Barockanwesen Friedhofstraße 2 in Maikammer

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Landeskunde, Architekturgeschichte
Gemeinde(n): Maikammer
Kreis(e): Südliche Weinstraße
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 49° 18′ 17,82″ N: 8° 07′ 47,32″ O 49,30495°N: 8,12981°O
Koordinate UTM 32.436.742,02 m: 5.461.720,88 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.436.792,18 m: 5.463.466,58 m
  • Hintergasse (Friedhofstraße) Maikammer (1915)

    Hintergasse (Friedhofstraße) Maikammer (1915)

    Copyright-Hinweis:
    Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler)
    Fotograf/Urheber:
    Unbekannt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
Das Anwesen wurde im Jahr 1725 erbaut und ist heute ein Wohnaus. Das Haupthaus im Süden zur St. Martinerstraße hin ist ein typischer profaner Barockbau des frühen 18. Jahrhunderts. Fassadengliederung, profilierte Fensterlaibungen und vor allem das mächtige freitragende Dach sind beredte Zeugen des barocken Stils. Nach Norden schließt sich ein 1925 eingefügter Überbau an, der heute als Einfahrt genutzt wird.

Zum Anwesen gehört ein dritter Gebäudeteil, nördlich angrenzend in der Friedhofstraße. Dieser Gebäudeteil diente der ehemals hier untergebrachten Weinkellerei als Kelterhaus, Lagerraum für Zucker, Aufenthalt für die beschäftigten Küfer und die Faß- und Kellereiarbeiten. Im darunter gelegenen Kellergewölbe, fanden bis zu 10 Holzfässer mit bis zu je 9500 Liter Volumen Platz.

Entstehungsgeschichte und Eigentümer
Das Haupthaus wurde in der aufstrebenden Zeit nach den verheerenden Kriegen Ausgang des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts gebaut. Nach dem pfälzischen und dem spanischen Erbfolgekrieg kehrte zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Zeit des Friedens ein. In Maikammer zeugen zahlreiche Barockgebäude von damit verbundenem steigenden Wohlstand. Es entstand eine Art bürgerliche Oberschicht, die sich derartig aufwändige Bauten leisten konnte. Architektur und Kunst nahmen wieder ihren Platz im öffentlichen Raum ein (Marienstatuen, Bildstöcke und Flurkreuze).

Das Haupthaus grenzt an die St. Martiner Straße (früher Neugasse) und fungiert als Eckhaus zur Friedhofstraße (früher: „Hintergasse“, in der Zeit des Nationalsozialismus „Schlageter Straße“). Zur St. Martiner Straße liegen vier arrhythmisch ausgelegte Fensterachsen im Obergeschoss, im Untergeschoss wurden die beiden westlichen Achsen im späten 19. Jahrhundert zu einem Schaufenster und Ladeneingang zusammengelegt. Um das Jahr 1925 hat man diese Fensterachsen wieder zurückgebaut.

Zur Friedhofstraße hin wurde in gleicher Weise ein südlich gelegenes Schaufenster im Untergeschoss zurückgebaut. Dabei wurden jeweils die Achsen des Obergeschosses wieder aufgenommen. Auffallend ist der hierdurch entstehende große Abstand zur nächsten doppelt angelegten Fensterachse in nördlicher Richtung. Der anschließende Überbau zeigt eine leicht versetzte Fortführung des Fensterbandes. Dieser Überbau ersetzt seit dem Jahre 1925 einen großen Torbogen (siehe Mediengalerie), der die Verbindung zum nördlich gelegenen Wirtschaftsgebäude herstellte und die Einfahrt zum Innenhof begrenzte.

Eine Spur zum Erbauer des Anwesens führt über den Wappenstein aus dem Jahr 1725, der an der Hofeingangstür des im Jahre 1925 erstellten Anbaues zum Haupthaus angebracht ist. Dieser trägt die Initialen HD M. Damit käme Theobald Mittler (1703-1755) als Bauherr in
Frage. Dieser war Brunnenschütz und wirkte im Jahre 1749 als Bürgermeister in Maikammer. Von Beruf war er Bäcker. Er war verheiratet mit Anna Maria geb. Hildebrand, die mit der sehr renommierten Familie Holbach aus Edesheim verwandt war (s.a. Anwesen Marktstraße 28 in Maikammer).

Der Bauherr des Haupthauses könnte aber auch Johann Georg Platz (1676-1751) (Schäfer/Stöckl 2014, OFB 4637) sein. Er wohnte ganz in der Nähe, in der Weiherstraße. Er war Bürgermeister in Maikammer. Ein Sohn des Bürgermeisters mit gleichem Namen (1771-1844) (Schäfer/Stöckl 2014, OFB 4672) war der bekannte Mühlenbesitzer der „Unteren Mühle“ in Maikammer. Das Haus in der Friedhofstraße ging dann wohl an den Sohn und Winzer Johannes Platz (1710-1786) (Schäfer/Stöckl 2014, Ortsfamilienbuch Nr. 4650). Die ersten urkundlichen Belege zum Hauseigentum der Friedhofstraße 2 tauchen jedenfalls bei Lorenz Platz (1736-1794) (Schäfer/Stöckl 2014, OFB 4657), dem Sohn von Johannes Platz auf. Dieser übergab das Anwesen an seinen Sohn Johann Georg Platz (1768-1839), von Beruf Küfer, im Jahre 1796 (Schäfer/Stöckl 2014, OFB 4671). Der Sturz über dem Eingang des Haupthauses im Innenhof trägt die Jahreszahl 1733. In diesen Sturz ist ein weiterer Wappenstein eingelassen mit den Sigeln „GP C PI“ und der Jahreszahl 1802 (evtl. GP für Georg Platz).

