Kurfürst und Erzbischof Franz Ludwig Pfalzgraf Fürst von Neuburg (1729-1732) legte im Jahr 1730 den Grundstein für das barocke Palais an der Rheinseite der Stadt. Dieser war seit 30. Januar 1729 Kurfürst und Erzbischof von Mainz. Gleichzeitig war er auch Hochmeister des Deutschen Ordens. In dieser Funktion beanspruchte er neben seiner eigentlichen Residenz als Erzbischof, dem Kurfürstlichen Schloss ganz in der Nähe, einen weiteren Residenzbau für das Amt das Hochmeisters. Als Baudirektor berief der Kurfürst Anselm Franz Ritter zu Grünstein, die Konzeption und das Hauptgebäude gehen somit auf ihn zurück. Da der Kurfürst im Jahr des Richtfestes, 1732, starb und seinem Nachfolger die Ehre einer Personalunion aus Kurfürst und Deutschordensmeister nicht zukam, wurde das Deutschhaus nie in seiner eigentlichen Bestimmung genutzt.
Bauleitung und Vollendung lagen nach dem Tod des Kurfürsten in den Händen des Ordensbaumeisters Franz Joseph Roth aus Mergentheim. Das Deutschhaus spiegelt entscheidende Punkte rheinischer sowie deutscher als auch europäischer Geschichte wider. In der kurzen Zeit der Mainzer Republik (1792/93) nutzte der Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent das Deutschhaus als Sitz des ersten Parlaments auf deutschem Boden. Direkt im Anschluss diente es als Parlament für die von Frankreich besetzten linksrheinischen Gebiete. Ab 1798 und für die Dauer von 16 Jahren fungierte das Deutschhaus als Residenz des französischen Generals und Kaisers Napoleon Bonaparte. Des Weiteren ist zu erwähnen, dass im Deutschhaus Mainz im Jahre 1842 die erste deutsche Industrieausstellung stattfand. Vier Wochen lang stellten 720 Aussteller aus 21 deutschen Staaten ihre Produkte aus. Die etwa 7000-8000 Ausstellungsobjekte deckten ein großes Spektrum ab und reichten von Lokomotiven bis zu Kinderhemden. Neben Produkten aus Industriebetrieben wurden auch handwerkliche Erzeugnisse gezeigt. Als Folge des Ersten Weltkrieges und der Besetzung des Rheinlandes erhielt das Deutschhaus erneut französische Bewohner, es diente als Sitz des Oberbefehlshabers der französischen Besatzungstruppen. Brandbomben, die am 27. Februar 1945 fielen, ließen nur noch die Fassadenmauern übrig, der gesamte Stuck und die Fresken wurden zerstört. Der Wiederaufbau startete 1950, bereits im Mai 1951 wurde das Gebäude die Heimat des rheinland-pfälzischen Landtags, der dort bis heute tagt.
Äußere Beschreibung Das Deutschhaus besteht aus einem Hauptgebäude (Corps de logis) und zwei vorgelagerten Pavillons, die durch den Hof voneinander und vom Hauptgebäude getrennt sind. Der in nördlicher Richtung liegende Pavillon wurde ursprünglich als Kapelle genutzt, der südliche als Verwalterhaus. Der Ordensbaumeister Franz Joseph Roth aus Mergentheim veränderte die ursprüngliche Planung des Gebäudes, demnach wurden die zwei Seitenflügel von ihm als Pavillons umgestaltet und vom Hauptgebäude weggerückt. Das Hauptgebäude weist drei Geschosse auf. Der hellrote Putzbau wirkt geschlossen, er ist mit vielen Elementen aus rotem Sandstein versehen und besitzt ein schiefergedecktes Mansardwalmdach. An den Fassaden der Rhein- und Stadtseite sind gleiche Grundelemente in unterschiedlicher Anordnung verarbeitet. Die Rheinseite ist dreigegliedert und aus Sandsteinquadern errichtet. Die stichbogigen Fenster sitzen hoch. Der Balkon verweist mit den rundbogigen Fenstertüren auf den einstigen Saal. An der Hoffassade des Deutschhauses sticht das Hauptportal heraus. Der Balkon darüber wird von zwei architektonischen Stützen in Form von Atlanten getragen. Die Pavillons weisen zwei Geschosse und drei schmal gestellte Fensterachsen an der Stirnseite sowie drei weit gestellte an den Seiten des Hofes auf. Die Westseiten der Pavillons, die vom „Platz der Mainzer Republik“ gut sichtbar sind, sind als Hauptfassade ausgestaltet. Die Achsen der Portale sind segmentbogig übergiebelt. An den Pavillons sind Figuren angebracht. Ein Gitter, das zwischen Pfeilern eingespannt ist, verbindet die beiden Pavillons. Auf den Torpfeilern sind Trophäen zu erkennen.
Sitz des Landtags Rheinland-Pfalz Nach Kriegsende wurde die Frage nach der Hauptstadt des Landes Rheinland-Pfalz zwischen Koblenz und Mainz zu Gunsten von Mainz entschieden Am 16. Mai 1950 beschloss der Landtag seinen Umzug aus der Stadt am Deutschen Eck nach Mainz. Das Kurfürstliche Schloss als künftigen Tagungsort zu gewinnen misslang, die Stadtverwaltung bot jedoch das zu dieser Zeit noch zerstörte Deutschhaus an.
Durch ein aufgestelltes Finanzierungsprogramm sowie einen Ideenwettbewerb zur Neugestaltung konnte im November 1950 schließlich mit dem Wiederaufbau begonnen werden. Der Innenraum wurde dabei grundlegend umgestaltet, ebenso erfolgte eine Anpassung an die Bedürfnisse des Landesparlaments. Der rheinland-pfälzische Landtag hielt am 18. Mai 1951, nur drei Monate nach dem Richtfest, die konstituierende Sitzung seiner 2. Wahlperiode im Plenarsaal des neuen Deutschhauses zu Mainz ab. Das heutige Aussehen erhielt der Plenarsaal nach einigen Umgestaltungen, die zum Teil bereits in den 1960er Jahren und in den Jahren 1986/87 erfolgten.
Lage Das Deutschhaus befindet sich am Deutschhausplatz 12 in der Nähe des Schlosses und des Rheins in der Mainzer Altstadt. Neben dem Deutschhaus befindet sich das Neue Zeughaus, in dem die Staatskanzlei beheimatet ist. Auch das Alte Zeughaus befindet sich in unmittelbarer Nähe.
(Nina Pfeiffer, Universität Koblenz-Landau, 2015)
Internet www.dein-rhein-main.de: Deutschhaus und Zeughaus - Sitz der Landesregierung von Rheinland-Pfalz (Abgerufen: 22.03.2015) www.landtag.rlp.de: Die Entstehung des Deutschhauses (Abgerufen: 22.03.2015) www.regionalgeschichte.net: Zur Geschichte des Mainzer Deutschhauses (Abgerufen: 22.03.2015) de.wikipedia.org: Deutschhaus Mainz (Abgerufen: 22.03.2015)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreisfreie Stadt Mainz. Denkmalverzeichnis Kreisfreie Stadt Mainz, 3. April 2023. S. 12, Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Mainz, abgerufen am 16.06.2023
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hrsg.) (2015)
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