Krupp Stahlwerk Rheinhausen

Friedrich-Alfred-Hütte

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Duisburg
Kreis(e): Duisburg
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 23′ 34,33″ N: 6° 43′ 23,01″ O 51,39287°N: 6,72306°O
Koordinate UTM 32.341.590,19 m: 5.695.975,05 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.550.370,14 m: 5.695.601,84 m
  • Ansicht der Kruppschen Hüttenwerke Rheinhausen vom Beginn des 20. Jahrhunderts

    Ansicht der Kruppschen Hüttenwerke Rheinhausen vom Beginn des 20. Jahrhunderts

    Copyright-Hinweis:
    gemeinfrei / public domain
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Tor 1 des ehemaligen Krupp Hüttenwerks Rheinhausen nach der Umgestaltung im Oktober 2013

    Tor 1 des ehemaligen Krupp Hüttenwerks Rheinhausen nach der Umgestaltung im Oktober 2013

    Copyright-Hinweis:
    Gelhar, Martina / LVR-Fachbereich Umwelt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Tor 1 des ehemaligen Krupp Hüttenwerks Rheinhausen (2013)

    Tor 1 des ehemaligen Krupp Hüttenwerks Rheinhausen (2013)

    Copyright-Hinweis:
    Gelhar, Martina
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Ehemalige Stahlkochbehälter als Kunstinstallation unter dem Motto "Stahlkochen ist Kunst" auf dem Gelände der Langen Foundation, ehemalige Raketenstation Neuss-Hombroich (2014).

    Ehemalige Stahlkochbehälter als Kunstinstallation unter dem Motto "Stahlkochen ist Kunst" auf dem Gelände der Langen Foundation, ehemalige Raketenstation Neuss-Hombroich (2014).

    Copyright-Hinweis:
    Knöchel, Franz-Josef / CC-BY-NC-SA
    Fotograf/Urheber:
    Franz-Josef Knöchel
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
Standortfaktoren und Gründung des Hüttenwerks
Im Jahr 1893 gründete Friedrich Alfred Krupp das integrierte Hüttenwerk Rheinhausen im Zuge des Ausbaus der Essener Gussstahlfabrik zum Konzern. 1897 wurde der erste Hochofen angeblasen. Das neue, 1904 in Friedrich-Alfred-Hütte umbenannte Werk, war für eine Produktionssteigerung innerhalb der Firma Krupp notwendig geworden, denn bestehende Standorte wie die Johannishütte im rechtsrheinischen Duisburg-Hochfeld und die Hochofenwerke am Mittelrhein stießen an ihre räumlichen und kapazitätsmäßigen Grenzen.
Der Rhein war zum Ende des 19. Jahrhunderts ein für die Eisen- und Stahlindustrie herausragender Transportweg, da er die Transportkosten minimierte. Bis heute lassen sich schwere Materialien wie z.B. Erze aus Übersee auf langen Strecken per Schiff besonders preisgünstig transportieren. Werke, die über eine Kombination der Verkehrsträger Schiene und Rhein verfügten, waren bereits im Industrialisierungszeitalter besonders bevorteilt.
Friedrich Alfred Krupp entschloss sich weitblickend, umfangreiche Grundstückskäufe auf der linken Duisburger Rheinseite zu tätigen. Die dortige Agrarlandschaft wurde nur durch verstreut liegende Ziegeleifelder und Abgrabungenstandorte unterbrochen. Einige wenige Bauerngehöfte entlang der Bliersheimerstraße, im Bereich südlich des heutigen Gaterwegs, waren die einzigen Siedlungsstandorte im zukünftigen Werksbereich. Die mit dem Hüttenwerk entstandene Beamtensiedlung Bliersheim erinnert heute namentlich an diese ehemalige Gemeinde und das Dorf Bliersheim.

