Anfänge des Dachschieferbergbaus in Bundenbach
Die Privatisierung führt zu Rechtsstreitigkeiten
Die Entwicklung von 1815 bis 1865
Die Blütezeit des Bundenbacher Bergbaus
Bundenbacher Schieferbergbau in der Wirtschaftskrise von 1846/47 und deren Folgen
Unterstützung durch Auswanderer und Zustand des Schieferbergbaus um 1865
Vom letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zur Weltwirtschaftskrise
Schieferbergbau bei Bundenbach (1930er Jahre bis heute)
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Anfänge des Dachschieferbergbaus in Bundenbach
Die Anfänge des Dachschieferbergbaus im Raum Bundenbach reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Während der früheste schriftliche Beleg für Bundenbach aus dem Jahr 1540 stammt, war der Abbau in der Region, etwa in Herrstein, schon früher gestattet. Der Hunsrücker Dachschiefer galt früh als bedeutender Exportartikel. Für Bundenbach gibt es erneut 1779 Hinweise auf Schiefergewinnung - vermutlich am Hahnenbachtal, wo heute alte Grubenanlagen zu sehen sind. Funde wie eine „INRI“-Inschrift oder Keramikscherben belegen frühen Abbau. Rechtlich unterlag der Schiefer nicht dem Bergregal, sondern dem Grundeigentum, wie mehrere historische Regelungen zeigen. Auch eine Verordnung des Trierer Kurfürsten 1778, die Schiefer dem Regalrecht unterstellen wollte, fand offenbar in Bundenbach keine Anwendung. Die Schiefervorkommen lagen auf Gemeindeland (Allmende), das von der Bevölkerung gemeinschaftlich genutzt wurde. Der Abbau erfolgte überwiegend saisonal im Winter und als Nebenerwerb.
Die Privatisierung führt zu Rechtsstreitigkeiten
Mit der französischen Herrschaft Ende des 18. Jahrhunderts änderte sich vieles. Das Feudalsystem wurde abgeschafft, der Schieferbergbau rechtlich dem Grundeigentümer zugewiesen, und es kam zu einer wirtschaftlichen Belebung in der Region. In diesem Zusammenhang ließ sich 1802 die Familie Weidner in Bundenbach nieder und begann mit dem Abbau in der Grube Wingertshell. Weidners Besitzansprüche waren von Anfang an umstritten - zunächst behauptete er, das Gelände von Dorfbewohnern gekauft zu haben, später vom Grafen von Eltz. Die Gemeinde sah sich als Eigentümerin und forderte Pacht. In dem Streit wurde die Gemeinde vom Industriellen Friedrich Stumm unterstützt, der ebenfalls wirtschaftliche Interessen in der Region verfolgte. Ob eine Einigung zustande kam, ist unklar. Die wechselnden Angaben Weidners lassen vermuten, dass es beim Erwerb nicht korrekt zuging. Insgesamt zeigt sich: Während der französischen Zeit entwickelte sich aus dem kleinteiligen Nebenerwerb eine unternehmerisch geführte Schieferindustrie. Der Fall Weidner steht beispielhaft für die rechtlichen und wirtschaftlichen Umbrüche im Schieferbergbau jener Zeit.
