Kurzbeschreibung des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland
1950 Beginn der Entwurfsarbeiten nach Erwerb des Grundstücks durch die Bundesregierung 1953-54 Errichtung des Bundesministeriums für Post und Fernmeldewesen Architekt Josef Trimborn, Bonn; Mitarbeiter: Karl Löke, Hartrad Mayer-Seipp, Viktor Sauer, Josef Michael Thomas 1960 Erhöhung des Rheinflügels um ein Geschoss Gartenarchitekt Friedrich Schaub, Köln.
Lage Das ehemalige Ministerium liegt zwischen Rheinufer und Adenauerallee an der Zweiten Fährgasse an der Stelle der 1838/39 erbauten und bis 1939 bestehenden Steingutfabrik und Kunsttöpferei Franz Anton Mehlem. Das Geländegefälle von annähernd 11 Metern von der Adenauerallee zur Rheinpromenade wird durch die 9 Meter hohe Promenadenmauer ausgeglichen, so dass der Bau auf einem nur leicht geneigten Grundstück errichtet werden konnte.
Gebäude Im Kern besteht der Baukörper aus einer von der Straßenfront zurückgesetzten Vierflügelanlage. Die Anlage ist im Grundriss quadratisch, mit einer Seitenlänge von etwa 80 Metern und einem 2.750 Quadratmeter großen Innenhof. Der Bau ist hell verputzt, gedeckt mit flachen Schieferwalmdächern. Der sechsgeschossige Trakt parallel zur Rheinuferpromenade kreuzt leicht vorspringend den Nordflügel und ragt über den Südflügel um drei bzw. an der Westseite vier Fensterachsen hinaus; der Flügel parallel zur Straße und die Seitenflügel sind dreigeschossig. Südlich anschließend an der Adenauerallee in der Flucht und Bautiefe der folgenden Zeilenbauten lang gestreckter viergeschossiger separater Riegel, durch zweigeschossige Brücke mit der Südwestecke des Hauptbaukörpers verbunden. Außenwände aus verputztem Schüttbeton aus Lavalith, innere Konstruktion in Skelettbauweise aus Stahlbetonstützen; weiß gestrichene Fassaden durch hochrechteckige mit der Fassadenebene bündige Fensterreihen mit hellblauen Rahmen gegliedert. Fenster aus schmalen Aluminiumprofilen durch Mittelpfosten zweiflügelig und durch einen horizontalen Holm in Brüstungshöhe kreuzfömig geteilt; türhohe Fensterelemente im Erdgeschoss und großflügelige Fenster der Treppenhäuser, Stahlprofilkonstruktion. Risalitartig vorspringender Eingangsbereich an der Nord-Westecke, Eingangsportikus: um zwei Achsen vorgezogenes Walmdach mit fünf Gliederungsfeldern auf zehn schlanken gebäudehohen Stahlbetonrechteckstützen. Die zurückliegende Eingangsfassade nimmt die herrschaftlich-monumentale Geste in strenger symmetrischer Gliederung auf. Mittig doppelflügeliges Hauptportal, flankiert von je zwei breit rechteckigen Fenstern; zweigeschossige senkrecht gegliederte Glaswand des darüber liegenden Konferenzsaales. Brüstungsfelder und Eingangslaibungen mit blaugrauen Mosaiken belegt; über dem Portal achteckige Bronzeplatte mit dem runden Poststempel nachempfundenem Flachrelief mit Bundesadler und Umschrift „BPMADMCMLIV“ (Bundespostministerium Anno Domini 1954), Entwurf Hans Wimmer; architektonisch spannungsreicher Akzent im Innenhof durch gläsernen Treppenturm. Stirnseite des Nordtrakts zweigeschossig aus der Promenadenmauer entwickelt, (vermutlich Rest der Einfriedung des Fabrikgeländes), in Streifen mit Basalt und Backstein verkleidet; fünf die Erdteile und damit das weitgespannte Tätigkeitsfeld der Post symbolisierende Tierplastiken aus Bronze auf Konsolen unterhalb der Traufkante, Entwurf Hans Wimmer.
