Inmitten des Nürburgrings, der 1927 als „Gebirgs-, Renn- und Prüfungsstrecke“ eingeweihten und als „Grüne Hölle“ weltbekannt gewordenen Rennstrecke in der Eifel, befindet sich zwischen der „neuen“ Grand Prix-Strecke und der inzwischen „alten“ Nordschleife das alte Fahrerlager, das heute wieder in seiner ursprünglichen Gestalt erkennbar ist.
Das alte Fahrerlager Meist in Nachbarschaft zur Boxengasse – dem Bereich unmittelbar an einer Rennstrecke, in dem die Fahrzeuge während des Rennen betankt und technisch versorgt werden – werden in einem Fahrerlager während einer Veranstaltung die Teilnehmer, deren Fahrzeuge oder auch die Rennleitung untergebracht. Heute ist ein Fahrerlager schon aus Sicherheitsgründen zumeist ein räumlich abgegrenzter Bereich, ein Parc fermé (französisch für 'geschlossener Park'). In früheren Zeiten war der Zugang meist noch für die Zuschauer möglich, was heute nur noch selten bzw. bei eher unbedeutenderen Veranstaltungen der Fall ist.
Das historische Fahrerlager am Nürburgring wird vor Ort als das „älteste Boxengeviert der Welt“ und „Herzstück des historischen Nürburgrings“ beworben: „Weltweit, einzigartig, authentisch, geschichtsträchtig. Im Jahr 1927 zur Eröffnung des Nürburgrings fertiggestellt ist die Anordnung von mehr als 50 Fahrzeugboxen in rechtwinkliger Ausrichtung zum Synonym für eine Paddock-Anlage geworden“ (nuerburgring.de, Historisches Fahrerlager, 2014). Bis weit in die 1970er Jahre war auch das Fahrerlager am „Ring“ für die Rennsportfans noch halbwegs „offen“ – d.h., es war mit ein paar Tricks möglich, dort hineinzukommen und den Mechanikern über die Schultern zu gucken und die Technik aus nächster Nähe zu bewundern oder sogar mit den Fahrern zu sprechen und sich ein Autogramm zu sichern. Im modernen Rennsport war dies dann irgendwann schon alleine aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich.
Immerhin bis ins Jahr 1983 wurde das alte Fahrerlager in seinem ursprünglichen Zustand genutzt, bevor es durch die moderneren Anlagen im Innenbereich der neuen Grand Prix-Strecke abgelöst wurde. Der Weg dorthin führt auch heute noch durch einen Tunnel, der an der damaligen „Shell-Säule“ am „Start- und Zielplatz“ endete (heute im Bereich des neuen Fahrerlagers). In den folgenden Jahren verfiel das ungenutzte Fahrerlager zusehends und diente im Grunde nur noch als Durchfahrt für den inneren Bereich der neuen Grand Prix-Strecke – auch die Spuren seiner früheren Funktion verschwanden in den folgenden Jahrzehnten zusehends und die Bedeutung des Areals war nur noch eingeweihten Ring-Kennern bewusst.
Die Einrichtung des Paddocks und die Boxen / Garagen Die vier außen jeweils rund 85 Meter langen Boxenstränge sind als etwa 7.200 Quadratmeter umfassendes Carré rechtwinklig um den gut 4.400 Quadratmeter großen zentralen Platz herum angeordnet. Mittig auf diesem befand sich ursprünglich eine große Waschhalle. Diese verschwand im Laufe der Zeit ebenso wie die frühere Box Nr. 18, die einer Zufahrt zum offenbar aus Platznot eingerichteten Industrielager nordwestlich des Fahrerlagers weichen musste (nach dem dort ansässigen Rennteam aus Niederzissen auch „Zakspeed-Lager“ oder „Zakspeed-Gelände“ genannt, zeitweise auch mit einer Rennfahrerschule). Im Zuge des Baus der Grand-Prix-Strecke ab Ende 1982 wurde der Durchgangstunnel zur Strecke verbreitert.
Ursprünglich verfügte das Fahrerlager über 70 Boxengaragen, davon waren 58 für Automobile und 12 für Motorrräder vorgesehen (Rhein-Zeitung 2017). Die mit Platten aus Glasfaserbeton bzw. mit Wellblechen verkleideten Garagenboxen selbst sind im Inneren ca. 6,10 Meter lang und werden mit Rolltoren verschlossen (www.nordschleifologie.de).
