Winkels ist zwar schon 1237 als „Winkelsece“ aktenkundig, hatte aber Jahrhunderte lang nicht einmal eine Kirche. Gottesdienste mussten die Bewohner im benachbarten Mengerskirchen besuchen, zu dessen Gemeinde das Dorf zusammen mit Dillhausen, Probbach und Waldernbach heute auch verwaltungsmäßig gehört. Dennoch war die Ortslage am Rand des südöstlichen Westerwaldes als Zugang zum Lahntal nicht unbedeutend. Deshalb entstand in der Gemarkung die Burg Eigenburg, die im Volk „Maienburg“ heißt und als Ruine noch gut erkennbar ist. Sie diente seit 1331 den Lehnsmännern von Mudersbach als Rittersitz, die damit einen Abschnitt der alten Straße von Rennerod nach Weilburg kontrollieren konnten. Die Ortsansässigen mussten auf Wink des Landesherrn den Mudersbachern Hand- und Spanndienste leisten.
Erst die Umwälzungen der Neuzeit erlaubten es auch hier, das alte Joch abzustreifen. Dazu gehörte nicht zuletzt auch eine gewisse kirchliche Selbstständigkeit. Deshalb begann man 1879 mit dem Bau der „Kapelle Strieder“, die nach dem damaligen Ortsbürgermeister benannt worden ist. Das 1880 vollendete Gotteshaus ist 1947 erweitert worden und auf den Namen „Mariä Geburt“ benediziert.
Die Industrialisierung sorgte hier in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für einen tiefgreifender Strukturwandel. Die wenig ertragreiche Landwirtschaft ging zurück. Stattdessen fanden die Einheimischen auswärts Arbeit. Viele verdingten sich mit Frühjahrsbeginn als Handwerker auf Baustellen im Bergischen und im Siegerland. Die Daheimgebliebenen – Frauen, Kinder und Alte – bestellten die Felder. Den Winter über war Heimarbeit angesagt, hauptsächlich als Siebmacher, Korbflechter oder Töpfer. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam auch der Nebenerwerb im landwirtschaftlichen Kleinbetrieb zum Erliegen. Der größte Teil der Bevölkerung fährt heute als Pendler in die Städte Weilburg, Limburg, Wetzlar, Wiesbaden und Frankfurt. Auch in zwei heimischen Tongruben, kleinen Fabriken und Industriebetrieben der näheren und weiteren Umgebung haben eine Anzahl von Männern und Frauen Arbeit gefunden.
Offenbar haben die Herausforderungen der Moderne die Besinnung auf überlieferte Werte gefördert. Der aus Winkels stammende Willi Schüßler ließ oberhalb des Ortes eine Kapelle zur Ehren der Schutzmantelmadonna errichten. Wie sonst eher selten bringt die Architektur der modernen „Schutzmantel-Kapelle“ den Glaubensinhalt, dem sie geweiht ist, unmittelbar zum Ausdruck. Birgt die Gottesmutter Maria nämlich die Seelen der Schutzbefohlenen unter ihrem weiten Mantel, so dürfen sich hienieden die Betenden unter dem Mantelwurf des Bauwerkes geborgen fühlen. Kreuz und Krone besiegeln als Zeichen für Erlösung und Herrschergewalt diese Verheißung.
(Hermann Josef Roth, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2014)
Literatur
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hrsg.) (2014)
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