Die Entwicklung von 1815 bis 1865
Nach dem Wiener Kongress 1815 geriet der Linksrheinraum durch die Abtrennung vom französischen Markt in eine wirtschaftliche Krise, die durch eine schwere Agrarkrise verschärft wurde. Sinkende Getreide- und Lebensmittelpreise trafen vor allem Kleinbauern hart - insbesondere in abgelegenen Regionen wie Bundenbach im oldenburgischen Birkenfelder Land. Viele suchten nun im Schieferbergbau eine neue Existenzgrundlage. In dieser Zeit wandelte sich der Abbau vom saisonalen Nebenerwerb zur hauptberuflichen Arbeit. Der massive Zustrom unerfahrener Arbeiter führte jedoch zu gefährlichem Raubbau und schweren Unfällen. So kam es 1818 zum tödlichen Einsturz einer Grube bei Bundenbach. Obwohl es Bemühungen gab, den Betrieb durch bergpolizeiliche Maßnahmen zu regeln, blieb es in Oldenburg bei unzureichender Kontrolle, anders als im preußischen Gebiet. Die Fördertechnik blieb lange einfach: Untertage baute man in Kammern, trennte den Schiefer mit Spalteisen und transportierte ihn auf dem Rücken der Arbeiter ans Tageslicht. Spalttische wurden erst später eingeführt. Das Verfahren war arbeitsintensiv und gefährlich. Zunehmende Nachfrage nach Dachschiefer ab etwa 1818 führte zur Ausweitung der Produktion und auch zu Konflikten, z.?B. zwischen Philipp Weidner und der Gemeinde Bundenbach. Die Dorfbewohner sahen in seinem Vorgehen eine Bedrohung ihrer Rechte an der Allmende. Nach mehrjährigen Auseinandersetzungen setzte die Regierung schließlich das Pachtrecht der Gemeinde durch. Ab Mitte der 1820er existierten mehrere Schiefergruben bei Bundenbach, darunter Betriebe von Weidner, Palmier & Co, Rech & Co sowie Johann Mosel. Ihre Belegschaften wuchsen mit der steigenden Produktion. Informationen über die Zeit nach 1828 sind lückenhaft - bis zum Fund von Dokumenten der Familie Hütter, die detaillierte Einblicke in die lokale Schieferwirtschaft geben. Die Hütters, wohlhabende Bundenbacher Bauern und spätere Grubenbesitzer, handelten mit Schiefer und versorgten die Dorfbewohner mit Waren aus dem Fernhandel. Ihre Aufzeichnungen zeigen ein Trucksystem: Arbeiter erhielten Ware auf Kredit, die mit dem Lohn verrechnet wurde. Dies führte oft zu Verschuldung. Entgegen späteren Behauptungen war der Schieferabbau in Bundenbach schon vor 1870 kein Nebenerwerb, sondern ein hauptberuflich betriebenes Gewerbe mit Lohnarbeitern und kleineren Privatbetrieben, die sich zunehmend professionalisierten.
Die Blütezeit des Bundenbacher Bergbaus
Zwischen 1830 und 1845 erlebte der Schieferbergbau in Bundenbach eine Blütezeit. Familien, wie die ortsansässige Familie Hütter, konnten ihren Wohlstand durch Schieferabbau und -handel steigern. Die Arbeiter waren meist fest angestellt und wurden teilweise in Naturalien entlohnt.
Bundenbacher Schieferbergbau in der Wirtschaftskrise von 1846/47 und deren Folgen
Die Wirtschaftskrise von 1846/47 brachte den Schieferbergbau in Bundenbach vollständig zum Erliegen und bedeutete eine tiefgreifende Zäsur für die Region. Viele Grubenpächter verarmten, die Bevölkerung stagnierte oder schrumpfte durch Auswanderung, insbesondere jüngere Männer wanderten nach Nordamerika aus. Auch die wohlhabende Familie Hütter geriet in finanzielle Not, verlor ihren landwirtschaftlichen Besitz durch Erbteilung, konnte aber ihre Beteiligung an der Grube behalten. Nach 1850 arbeiteten die Männer weiterhin in den Schiefergruben, während Frauen und Kinder die Landwirtschaft betrieben. Der Handel mit Schiefer kam zum Erliegen. Ein erneuter Aufschwung um 1860 aufgrund steigender Bautätigkeit im linksrheinischen Raum brachte nur kurz Hoffnung, blieb aber folgenlos für Bundenbach, da der Ort nicht ans Eisenbahnnetz angeschlossen wurde. Der Transport blieb mühsam über Ochsenwagen, was den Schieferabbau stark einschränkte. Bundenbach blieb daher auf eine kleinbetriebliche Struktur mit wenigen Pächtern und meist unter 20 Arbeitern pro Grube beschränkt. Technische Modernisierung wie in anderen Regionen war mangels Kapitals nicht möglich. Der Schieferbergbau verharrte auf dem Stand von etwa 1865.
Unterstützung durch Auswanderer und Zustand des Schieferbergbaus um 1865
Christian Reuther, ein nach 1870 ausgewanderter Bundenbacher, kam in den USA zu Wohlstand und half seiner Familie regelmäßig, um die eigene zu finanzieren. Ziel war der Aufkauf angrenzender Grundstücke und der Ausbau der Grube zu einem modernen Bergwerk. Diese Auswandererhilfe spiegelt die schwierige Lage des Bundenbacher Schieferbergbaus um die Jahrhundertwende wider. Ein Bericht von 1865 nennt 20 Gruben, davon 14 aktiv mit insgesamt 60 hauptberuflichen Schieferbrechern - etwa ein Viertel der arbeitsfähigen Männer im Ort. Zehn weitere, ruhende Gruben deuteten auf Nebenerwerbsbergbau hin, der auch später noch eine Rolle spielte. Zusätzlich hatte der Schiefertransport, meist per Ochsengespann, wirtschaftliche Bedeutung für viele Kleinbauern.
