Ehemaliger Zechenstandort Victor I/II

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Castrop-Rauxel
Kreis(e): Recklinghausen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 34′ 35,66″ N: 7° 18′ 5,23″ O 51,57657°N: 7,30145°O
Koordinate UTM 32.382.300,82 m: 5.715.312,15 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.590.263,14 m: 5.716.595,30 m
Ein entscheidender Impuls für die Stadtentwicklung im Norden der Stadt war die Gründung der Zeche Victor im Stadtteil Bladenhorst. Die Lage an der Köln-Mindener-Eisenbahn, heute Hauptbahnhof von Castrop-Rauxel war sehr verkehrsgünstig. Auch die chemische Industrie mit den Anlagen zur Teerverwertung in der Nachbarschaft hatten hier günstigste Voraussetzungen. Ab 1872 erfolgte das Abteufen des Schachtes Victor I, der bis 1907 Förderschacht war und danach bis 1966 als Auszieh-, Seilfahrts- und Materialtransport-Schacht diente. Ab 1894 wurde am Standort Wartburgstraße der Schacht Victor II abgeteuft und die Förderung 1899 aufgenommen. Der Betrieb dauerte bis zur Stillegung im Jahre 1966. Ab 1883 wurde eine Kokerei errichtet und der Standort erhielt mit dem Hafen Victor einen eigenen Verladepunkt am Rhein-Herne-Kanal.

Die Gewerkschaft Victor betrieb als Grundlage für ihre Expansion einen planmä0igen Ankauf von Grundstücken und landwirtschaftlichen Anwesen. So sollte genug Spielraum für den umfangreichen Wohnungsbau und auch für eventuelle Entschädigungen aufgrund von Bergschäden entstehen. So wurde die Zeche vor allem in Habinghorst und Ickern neuer Großgrundbesitzer.
Die Zeche Victor erhielt mit den Schächten III und IV einen neuen Standort an der Langen Straße und gründete 1963 das Verbundbergwerk Victor-Ickern. Nach dem ersten Weltkrieg gehörte die Zeche Victor zur Klöckner Bergbau AG, ab 1969 war dann die Ruhrkohle AG Betreiber. In den 1950er Jahren wurde der Standort zum Sitz der Klöckner-Ferromatik GmbH, Hydraulikstempel für den Bergbau und die Schwerindustrie entwickelte. Das Ferromatik-Werk in Castrop-Rauxel wurde 1992 geschlossen. Das Gelände wurde für eine (gewerbliche) Nachnutzung unter der Bezeichnung Mittelstandspark West vorbereitet. Dazu wurden die Maschinenhäuser, Verwaltung und Betriebsgebäude zwischen 2007 und 2010 abgerissen. Die Schachtöffnungen sind durch Protegohauben gesichert und durch eine adäquate Gestaltung mit Mauern, Zäunen und Freiflächen kenntlich gemacht worden.

Die Geschichte des Bergwerks Victor ist verknüpft mit dem so genannten Masurenaufruf. Als Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel im Ruhrgebiet entstand ein bekanntes Werbeplakat für die Masuren, dass 1887 in vielen Gaststätten dieser Region aushing. Attraktive Landschaft, sozusagen als weicher Standortfaktor, sichere und gut bezahlte Anstellung sowie eine interessante Neubausiedlung mit modernen Unterkünften waren die Pluspunkte, mit denen Bergleute angeworben werden sollten. Die beworbene Werkssiedlung war wohl die Strittheidekolonie, heute Max- und Moritzstraße. Sie bildet die Bergarbeiter-Keimzelle im heutigen Stadtteil Habinghorst.

Masuren! In rein ländlicher Gegend, umgeben von Feldern, Wiesen und Wäldern, den Vorbedingungen von guter Luft, liegt ganz wie ein masurisches Dorf, abseits vom großen Getriebe des westfälischen Industriegebietes, eine reizende, ganz neu erbaute Kolonie der Zeche Victor bei Rauxel. Diese Kolonie besteht vorläufig aus über 40 Häusern und soll später auf etwa 65 Häuser erweitert werden. In jedem Hause sind nur 4 Wohnungen, zwei oben, zwei unten. Zu jeder Wohnung gehören etwa 3 oder 4 Zimmer. Die Decken sind 3 Meter hoch, die Länge bzw. Breite des Fußbodens beträgt über 3 Meter. Jedes Zimmer, sowohl oben, als auch unten, ist also schön groß, hoch und luftig, wie man sie in Städten des Industriegebiets kaum findet.
Zu jeder Wohnung gehört ein guter, hoher und trockener Keller, sodass sich die eingelagerten Früchte, Kartoffeln etc. dort sehr gut erhalten werden.
Ferner gehört ein geräumiger Stall, wo sich jeder sein Schwein, seine Ziege oder seine Hühner halten kann. So braucht der Arbeiter nicht jedes Pfund Fleisch oder seinen Liter Milch zu kaufen...
(zitiert nach Brüggemeier).

(LWL-Amt für Landschafts- und Baukultur, 2010)

Ehemaliger Zechenstandort Victor I/II

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Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:25.000 (kleiner als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten
Historischer Zeitraum
Beginn 1872, Ende 1966

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„Ehemaliger Zechenstandort Victor I/II”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/A-P363L310-20100420-0007 (Abgerufen: 25. April 2024)
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