Gebäudeinneres Eingangsbereich mit Pförtnerloge und Warteräumen, großzügiges lichtdurchflutetes Foyer mit Treppenaufgang, zweihüftige Gebäudeflügel mit Reihung von insgesamt 350 Büroräumen. Räume mit besonderer Funktion: ein kleiner und ein großer Sitzungssaal, Vortragsraum, Kasino (Speisesaal / Kantine), Werberaum für Ausstellungen und Bücherei. Vortrags- und Sitzungssaal im Erdgeschoss des Nordflügels, über den Ostflügel hinausgeschoben, geschlossene Stirnseite, Nord- und Südwand als Glasflächen ausgeführt. Der Saal ist heute Bibliothek. In besonderer Weise gestaltete und ausgestattete Räume sind der Speisesaal im Erdgeschoss des Rheintraktes, der Sitzungssaal an der Rheinfront und der Konferenzsaal im ersten Obergeschoss über dem Eingang. Im Speisesaal ermöglichen 10 Rundsäulen einen großflächigen Raumzuschnitt. Die Säulen sind als Gestaltungselemente eingesetzt, durch gebogene weiße Opakglasplatten mit figürlichen, zum Teil gold gefassten Glasschliffarbeiten nach Entwurf von Carl Crodel aus München verkleidet. Je acht an einem Messingring über den Säulen installierte Lampen mit gebogenen Hälsen und kelchfömigen Glasschirmen ähneln in der Großform Blütenkronen. Die lange Rückwand ist durch geschwungene senkrecht strukturierte Holzelemente mit angedeuteten Nischen gegliedert. Der Saal ist heute (wohl seit 1987) rheinseitig um die Fläche der ehemaligen Terrasse erweitert und zum Rhein durch eine schräg gestellte wellenförmige Glasfassade geschlossen. Der Konferenzsaal über dem Haupteingang weist eine Art Kölner Decke auf, wobei die zurückliegenden Felder mit dunkelroten Kunststoffplatten gefüllt sind. Die Fußbodenbeläge sind aus Naturstein und zum Teil zweifarbigem Linoleum. In dem Baukörpertrakt entlang der Straße befand sich ursprünglich die Bibliothek.
An der Südostecke des Grundstücks steht ein rechteckiger Pavillon mit flach geneigtem Zeltdach, mit Kupferdeckung, bekrönt durch einen vergoldeten, zu einer Kugel geformten Lorbeerkranz; im Inneren neue Wendeltreppe, Zugang zur Uferpromenade in Kaimauer des Wilhelm-Spiritus-Ufers eingeschnitten; der Pavillon steht in der Tradition der seit dem 18. Jahrhundert üblichen überdachten Sitzplätze, Garten- und Teehäuschen am Rhein. Er dient als Verbindungselement zwischen Promenade und Postministerium.
Kunst am Bau Im Hof Bronzefigur „La Sodanelle“, Gerhard Marcks; vor dem Pavillon abstrahierter Bundesadler aus Bronze, Künstler unbekannt, vom ehemaligen Bundesrechnungshof in Frankfurt hierher versetzt; Eisenskulptur von Prager.
Begründung des Denkmalwertes Als eines der frühen Ministerien zählt das Objekt zu den wichtigsten Zeugnissen deutscher Nachkriegsgeschichte. Der Bau steht in der Tradition des Neoklassizismus der 1920er Jahre, vermittelt zwischen Tradition und Neubeginn, zeichnet sich aus durch Wiederaufnahme der Leichtigkeit, Überwindung des Material-Intensiven / der Materialschwere durch Skelettbauweise, große Glasflächen vermitteln Durchsichtigkeit; die Architektur verbindet Repräsentation mit der Zweckmäßigkeit eines Bürogebäudes; Baumassen und Proportionen sind sowohl auf die Uferbebauung an der Rheinfront und in Nachbarschaft zum Ernst-Moritz-Arndt-Haus als auch auf die Bebauung an der Adenauerallee abgestimmt.
Das Objekt „ehemaliges Bundespostministerium“ ist ein eingetragenes Baudenkmal (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Nr. 26339 / Denkmalliste der Stadt Bonn, laufende Nr. A 1111). Seit 2000 ist das Gebäude Sitz des Bundesrechnungshofs.
(Angelika Schyma und Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2005)
Literatur
Honnef, Klaus; Schmidt, Hans M. (1985)
Aus den Trümmern Neubeginn und Kontinuität. Kunst und Kultur im Rheinland und in Westfalen 1945-1952. Köln.
Knopp, Gisbert (1986)
Bundespostministerium in Gefahr. In: Denkmalpflege im Rheinland 2, Essen.
Trimborn, Josef (1958)
Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen in Bonn. In: Baumeister, 55. Jahrgang Heft 1, o. O.
Vogt, Helmut / Stadt Bonn, Stadtarchiv und Wissenschaftliche Stadtbibliothek (Hrsg.) (1999)
„Der Herr Minister wohnt in einem Dienstwagen auf Gleis 4“, Die Anfänge des Bundes in Bonn 1949/50. S. 177, Bonn.
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