Weinbaulandschaft Johannisberg

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Denkmalpflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Geisenheim, Oestrich-Winkel
Kreis(e): Rheingau-Taunus-Kreis
Bundesland: Hessen
Koordinate WGS84 50° 00′ 4,13″ N: 7° 58′ 57,31″ O 50,00115°N: 7,98258°O
Koordinate UTM 32.427.087,22 m: 5.539.254,05 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.427.133,17 m: 5.541.030,37 m
  • Weinbaulandschaft Johannisberg

    Weinbaulandschaft Johannisberg

    Copyright-Hinweis:
    Garth, Astrid / Sbrisny, Joachim / Landesamt für Denkmalpflege Hessen
    Fotograf/Urheber:
    Garth, Astrid; Sbrisny, Joachim
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Schloss Johannisberg (2010)

    Schloss Johannisberg (2010)

    Copyright-Hinweis:
    Bernard, Barbara
    Fotograf/Urheber:
    Barbara Bernard
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
Lagebeschreibung
Die Weinbaulandschaft umfasst das Schloss Johannisberg, ehemals Kloster Johannisberg, mit den Wirtschaftsgebäuden und den angrenzenden Weinbauflächen. Landschaftsbildprägend ist der Johannisberg auf dessen Anhöhe das Schloss Johannisberg im Barockstil steht.

Frühe Weinbaugeschichte
Im Hochmittelalter wurden die ertragreichsten Flächen für den Weinbau erschlossen. Dies betraf sowohl die weiten Mittelterrassen wie auch die Steillagen des Rheintals. Bereits 1105 war der Bischofsberg gerodet. Es entstand auf dem weithin sichtbaren Vorberg des Rheingaugebirges die älteste Klostergründung des Rheingaus. Nur wenige Jahre später, im Jahr 1130,weihte der Erzbischof Adalbert die gebaute Kirche „St. Johannes dem Täufer“ und gab dem Benediktinerkloster und Berg nunmehr den Namen „Johannisberg“.

Durch die dort ansässigen Mönche wurden die Hänge des Johannisberges vollständig als Weinberge kultiviert. Sie befinden sich bis heute in ungeteiltem Besitz der Eigentümer. Der Johannisberg zählte von Anbeginn zu den bekanntesten Weinlagen des Rheingaus.

Die runde Bergkuppe wird viertelkreisförmig begrenzt im Westen und Süden durch den Elsterbach mit einer Reihe von Mühlen, die sich im Ortsteil Grund zu einer bandartigen Straßensiedlung verdichtet. Im Süden bildet der Bachlauf mit Wiesen und Mühlenhöfen (Klause, Ankermühle und Weißmühle) am Fuß des Berges den landschaftlichen Rahmen und die Begrenzung. Die auf Winkeler Gemarkung gelegene Klause war als Frauenkloster bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts Bestandteil des Konventes auf dem Berg. Sie wurde dann aufgehoben. 1563 fand die Aufhebung des Klosters Johannisberg statt. Die Geschichte des Johannisbergs war fortan sehr bewegt, oft wechselten die Besitzverhältnisse. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Abteikirche teilweise zerstört.

1716 kaufte schließlich der Fürstabt von Fulda den Besitz. Er ließ von Hofbaumeister Herwarthel bis 1730 eine Schlossanlage im Barockstil errichten. Auch die Kirche erfuhr einen Umbau in barocker Form. Ab 1720 wurden die umgebenden Weinberge in Form einer geschlossenen Rieslingreben-Bestockung erneuert.

Die „Entdeckung der Spätlese“
Der Johannisberg ist als Ort der „Entdeckung der Spätlese“ bekannt. Da der Fürstbischof von Fulda einen Wein von höchster Qualität anstrebte, schrieb er den Zeitpunkt der Lese vor. Wenn die Trauben reif waren, musste ein Kurier die Trauben vom Johannisberg zum Fürstbischof nach Fulda bringen, der nach Verkostung der Trauben den Kurier mit der Leseerlaubnis zurück zum Johannisberg schickte. Im Jahr 1775 kehrte der Kurier jedoch mit großer Verspätung nach Johannisberg zurück. Da die Trauben zu diesem Zeitpunkt überreif geworden waren und bereits faulten, wurden sie mit wenig Hoffnung auf einen qualitativ guten Wein gelesen. Als die Kellermeister den daraus erzeugten Wein verkosteten, waren sie überrascht von der äußerst guten Qualität.

An die „Entdeckung der Spätlese“ erinnert das Denkmal für den Spätlesereiter auf dem von Wirtschaftsgebäuden gefassten Hof. Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch der Idealplan des Schlossparks von einem unbekannten Künstler. Ausgehend von der Erzeugung der ersten Spätlese verfasste der Kurmainzer Hofkammersekretär Heinrich Adam Degenhard 1787 mehrere Reformvorschläge. Aus diesem Bericht geht hervor, dass die „Entdeckung der Spätlese“ ein Zufall gewesen sei und die Weine von 1775 von so herausragender Qualität seien, sodass die Weine der vorherigen Jahrgänge zu deutlich niedrigeren Preisen verkauft werden. Entscheidend für die Einführung von Qualitätsbezeichnungen im Weinbau ist die damalige Forderung, das Spätlesen zum Gesetz zu machen.