Die Gründung des Hüttenwerks fiel in die hochkonjunkturelle Expansionsphase der Ruhrgebietswirtschaft und spiegelt die zeittypische Erweiterung und Verlagerung von Betrieben an die verkehrstechnisch bevorzugte Rheinfront wider.
Dass im Raum Rheinhausen das einzige linksrheinische Hüttenwerk Duisburgs entstand, ist durch folgende weitere Faktoren zu erklären:
  • In der Gründungszeit war die Bauernschaft Rheinhausen nur sehr dünn besiedelt, es stand also ausreichend Freifläche zur Verfügung.
  • Die vorhandende Eisenbahnlinie sicherte mit der Querung des Rheins über die Brücke Rheinhausen-Hochfeld die Anbindung an die Kruppschen Stammbetriebe in Essen, das heißt an die Gussstahlfabrik und die konzerneigenen Zechen. Deren Lage im Großraum Essen und die Probleme beim Abteufen der Zeche Rossenray (siehe unten) erklären, weshalb bis in die 1960er Jahre eine Verflechtung mit den örtlichen linksrheinischen Zechen fehlt.
  • Die Belegschaft der rechtsrheinischen Johannishütte konnte übernommen werden.
  • Der Kohlebedarf sollte zukünftig über eigene linksrheinische Zechen gedeckt werden. Die Firma Krupp konnte sich 1937 dazu alle Kuxen (Anteilsscheine) der Gewerkschaft Rossenray im Raum Kamp-Lintfort und Rheinberg sichern. Allerdings kam die gleichnamige Zeche erst 1962 als letztes neu in Betrieb gegangenes Bergwerk des Ruhrgebiets in Förderung, nachdem bereits vor dem Ersten Weltkrieg die Abteufarbeiten begonnen hatten. Wegen der schwierigen geologischen Verhältnisse mussten diese aber wiederholt eingestellt werden (Bergbau Archiv Bochum).

Entwicklung des integrierten Hüttenwerks
Weltweit führendes Werk
Die Kruppwerke konnten mit der Friedrich-Alfred-Hütte ihre Roheisen-, Rohstahl- und Walzwerksbasis erheblich erweitern, ein Umstand, der vor dem Hintergrund produktionstechnischer Innovationen wie dem Thomasstahl-Verfahren zu einem spürbaren Anstieg der Massenstahlproduktion führte. Das Thomasstahl-Verfahren erforderte phosphorreiche Erze, die über den Rhein aus den lothringischen Erzminen des Konzerns sowie aus dem Lahngebiet angeliefert wurden. Ab 1905 wurde in Rheinhausen Thomasstahl produziert, seit 1900 Siemens-Martin-Stahl.
Die wichtigsten Betriebseinheiten des Hüttenwerks wurden in der Zeit zwischen 1896 und 1910 erbaut. 1907 wurde für den Hüttenbau die Abteilung Friedrich Krupp Maschinen- und Stahlbau Rheinhausen gegründet, deren erfolgreiche Tätigkeit 1916 in die Gründung der Stahlhoch- und Brückenbauanstalt in Bliersheim mündete. Dieser Betriebsteil wurde 1941 als Friedrich Krupp Stahlbau Rheinhausen innerhalb des Krupp-Konzerns verselbstständigt. Erfolgreich war diese Abteilung im Brücken- und Hallenbau, vor und während der Kriegszeit insbesondere beim Bau schwerer Kriegsbrücken und Schwimmdocks für die Marine. Zum Beispiel wurde die Eisenbahnbrücke Hochfeld 1925/27 zusammen mit der zweiten Duisburger Brückenbauanstalt Harkort fertiggestellt.
Noch vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs war das Hüttenwerk mit 10 Hochöfen und einer Leistungsfähigkeit von 3400 Tonnen/Stunde das größte Europas (Spethmann 1995, S. 470). Dabei nahm der Anteil der Roheisenlieferungen nach Essen beständig ab, dafür stieg der direkte Absatzes der Rheinhausener Produkte (Roheisen, Rohstahl, Walzmaterial, Stahlbauteile). Eine führende Stellung nahm das Werk bei der Produktion von Eisenbahnschienen und Spundwandeisen ein (Wehling 1994, S. 12).

Mitte der 1930er Jahre wurden im Zuge der militärischen Aufrüstung im „Dritten Reich“ die höchsten Produktionsmengen erreicht. Nach 1945 konnte eine komplette Demontage verhindert werden. Mit der nachkriegszeitlichen Konzernentflechtung wurde 1947 die „Hüttenwerk Rheinhausen AG“ gegründet. Seit Beginn der 1960er Jahre gehörte der Standort wieder zum Krupp-Konzern.

Das Ende einer Ära
Nach technischen Modernisierungen und einer neuen Blüte in Zusammenhang mit dem Wirtschaftswunder geriet das Werk in den Sog der Stahlkrise und des EU-weiten Kapazitätsabbaus in der Stahlindustrie. Dies äußerte sich zunächst in der Schließung des Walzwerks 1982. Der Arbeitskampf von 1987/88 (Werkstor 1, Brücke der Solidarität) läutete dann das endgültige Ende des Stahlstandorts (1993) ein.