Das renovierte „historische“ Fahrerlager Die Anlage wurde von Sommer 2010 bis Frühsommer 2011 aufwendig restauriert und ausgebessert. Nach der umfassenden Renovierung wurde das Fahrerlager schließlich am 30. April 2011 im Rahmen einer Oldtimer-Veranstaltung in einem vorgeblich „ursprünglich belassenen“ Zustand wieder eröffnet: „Mit einem 100-Punkte-Plan wurde das Fahrerlager renoviert und in Teilen restauriert. Emailletafeln mit Boxennummern wurden wieder angebracht, die Boxenfronten repariert und die Boxen innen und außen renoviert. Alte Reklame-Schilder aus Sammlungen und den Nürburgring-Lagern wieder zusammen getragen, der Standort der alten Waage wurde sichtbar gemacht und vieles mehr“ (www.nuerburgring.de, Historisches Fahrerlager, 2014). „Boxen wurden wieder zurückgebaut, Emaillelampen nach alten Unterlagen gefertigt und wieder in den restaurierten Boxen aufgehangen, mit den alten Farbmischungen die Boxenwände gestrichen und Metallschilder zur Kennzeichnung der Boxen angebracht. Alles Moderne wurde verbannt bzw. so platziert, dass es nicht sichtbar ist.“ (www.nuerburgring.de Historisches Fahrerlager, 2020).
An den meisten der Garagenboxen wurden Namensschilder berühmter Rennfahrer zu deren Ehrung angebracht, ferner wurden hier Gedenkplaketten, altertümliche Megafone und Nationalflaggen montiert. An der Nordseite, gleich über der Durchfahrt zum Fahrerlager der Grand Prix-Strecke, wurde der alte Werbespruch des Rings von 1935 großformatig installiert, der auf den langjährigen Pressesprecher des Rings und späteren Vorsitzenden des ADAC Hans Peter Bretz (1897-1976) zurückgeht: „Jeder lobt was Nürburgring erprobt“.
Aktuelle Situation und Denkmalschutz Auch wenn der heutige Zustand des Fahrerlagers weniger als „ursprünglich belassen“ bezeichnet werden sollte, sondern eher als „altertümlich wiederhergestellt“, so kann die Wiederherstellung des „alten“ Aussehens doch als gelungen bezeichnet werden – was nicht zuletzt auch ein Vergleich mit historischen Bildern und Ansichten des Fahrerlagers zeigt (vgl. die Bilder in der Mediengalerie und v.a. die zahlreichen historischen Aufnahmen unter www.pro-steilstrecke.de oder www.nordschleifologie.de). Wie auch andere Bereiche des „Rings“ kann das Fahrerlager für Veranstaltungen als Eventlocation angemietet werden.
Es gab immer wieder Bestrebungen, die historischen Teile des Nürburgrings – insbesondere das alte Fahrerlager, die Reste der Steilstrecke und die Südschleife – unter Denkmalschutz zu stellen. Die aktuelle Denkmalliste des Kreises Ahrweiler weist diese jedoch nicht als Denkmale aus (vgl. Denkmalverzeichnis Kreis Ahrweiler 2013, S. 33 und ebd. im Stand vom 12.05.2020, S. 52f.).
Quelle „Preußisch Sibirien erwacht. Der Bau des Nürburgrings bringt Geld und Arbeit in die mittellose Eifel“ (Rhein-Zeitung vom 25.03.2017)
Internet www.nuerburgring.de: Historisches Fahrerlager (abgerufen 22.10.2020) www.nordschleifologie.de: Das Historische Fahrerlager des Nürburgrings (abgerufen 22.11.2020) www.pro-steilstrecke.de: Umfangreiche Bildergalerien mit zahlreichen historischen Aufnahmen aus dem Fahrerlager (abgerufen 21.01.2014) de.wikipedia.org: Historisches Fahrerlager am Nürburgring (abgerufen 07.05.2021) www.rheinische-geschichte.lvr.de: Der Nürburgring 1925-1945 (Text Jürgen Haffke, abgerufen 20.01.2014) www.nuerburgring.de: Historisches Fahrerlager (abgerufen 20.01.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 27.03.2017) www.nuerburgring.de: Webcam aus dem historischen Fahrerlager (abgerufen 20.01.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 20.10.2020) www.motor-klassik.de: Nürburgring: Historisches Fahrerlager – Neueröffnung nach Umbauarbeiten (undatiert, wohl 2011, abgerufen 20.01.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 27.03.2017)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Ahrweiler. Denkmalverzeichnis Kreis Ahrweiler, 12. Juni 2023. Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Ahrweiler, abgerufen am 15.06.2023
RSR Nürburgring GmbH (Hrsg.) (2019)
Nürburgring Nordschleife, Besucherinformation 2019. o. O.
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