Weinbaugeschichte ab 1800
Nach der Säkularisation gelangte Johannisberg zwischenzeitlich in nassauischen Besitz, um schließlich auf dem Wiener Kongress Kaiser Franz I. von Österreich übereignet zu werden. 1816 verlieh der Monarch die Domäne Johannisberg an den Fürst von Metternich-Winneburg als Anerkennung seiner Dienste. Von Metternich investierte in den Weinbau. Darüber hinaus wurde unter der Leitung des Darmstädter Architekten und großherzoglich-hessischen Hofbaumeisters Georg Moller der Hauptbau des Schlossgebäudes klassizistisch umgestaltet. Metternich ließ auch den Schlosspark im englischen Stil anlegen. Dafür gewann er den Frankfurter Stadtgärtner Sebastian Rinz.

Der Johannisberg entwickelte sich schließlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem Ziel des aufkommenden Rheintourismus. Der Weinausschank findet bis heute auf der Schlossterrasse statt. Durch den mit Wein berankten Laubengang im Süden des Schlosses gelangt man auf die Aussichtsterrasse, die einen beeindruckenden Panoramablick in den Rheingau ermöglicht. Bis in die 1950er Jahre überdachte ein Holzpavillon die Terrasse.

Im August 1942 wurden bei einem Bombenangriff die Schlossanlage und die Ökonomiegebäude weitgehend zerstört. Die Weinberge dagegen hatten nur unwesentlich Schaden erlitten. Nach dem Krieg wurde die Schlossanlage bis 1965 von Paul Alfons Fürst von Metternich wieder aufgebaut. Das Schloss blieb bis Mitte 2000 im Besitz der Familie von Metternich-Winneburg. Heute gehört es samt seiner Weinberge dem „Dr. Oetker“ Konzern.

Eine ca. 320 Meter lange, von Hainbuchenhecken gesäumte Ahorn-Allee bildet die Verbindung zwischen dem Schloss und dem Ort Johannisberg. Sie wurde im 19. Jahrhundert angelegt.

Gesamtschau
Die Weinbaulandschaft Johannisberg als Funktionsgefüge aus Weinberg, Schloss- und Parkanlage, Aussichtsterrasse sowie Allee und Elsterbachtal samt Johannisberger Klause ist von sehr hohem Zeugniswert. Ereignisse wie die „Entdeckung der Spätlese“ oder die frühe Kultivierung von Rieslingreben sind zudem als immaterielles Kulturerbe von großer Bedeutung für die Entwicklung des Weinanbaugebietes. Aufgrund der exponierten Lage und der historischen Bedeutung für den Rheingauer Weinbau ist Schloss Johannisberg von überaus Identität stiftender Wirkung und Anziehungspunkt für viele Touristen.

(Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2011/ Madeleine Weyand, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2020)

Literatur

Büttner, Thomas; Burggraaff, Peter; Recker, Udo; Söder, Dagmar / Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.) (2012)
Kulturlandschaftsschutz auf der kommunalen Ebene. Managementplan für die nachhaltige Entwicklung der Kulturlandschaft des Rheingau-Taunus-Kreises. (Arbeitsheft des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, 22.) Wiesbaden.
Engel, Janette; Helwig, Simone; Goldhammer, Maria; Merfels, Silvana / Fachhochschule Wiesbaden, Fachbereich Geisenheim (Hrsg.) (2007)
Denkmalpflegerischer Bericht „Schloss Johannisberg“. Erstellt im Seminar Denkmalpflege im WS 2006/07 bei Prof. Dr. Grit Hottenträger, Fachhochschule Wiesbaden. Geisenheim.
Förderkreis Weindorf Johannisberg e.V. (Hrsg.) (2006)
Johannisberg im Rheingau. Menschen, Bilder, Traditionen. Geisenheim.
Söder, Dagmar / Landesamt für Denkmalpflege Hessen (LfDH) (Hrsg.) (2013)
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen: Rheingau-Taunus-Kreis I. (Altkreis Rheingau). Wiesbaden.
Staab, Josef (2001)
Schloss Johannisberg. neun Jahrhunderte Weinkultur am Rhein = nine centuries of wine and culture on the Rhine. o. O.

Weinbaulandschaft Johannisberg

Schlagwörter
Ort
65366 Geisenheim
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Denkmalpflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Fernerkundung
Historischer Zeitraum
Beginn 1105

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt steht unter der freien Lizenz CC BY-SA 4.0 (Namensnennung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen). Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
„Weinbaulandschaft Johannisberg”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/P-TB-20110316-0014 (Abgerufen: 26. April 2024)
Seitenanfang