Umnutzung zum Logistikstandort
Nach Jahren als Industriebarche wurde das Gelände des Hüttenwerks Rheinhausen bis 1999 flächensaniert. Nur das Werkstor 1, die Siedlung Bliersheim, der Werkshafen von 1897 sowie ein Teil der ehemals 150 Kilometer Werksgleisanlagen (Günter 2001, S. 273) wurden nicht abgerissen. Die Duisburg-Ruhrorter Häfen AG erwarb das 265 Hektar große Gelände und baute es zum Logistikstandort „Logport“ um, einem mittlerweile international akzeptierten „Hinterland-Hub“ der Nordseehäfen. Von hier aus werden Container nach ganz Europa verteilt (Gateway-Funktion). Duisburg hat seine Position als „Drehkreuz des Westens“ dadurch deutlich gefestigt. Die erreichte Kapazitätserweiterung der Duisburger Häfen sichert dem Logistikstandort Duisburg wichtige Wettbewerbsvorteile, was sich an den hier ansässigen Global-Playern der Branche ablesen lässt (Boldt/Gelhar 2010).
Die für das Hüttenwerk seinerzeit idealen Standortvoraussetzungen lassen sich im 21. Jahrhundert für die Logistikbranche nutzen: herausragend ist die Kombination der verschiedenen Verkehrsträger Schiff-Bahn-LKW. Diese Trimodalität an der wichtigsten europäischen Wasserstraße gewährleistet in Kombination mit modernster Technologie in den Containerterminals den Erfolg des Standorts.

Kulturlandschaftliche Bedeutung
Der heutige Duisburger Stadtteil Rheinhausen entstand maßgeblich durch die Siedlungsbautätigkeit der Friedrich-Alfred-Hütte.
Mit dem Abriss der Hütte ist der Entwicklungskern des Stadtteils aus der Landschaft getilgt worden. An seiner Stelle erstreckt sich heute eines jener gesichtslosen und austauschbaren Logistikzentren des postindustriellen Globalisierungszeitalters. Im Siedlungsbereich Rheinhausen erinnern hingegen noch sehr viele bauliche und strukturelle Zeugen an die 100-jährige Kruppsche Vergangenheit.

(Martina Gelhar, LVR Fachbereich Umwelt, 2013)

Das Krupp Stahlwerk Rheinhausen (Friedrich-Alfred-Hütte) war KuLaDig-Objekt des Monats im November 2013.

Literatur

Boldt, Kai-William; Gelhar, Martina (2010)
Duisburg: Von der Stadt Montan zum Drehkreuz des Westens. In: Geographische Rundschau 2, S. 26-33. o. O.
Bongertz, Konrad (1947)
Wirtschaftsstruktur des Kreises Moers. S. 24, Köln.
Butzin, Bernhard (u.a.) (2009)
Regionalkundliches Informationssystem des RVR zum Ruhrgebiet. o. O. Online verfügbar: http://www.ruhrgebiet-regionalkunde.de/ris_index.php, abgerufen am 15.08.2012
Günter, Roland (2001)
Besichtigung unseres Zeitalters - Industrie-Kultur in Nordrhein-Westfalen. Ein Handbuch für Reisen. S. 272ff., Essen.
Scholten, Wilfried (1969)
Rheinhausen. Industrie und Bergbaustadt am Linken Niederrhein. Eine siedlungs- und wirtschaftsgeographische Untersuchung. Marburg.
Spethmann, Hans (1995)
Das Ruhrgebiet im Wechselspiel von Land und Leuten, Wirtschaft, Technik und Verkehr. Essen (unveränd. Nachdruck der Ausgabe 1933).
Vonde, Detlef (1989)
Revier der großen Dörfer. Industrialisierung und Stadtentwicklung im Ruhrgebiet. S. 17, Essen.
Wehling, Hans-Werner (1994)
Werks- und Genossenschaftssiedlungen im Ruhrgebiet 1844-1939, Band II: Duisburg-Rheinhausen, Duisburg-Homberg/Ruhrort. Essen.
(o.J.)
Bestand 165 Schachtanlage Rossenray, Kamp-Lintfort. o. O. Online verfügbar: http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/bestand.jsp?archivNr=421&tektId=70, abgerufen am 10.09.2013

Krupp Stahlwerk Rheinhausen

Schlagwörter
Ort
47226 Duisburg - Rheinhausen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1893, Ende nach 1993

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
Martina Gelhar, 2013: „Krupp Stahlwerk Rheinhausen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-73697-20130910-2 (Abgerufen: 16. April 2024)
Seitenanfang