Die Witwe von Theobald Mittler verkaufte das Anwesen im Jahre 1801 an Nikolaus Platz (1742-1816), den Bruder von Lorenz Platz, der das Anwesens an seinen Sohn Johann Georg übergab. Das Eigentum wechselte von Johann Georg Platz, dessen Ehe kinderlos blieb, im Jahre 1817 an Joseph Adam Rieth (1773-1860) im Rahmen eines Tausches. Dieser entstammte einer in Maikammer ansässigen Metzgerfamilie und war selbst auch Metzger und Gutsbesitzer. Seine Ehe blieb kinderlos .

Damit bekam das Anwesen im Jahre 1887 erneut einen ebenfalls aus einer Metzgerfamilie in Maikammer stammenden Metzger und Gutsbesitzer als Eigentümer. Es war Jakob Breiling (1857-1932). Dieser baute Wirtschaftsgebäude und Kellergewölbe im Jahre 1893 aus. Danach übernahmen seine Söhne Peter Ludwig Alfred Breiling (1892-1952) und Hermann Breiling (1895-1965) das Anwesen.

Im Jahre 1925 wurde der „Überbau“ erstellt, der Torbogen wurde abgebaut, dem Haupthaus nördlich ein kleiner Anbau für ein Treppenhaus zum Überbau angefügt. Der Überbau diente als Büro. Das Kellervolumen (Weinlagerung) war inzwischen durch den Einbau von „Zementfässern“ auf etwa 400 000 Liter angewachsen. Der Weinhandel florierte.

Im Jahre 1954 erwarb der praktische Arzt Hugo Stauch (1911-1979) das Anwesen. Im Überbau betrieb er bis ins Jahre 1976 eine ärztliche Praxis. Das Wirtschaftsgebäude und der Weinkeller wurden teils von der Fa. Breiling bis zum Jahre 1985 als Kellerei genutzt. Der First des Daches des Haupthauses wurde im Jahre 1964 mit dem First des Kelterhaus verbunden und eine zusätzliche Dachetage im Überbau zu Wohnzwecken geschaffen. Sein Sohn Dr. Gerd Stauch ist seit dem Jahre 2007 Eigentümer und nutzt das Anwesen nach umfangreichen Renovierungen und Umbauten im Inneren des Haupthauses und des Innenhofes zu Wohnzwecken.

Das Anwesen ist im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Kreis Südliche Weinstraße wie folgt vermerkt: Ortskern Erbgasse 1, Friedhofstraße 2, 34, Hartmannstraße 1-7 (ungerade Nrn.), 2-18 (gerade Nrn.), Kirchstraße 1, 3, Marktstraße 1-9 (ungerade Nrn.), 2-22 (gerade Nrn.), St. Martiner Straße 1-9, Weinstraße Nord 1-21, 25, 27, 33-39 (ungerade Nrn.), 2-12, 18-32 (gerade Nrn.), Weinstraße Süd 1-23 (ungerade Nrn.), 2-38 (gerade Nrn.) (Denkmalzone)weitgehend geschlossene Bebauung mit Winzeranwesen seit dem 16. Jh.; straßenbildprägend wirken die zahlreichen Torbögen (GDKE 2020, S. 66).


(Gerd Stauch und Matthias C.S. Dreyer, Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler), 2020)

Internet
denkmallisten.gdke-rlp.de: Kreis Südliche Weinstraße (abgerufen 14.06.2020)

Literatur

Ortsgemeinde Maikammer (Hrsg.) (2014)
1264-2014 Maikammer: Ein Spaziergang durch den Ort und seine Geschichte. Neustadt an der Weinstraße.
Schäfer, Günter; Stöckl, Martina (2015)
Ortsfamilienbuch Maikammer-Alsterweiler. Band 1 und Band 2 (OFB 2015). Neustadt an der Weinstraße.
Wittmer, Richard (2000)
Die Flur von Maikammer-Alsterweiler: Ihre Namen und steinernen Zeugen in Geschichte und Geschichten. Maikammer.

Barockanwesen Friedhofstraße 2 in Maikammer

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Friedhofstraße 2
Ort
67487 Maikammer
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Geschütztes Kulturdenkmal gem. § 8 DSchG Rheinland-Pfalz
Fachsicht(en)
Landeskunde, Architekturgeschichte
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 1725 bis 1925

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
Gerd Stauch, Matthias C.S. Dreyer: „Barockanwesen Friedhofstraße 2 in Maikammer”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-314822 (Abgerufen: 18. Mai 2024)
Seitenanfang