Technisch vollzog sich um 1865 ein Wandel zu moderneren Stollenbergwerken mit systematischen Abbaukammern, angelehnt an den Standard im rheinischen Schieferbergbau seit den 1830er Jahren.
Vom letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zur Weltwirtschaftskrise
Zwischen 1866 und 1886 fehlen Überlieferungen, ab 1893 liegen jedoch wieder regelmäßige Berichte vor. Grundsätzlich blieb der Dachschieferbergbau in Bundenbach bis zur Weltwirtschaftskrise strukturell unverändert. Um 1894 waren 9 Gruben mit rund 100 Arbeitern in Betrieb, doch schwankten Produktion und Ertrag erheblich - vor allem wegen der stark gestörten, schwer kalkulierbaren Schieferlager. Diese geologischen Unsicherheiten verhinderten größere Investitionen und tiefere Erschließungen.
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg zeichnete sich ein Abwärtstrend ab: Niedrige Löhne führten zu Abwanderung erfahrener Arbeiter, insbesondere zu den besser zahlenden Gruben bei Caub am Rhein. 1914 waren nur noch 71 Bergleute in Bundenbach beschäftigt. Während des Kriegs kam die Produktion fast vollständig zum Erliegen. Nach dem Krieg erholte sich der Abbau kurzfristig, und 1922 herrschte gute Absatzlage trotz Inflation. Doch in der Folgezeit nahm die Abwanderung erneut zu. Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise (1929) brach der Schieferbergbau im Linksrheinland weitgehend ein - vielerorts kam er zum Stillstand. Anders in Bundenbach: Hier stieg die Produktion trotz sinkender Löhne weiter an. 1933 waren 86 Arbeiter beschäftigt, die rund 13.600 m Rohschiefer förderten - fast eine Verdreifachung im Vergleich zu 1926. Die Gründe: Arbeiterfamilien im ländlichen Raum besaßen oft eigenes Land und Wohnraum, was ihnen eine größere Krisenresistenz als städtischen Arbeitern verschaffte.
Schieferbergbau bei Bundenbach (1930er Jahre bis heute)
Nach einem Einbruch 1935/36 erlebte der Schieferbergbau bei Bundenbach 1937/38 einen kurzfristigen Boom durch die NS-Aufrüstung. Der Zweite Weltkrieg brachte dann einen fast vollständigen Produktionsstopp. Erst nach Kriegsende kam es durch den Wiederaufbau und die Währungsreform 1948 zu einem Aufschwung, der aber nur kurz anhielt. Ab 1953 begann ein erneuter Niedergang: Viele Kleinbetriebe stellten die Arbeit ein. 1957 produzierten im Raum Bundenbach noch fünf Gruben mit 91 Arbeitern; bis 1964 schrumpfte die Zahl auf 12 Gruben mit 155 Mann im gesamten Bergamtsbezirk. In Bundenbach selbst wurde die Förderung 1969 eingestellt, zuletzt blieben nur noch Verarbeitung und Importe aus Spanien und Portugal. Die nahegelegene Grube Altlayenkaul blieb bis 1981 in Betrieb.
Die Ursachen des Rückgangs lagen in der Konkurrenz synthetischer Baustoffe, billiger Energie, fehlendem Nachwuchs und der allgemeinen Abwanderung in besser bezahlte Berufe während des Wirtschaftswunders. Die Ölkrise 1973/74 führte kurzzeitig zu neuem Interesse an Schiefer wegen seiner Isolationsfähigkeit. 1976 wurde deshalb die Grube Eschenbach-Bocksberg bei Bundenbach als Tagebau reaktiviert. Heute bestehen dort noch etwa 35 Arbeitsplätze in Gewinnung und Verarbeitung. Eine grundlegende Wiederbelebung des Schieferbergbaus in der Region ist jedoch nicht zu erwarten.
(Mitarbeiter der Tourist-Information EdelSteinLand - Büro Herrstein, 2025)
Internet
www.museumsportal-rlp.de: Besucherbergwerk Grube Herrenberg (geschlossen) (abgerufen 21.07.2025)
www.sgoerner.de/: Schiefergrube Herrenberg (abgerufen 21.07.2025)
museen.de: Bergwerk Schiefergrube „Herrenberg” (abgerufen 21.07.2025)