Der Oelchenshammer, einer der letzten wassergetriebenen Hämmer der Region, liegt am Fluss Leppe in Engelskirchen-Bickenbach. Der von der Leppe abzweigende Obergraben des Oelchenshammer mündet vor dem Hammerwerk in einen Stauteich, der die Wasserversorgung zum Antrieb des Hammers sicherstellen und somit die Arbeit im Hammerwerk unabhängiger vom aktuellen Wasserstand der Leppe machen sollte.
Das Werksgelände Auf dem Gelände des Oelchenshammers sind beide ursprünglichen Hammergebäude erhalten geblieben: Sowohl das ältere Bruchsteingebäude aus 1795, mit Überresten von Schmiedeöfen und dem imposanten Gebläse, als auch das im Jahre 1816 ergänzte zweite, größere Fachwerkgebäude, mit zwei Schmiedehämmern und mehreren Schmiedeöfen. Zwei der ehemals vier Wasserräder sind erhalten und funktionstüchtig, so dass noch heute durch Wasserkraft zwei Schmiedehämmer und ein Blasebalg betrieben werden können: Zum einen das eingehauste (innen im Radhaus befindliche) Wasserrad, das die Welle für die beiden Schmiedehämmer antreibt. Dieses Wasserrad befindet sich im neueren Hammergebäude. Zum anderen das zweite noch erhaltene Wasserrad, welches sich am älteren Bruchsteingebäude befindet. Es ist außenliegend (am Gebäude) und treibt das Gebläse für die Luftzufuhr der Schmiedeöfen an. Neben den zwei bestehenden, oben beschriebenen Schmiedehämmern, gab es früher noch zwei weitere, größere Schweißhämmer, von denen heute nur noch Reste erhalten sind. Auch die sie antreibenden Wasserräder sind verschwunden.
Weiterhin finden sich auf dem Gelände das ehemalige Wohnhaus des Schmiedemeisters (vermutlich von 1816), das nach dem letzten Schmied Heinz Jäger auch „Jäger-Haus“ genannt wird, und zwei Kohlebunker.
Die Anfänge der Eisenindustrie im Bergischen Land Das Bergische Land war durch seinen Wasserreichtum und die zahlreichen Flüsse und Bäche besonders für die Nutzung der Wasserkraft geeignet. Als weitere entscheidende Faktoren für die Ansiedlung von zahlreichen Hammerstandorten in der Region seit dem 16. Jahrhundert kamen die ausgedehnten Waldbestände für den Köhlereibetrieb (zur Erzeugung von Holzkohle) und das Erzvorkommen als Basis für die Entwicklung des vorindustriellen Eisengewerbes hinzu. So soll es laut Eversmann im Jahr 1804 an der Leppe auf einer Strecke von etwa 12 Kilometern fast 30 Standorte von Eisenhämmern und Schmelzhütten gegeben haben.
Die Errichtung des Oelchenshammers und die Firma Zapp 1782 Einer von diesen zahlreichen Leppehämmern war der Oelchenshammer, mit dessen Errichtung Engelbert Zapp und Peter Müller 1782 begannen. Die ersten Baumaßnahmen beinhalteten neben umfangreichen Erdarbeiten den Bau des alten Hammergebäudes sowie den Einbau der Welle. Im Jahre 1787 konnte der Oelchenshammer in Betrieb genommen werden. Christian Zapp ergänzte im Jahr 1816 das Schmiedemeisterhaus und das „neue Hammerhaus“. Zunächst wurden im Oelchenshammer Bänder für Fässer geschmiedet. Später auch Sägen, Pfannen, Schüppen und auf dem zweiten Hammer raffiniertes Osemund-Eisen.
Die Übernahme durch die Firma Dörrenberg 1865 Eduard Dörrenberg junior, Sohn des langjährigen Ründerother Bürgermeisters, heiratete 1859 Emma Zapp. Diese war die Tochter von Gustav Zapp, dem damaligen Besitzers des Oelchenshammers. Dörrenberg stammte auch aus einer „Hammerfamilie“ und hatte bei Zapp gelernt. Seine Brüder Friedrich und Rudolph gründeten 1860 die Firma „Eduard Dörrenberg Söhne“, Eduard Dörrenberg junior stieß im Jahr 1862 hinzu. Im Jahre 1865 erwarb und übernahm die Firma Dörrenberg schließlich den Oelchenshammer. Außer dem Oelchenshammer befanden sich um 1900 an der Leppe noch die Werke Stellers Hammer, Strenger Hammer und Lepper Hammer im Besitz der Firma Dörrenberg.
Niedergang des Bergbaus im Bergischen im 19. Jahrhundert Durch die starke Abholzung der bergischen Wälder für die Holzkohleproduktion wandelte sich die Landschaft immer mehr in eine Heidefläche. Später wurde die Holzkohle zunehmend durch Steinkohle aus dem Ruhrgebiet ersetzt. Hinzu kam, dass die leichter zu erschließenden oberirdischen Erzlager erschöpft waren und Investitionen für den Schachtabbau und den Ausbau der Infrastruktur, zum Beispiel zum Rohstofftransport, für kleinere Betriebe zu teuer waren. Viele Hammerwerke im Bergischen Land scheiterten an der Konkurrenz zum Ruhrgebiet und wurden stillgelegt. Immer mehr Arbeitskräfte wanderten in die neuen Industriezentren ab.
