Alte Pilgerwege ziehen sich durch die Eifel, hohe Kirchtürme, Wegkreuze, Marienkapellchen, Votivtafeln – in diese gesegnete Landschaft ist eine neue, der Natur und den Menschen verbundene Kapelle gebaut worden. Auf einem Hügel bei Wachendorf ragt sie als 12 Meter hoher Turm auf, einem Wehrturm oder Campanile gleich, und fügt sich in die Landschaft.
Der Landwirt Hermann-Josef Scheidtweiler entschloss sich bereits vor Jahren, eine Kapelle zu errichten, deren Schutzpatron der heilige Nikolaus von Flüe (1417-1487), genannt Bruder Klaus, sein sollte. Scheidtweiler wurde auf Peter Zumthor aufmerksam, als dieser den Wettbewerb für das Kölner Diözesanmuseum gewann. Er schrieb dem Schweizer Architekten und erhielt die Antwort, dass Scheidtweiler sich Zumthor zwar nicht leisten könne, sie sich dennoch einmal treffen sollten. Bruder Klaus, ein Schweizer Einsiedler, war nämlich auch der Lieblingsheilige der Mutter des Architekten. Im Jahr 2005, sieben Jahre später, begannen schließlich die Bauarbeiten der Feldkapelle, die die Scheidtweilers zusammen mit Freunden, Bekannten und Handwerkern und Zumthor selbst ausführten.
Der fünfeckige Bau erscheint aus der Ferne glattwandig, von nahem ist die Oberfläche schroff und spröde. Der Beton der Wände wurde aus Flusskies, rötlichgelbem Sand und weißem Zement gefertigt und nach regionaler Handwerkertradition in Lagen geschichtet. Der kantige Außenbau vermittelt jedoch keine Vorstellung von der Gestaltung des Inneren. Der Innenraum wurde durch 112 Baumstämme zu einer zeltartigen Konstruktion aufgerichtet, mit Beton umgossen und schließlich drei Wochen lang einem Köhlerfeuer ausgesetzt. Die Stämme konnten danach durch eine verbliebene Dachöffnung entfernt werden. Die hellen Abdrücke des Holzes im Beton wurden während eines zweiten Feuers geschwärzt. Später wurde der Betonboden mit einer 2 cm dicken Zinnbleischicht belegt. Der Boden bildet ein kleines Gefalle, so dass sich, wenn Regen durch die Dachöffnung fällt, eine kleine Wasserfläche bildet. Den Eingang der Kapelle bildet ein hohes spitzes Dreieck, über dem ein Eisenkreuz hängt.
Ausgestattet ist der Innenraum mit einer schmalen Sitzbank aus massivem Lindenholz, einem Kerzenständer und einem Bronzekopf des Nikolaus von Flüe, eine Arbeit des Schweizer Bildhauers Hans Josephsohns. Ein von Zumthor gefertigtes Meditationszeichen aus Messingguss schmückt die Wand. Mehr als 300 Glaspfropfen verschließen die Edelstahlröhren, die die Außenwände durchziehen, und verstärken die außergewöhnliche Atmosphäre dieses Sakralraumes. Die geschwärzten Wände, der matt silbrige Boden, der Blick in den fernen Himmel aus der engen Höhle und die Lichtkomposition aus hunderten von Glaskugeln bilden zusammen einen eindrucksvollen Raum, einen Ort der spirituellen Ruhe und Einkehr. Hier können Glaubenspilger zu Architekturpilgern werden - und umgekehrt.
(Julia Kahlert, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2010)
Hinweis Die Bruder-Klaus-Feldkapelle ist ein wertgebendes Merkmal des Kulturlandschaftsbereichs „Feldkapelle bei Wachendorf“ (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 238).
Internet www.feldkapelle.de (abgerufen 14.12.2010) de.wikipedia.org: Bruder-Klaus-Feldkapelle (Wachendorf) (abgerufen 14.12.2010) stadt-land-text.de: Wie Mechernich zu ungeahntem Ruhm kam (abgerufen 14.07.2016) deu.archinform.net: Prof. Peter Zumthor, Architekt, *1943 (abgerufen 15.11.2019)
Literatur
Mainzer, Udo (2022)
Die Bruder-Klaus-Kapelle bei Mechernich-Wachendorf. (Rheinische Kunststätten, Heft 584.) Köln.
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hrsg.) (2008)
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