Die Urkunde vom 6. April 1275, mit der König Rudolf von Habsburg den Bürgern Neustadts verschiedene Privilegien verlieh, befindet sich heute noch im Stadtarchiv (Abb. 2). Diese älteste Urkunde des Stadtarchivs ist zugleich dessen wertvollste Archivalie.
Der Text der in Latein ausgestellten Urkunde lautet in deutscher Übersetzung:
Wir Rudolf, von Gottes Gnaden römischer König, stets Mehrer des Reiches, entbieten allen Getreuen des römischen Reiches, welche diesen Brief ansehen, unsere Huld und alles Gute. Dazu vom höchsten Richter, dem König der Könige, berufen und auf den Höhepunkt königlicher Würde gestellt, wollen wir allen Nutzen des Gemeinwohls und aller Getreuen des Reiches überall mit königlicher Güte freigebig fördern und wirksam unterstützen. Daher haben wir uns großzügig bewogen befunden, die Bitten der lieben Getreuen, unserer Bürger von Neustadt, Untertanen unseres geliebten Sohnes Ludwig, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogen in Bayern, die sie für ihr Recht und ihre Freiheit uns demütig unterbreitet haben, gnädig aufzunehmen. Wir freien die erwähnte Stadt aus königlicher Machtvollkommenheit mit diesem gegenwärtigen Brief. Wir gestehen den Bürgern dieser Stadt alle Rechte und Freiheiten freiwillig zu, denen sich die Bürgerschaft Speyers erfreut mit der Einschränkung, daß sich Reichsleute zu keiner Zeit auf Dauer im besagten Neustadt niederlassen dürfen und des genannten Herzogs, unseres vielgeliebten Sohnes Recht und Gewohnheit und Kompetenzen, die er in der Stadt und bei den erwähnten Bürgern genießt, nicht beeinträchtigt werden. Zum Zeugnis des Gesagten haben wir den vorliegenden Brief ausstellen und unser Majestätssiegel daran hängen lassen. Gegeben zu Weißenburg an den achten Iden des April, der dritten Indikation, im Jahre des Herrn 1275, im zweiten Jahr unserer Regierung.
Zeichen des Herrn Rudolf, des unbesiegten römischen Königs.
Die Stadtprvilegien mussten, insbesondere bei Herrscherwechseln, immer wieder bekräftigt werden. Insgesamt elf solcher Bestätigungn durch Kaiser, Könige und Pfalzgrafen wurden in das Rote Buch aufgenommen
Das Privileg König Rudolfs wurde durch König Albrecht I. am 3. Januar 1302 (Eintrag 23) und durch Kaiser Ludwig den Bayern am 7. Juni 1330 (Eintrag 25) bestätigt. Am 19. August 1303 haben Pfalzgraf Rudolf I. und sein Bruder Ludwig, der spätere Kaiser, den Bürgern von Neustadt denselben Schutz zugesichert, den ihnen ihr Vater gewährt hatte (Eintrag 24).
Auch in der Folge wurden die Rechte und Freiheiten der Bürger Neustadts immer wieder bestätigt (Die faktisch erzwungene, immer wieder notwendige Neubestätigung wird wesentlich als fiskalische Manipulation gedeutet, da sie nur gegen recht erhebliche Gebühren erteilt wurde (LÜTGE, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 231)., wie sich aus folgenden Urkunden ersehen läßt, die in das Rote Buch aufgenommen wurden:
| 23. Oktober 1338 | Pfalzgraf Rudolf II. | Eintrag 29 |
| 15. September 1349 | König Karl IV. | Eintrag 28 |
| 7. Mai 1354 | Pfalzgraf Ruprecht I. | Eintrag 30 |
| 9. Mai 1378 | König Wenzel IV. | Eintrag 32 |
| 28. Februar 1399 | Pfalzgraf Ruprecht III. | Eintrag 35 |
| 13. Juli 1401 | Pfalzgraf Ruprecht III. | Einträge 36 und 38 |
| 10. November 1411 | Pfalzgraf Ludwig III. | Eintrag 41 |
| 23. Juli 1414 | König Sigmund | Eintrag 45 |
| 2. Mai 1452 | Kurfürst Friedrich I. | Eintrag 21 |
(Johannes Weingart, Neustadt an der Weinstraße, 2025)