er Jahre zum größten Betrieb der Branche auf dem Gebiet der DDR und wurde eigenständiges Kombinat. Der Wiederaufbau unter Verwendung moderner Anlagen und einem hohen Grad an Mechanisierung der Arbeitsabläufe wurde als Vorzeigeobjekt des sozialistischen Wirtschaftssystems beworben.
Das der Zuckerfabrik, die in zeitlich begrenzten Kampagnen arbeitet, angeschlossene Heizkraftwerk lieferte nicht nur Energie und Abdampf für die Produktion, sondern speiste auch das öffentliche Netz mit beträchtlicher energetischer Leistung. Die in den 1950er Jahren neu installierte Hochdruckkesselanlage war dabei ebenfalls durch automatisierte Arbeitsabläufe bei der Kohlenbeschickung, Entschlackung sowie Wasseraufbereitung modernisiert worden. Eine Greiferbrücke zur Verladung sowie selbstleerende Waggons führten die Braunkohle dem Bunker, der Trocknungsanlage und dem Kesselhaus zu. Bis zur Stilllegung der Fabrik im Jahr 2000 wurden dem Industriekraftwerk noch Mitte der 1990er Jahre Entstaubungs- und Rauchgasentschwefelungsanlagen für die beibehaltene Braunkohlenbefeuerung nachgerüstet. Nach einer missglückten Initiative zum Weiterbetrieb als Biogasanlage wird gegenwärtig über den Abriss der Fabrik und Umgestaltung zu einem Siedlungsareal bzw. Standort eines Forschungszentrums im Kontext des Strukturwandels nachgedacht. Die vor mehr als einhundert Jahren errichtete Zuckerfabrik, in deren historischer Entwicklung die Energieversorgung mit Bau eines Industriekraftwerkes eine zunehmende Rolle spielte, steht in engem Zusammenhang mit der günstigen Verfügbarkeit von Braunkohle. Der an der Reichsbahn gelegene Standort und die Nähe zu im mitteldeutschen Revier gelegenen Braunkohlentagebauen und später dem Aufschluss des unmittelbar benachbarten Tagebaus Delitzsch-Südwest (1976 bis 1992) trugen wesentlich zur expansiven Entwicklung der Zuckerfabrik bei. Die Rolle des Kraftwerkes als Energielieferant für das öffentliche Stromnetz ist dabei ebenso zu berücksichtigen. Das Kraftwerk ist somit von wirtschafts- und regionalgeschichtlicher Relevanz.

(Isabell Schmock-Wieczorek, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2023)

Datierung:
  • Erbauung 1927

Quellen/Literaturangaben:
  • Bernhardt (Werkleiter, VEB Zuckerfabrik Delitzsch): Die Errichtung der Zuckerfabrik Delitzsch - ein Beispiel der fortschreitenden Technisierung unserer Lebensmittel-Industrie; In: Die Lebensmittelindu
  • Gieseler, Albert: Zuckerfabrik Delitzsch; In: Dampfmaschinen und Lokomotiven. URL: http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen0/firmadet2221.shtml.

Bauherr / Auftraggeber:
  • Bauherr: VEB Kombinat Süßwaren Delitzsch (GND: 124767844X)
  • Entwurf/Ausführung: Theodor Lehmann, Beton- und Eisenbau Halle a.S.

BKM-Nummer: 30500171

Kraftwerk der Delitzscher Zuckerfabrik

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Ort
Delitzsch
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
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„Kraftwerk der Delitzscher Zuckerfabrik”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-30500171 (Abgerufen: 25. März 2025)
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