Dörrenberg und der Janusstahl Nur mit Hilfe besonderer Produkte und Spezialisierungen schafften es einige Betriebe zu überleben. Die Firma Dörrenberg produzierte in ihren Hammerwerken eine besondere Stahlsorte, den sogenannten „Janus-Stahl“. Für die Herstellung des Janusstahls waren mehrere Schmiedevorgänge notwendig. Dieser Veredlungsprozess nennt sich allgemein Raffinieren, das Produkt Raffinierstahl. Um die für das Raffinieren notwendigen Temperaturen erreichen zu können, wurde 1860 das Gebläse im Oelchenshammer installiert. Der Janusstahl zeichnete sich durch seine Härte und Schärfe aus und eignete sich besonders für die Herstellung von Messern, Äxten, Beilen, Steinpickeln oder ähnlichen Werkzeugen. Die Firma Dörrenberg ließ sich diese Stahlsorte 1894 patentrechtlich schützen. Seit 1875 ist der Januskopf das Markenzeichen der Firma Dörrenberg und wirbt noch heute für das Unternehmen Dörrenberg in Ründeroth. Dank der Spezialisierung auf den Janusstahl konnte der Betrieb im Oelchenshammer bis 1947 aufrecht erhalten werden.
Ein Arbeitstag im Oelchenshammer „Der Arbeitstag im Hammerwerk begann um 6 Uhr morgens. Gearbeitet wurde immer nur im Einschichtbetrieb, da der Teich ja wieder volllaufen mußte. Arbeitspausen gab es um 9 und 13 Uhr. Für die Frühstückspause brachten die Hammerschmiede ihre “Buttern„ selber mit. Eine Kanne mit Kaffee stand jederzeit für alle bereit (“Muckefuck„). Die Mittagspause dauerte eine volle Stunde. Hierfür brachten die Ehefrauen das Essen (meist Suppe oder Gemüse oder Kartoffeln, selten Fleisch) in das Hammerwerk. […] Prinzipiell waren die Arbeitsbedingungen dadurch problematisch, daß die Schmiede von vorne starker Hitze ausgesetzt waren, während der Rücken dem feucht-kalten Klima im Hammerwerk ausgeliefert war. […] Die starke Lärmentwicklung in den Hammerwerken führte [aber] dazu, daß die meisten Schmiede spätestens im Alter von 50 Jahren begannen, schwerhörig zu werden.“ (Remmel 1993)
Über das Jahr hinweg konnte die Länge eines Arbeitstages variieren. Der Stauteich glich zwar Schwankungen des Wasserstandes bis zu einem gewissen Maß aus, dennoch bestimmte die Wasserführung der Leppe den Arbeitsrhythmus, so dass beispielsweise längere Trocken- oder Frostperioden den Arbeitstag verkürzten. In der wasserreichen Zeit wurde dagegen oft von vier Uhr morgens bis zehn Uhr abends geschmiedet.
Die Arbeitsplätze am Reckhammer „…dass dieser Hammer grundsätzlich mit drei Leuten bedient wird: Hier am Schützhebel der Schützjunge, der das Wasserschütz zu bedienen hat, […] das […] lässt sich über drei Stufen öffnen. Das heißt, man kann die Wassermenge, die hier über das Wasserrad kommt, über drei Stufen variieren. Dafür ist dieser Schützjunge zuständig. Der hat dabei auf den Schmied zu achten, der auf dem Stuhl sitzt. Der Schmied zeigt ihm an, was er machen muss. Alles, weil es eben sehr laut war, alles so durch Kopfzeichen und durch Handzeichen. Das heißt, der Schmied nickt, dann gibt der (Schützjunge) Wasser, lässt das Wasserrad anlaufen. Der Schmied nickt noch mal, […] bis der Hammer in vollem Lauf ist und der Schmied sein Stück ausrecken kann. Der Schmied sieht, er ist nah am Maß, er schüttelt langsam den Kopf, der Schützjunge gibt nach, gibt weniger Wasser, der Hammer läuft langsamer. Er schüttelt noch mal mit dem Kopf, der Hammer läuft noch langsamer. Und letzt und endlich wird der Schmied im Abschlagen sagen, OK, das Stück ist fertig. Der dritte Mann im Bunde, der Feuer- oder Ofenmann, der zwischen den einzelnen Feuern hin und her läuft, dafür zu sorgen hat, datt die Stähle warm bleiben, aber auch nicht zu warm sind. Das müssen also alles ganz hellwache Leute sein, die wissen, was sie zu tun haben. Die müssen, wie gesagt, das Feuer so steuern, dass die Stähle nicht verbrennen. […] Der versorgt den Schmied der sitzt hier mit den Stählen.“ (aus einem Interview mit Hammerschmied Bernd Remerscheid, 2008)
Betriebsaufgabe 1947/48 Im Jahre 1947/48 wurde die Produktion am Oelchenshammer eingestellt und das Gelände verfiel. Zwischen 1964 und 1967 erfolgte die Wiederherstellung der brachliegenden Anlage zum 100. Geburtstag des Hammers im Besitz der Firma Dörrenberg.
Das Industriemuseum 1993 Seit 1993 gehört der Oelchenshammer als Außenstelle zum LVR-Industriemuseum Engelskirchen. Von April bis Oktober ist er sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Jeweils am 2. Sonntag im Monat führt der Museumsschmied sein Handwerk vor. Das Haus des Schmiedemeisters kann für Veranstaltungen gemietet werden. In der Schmiede bietet das Standesamt Engelskirchen Trauungen an.
(Julia König / Christoph Boddenberg, LVR-Fachbereich Umwelt 2012)
Das Hammerwerk Oelchenshammer in Engelskirchen war KuLaDig-Objekt des Monats im Mai 2012.
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