Galeriegrab der Wartberggruppe bei Niederzeuzheim

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Archäologie, Denkmalpflege
Gemeinde(n): Hadamar
Kreis(e): Limburg-Weilburg
Bundesland: Hessen
Koordinate WGS84 50° 28′ 54,7″ N: 8° 01′ 56,35″ O 50,48186°N: 8,03232°O
Koordinate UTM 32.431.345,49 m: 5.592.655,64 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.431.392,85 m: 5.594.453,15 m
  • Rekonstruiertes Galeriegrab von Hadamar-Niederzeuzheim im Jahr 2005.

    Rekonstruiertes Galeriegrab von Hadamar-Niederzeuzheim im Jahr 2005.

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    LfDH / Schade-Lindig, Sabine
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    Sabine Schade-Lindig
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  • Blick von der Rückseite in das Kammerinnere mit rekonstruierter Bodenpflasterung (2005).

    Blick von der Rückseite in das Kammerinnere mit rekonstruierter Bodenpflasterung (2005).

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  • Bürgerschaftliches Engagement für ein Kulturdenkmal: Mitglieder des Historischen Vereins Niederzeuzheim bei der Arbeit im Jahr 2004

    Bürgerschaftliches Engagement für ein Kulturdenkmal: Mitglieder des Historischen Vereins Niederzeuzheim bei der Arbeit im Jahr 2004

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Megalithgräber in Hessen
Der Begriff „Megalithkultur“ umschreibt eine europäische Kulturerscheinung mit gemeinsamem Merkmal: Die Toten einer Gruppe bestattete man in großen, gemeinschaftlich errichteten Steinkammergräbern (griechisch „Megalith“: megas = groß, lithos = Stein). Diese Grablegen waren regional und zeitlich unterschiedlich gestaltet. Die hessischen Steinkistengräber gehören zu den jüngeren Ausprägungen innerhalb der Jungsteinzeit und werden auch als „Galeriegräber“ bezeichnet. Sie geben sich durch eine langgestreckte und parallelseitig mit stehenden Steinen ausgebaute Kammer zu erkennen. Der Eingang liegt oft an einem Ende, seltener an der Langseite. Nachdem die stehenden Seitenplatten mit großen Deckplatten versehen worden waren, überdeckte man die gesamte Kammer mit einem runden oder ovalen Erdhügel. Der „Eingang“ war meist mit einer großen Türplatte verschlossen, in die man ein rundes Loch von 35–50 Zentimeter Durchmesser schlug. Dieser Zugang in das Grabinnere wird häufig als „Seelenloch“ bezeichnet.

Die Grabkammer von Niederzeuzheim
Bei den ersten Grabungen im 1911/1913 war der Hügel noch weitgehend intakt; die verschleppte Deckplatte lag seinerzeit neun Meter vom Eingang des Steinkistengrabes entfernt. Bei dieser und späteren Ausgrabungen (u.a. 1954) wurden im gesamten Bereich des Grabes Knochenreste und insgesamt drei Steinbeile gefunden. Typisch für die spätere Rezeption solcher Anlagen sind auch Sagen um Gänge und verborgene Goldschätze, die sich in Mittelalter und Neuzeit um sie spinnen. Bei den verschiedenen Untersuchungen aufgefundene Gegenstände geben jedenfalls Zeugnis davon, dass das Hügelgrab zu allen Zeiten von Menschen aufgesucht wurde und großes Interesse genoss.
Das Galeriegrab von Niederzeuzheim liegt, teilweise in den umgebenden Boden eingetieft, in Nordwest-Südost-Richtung mit Eingang und Vorraum im Südosten. Die Gesamtlänge beträgt 6,6 Meter, die Breite 2,5 Meter. Die Seitenwände bilden jeweils vier große aufgerichtete Steine aus Plattenbasalt. Die Schmalseite im Nordwesten wird durch einen großen Block abgeschlossen, während drei Steine den Eingang im Südosten schließen. Sie liegen etwas in das Kammerinnere versetzt, so dass die Seitenwände davor noch einen Vorraum bilden. Die Plattengrößen liegen zwischen 1–1,8 Meter Länge, 0,5–1,0 Meter Höhe und 0,3–0,4 Meter Dicke. Die Zwischenräume sind durch geschichtete plattige Steine und nach oben hin durch einzelne eingepasste Bruchsteine ausgefüllt. Das Kammerinnere war ursprünglich wohl vollständig gepflastert. Im Norden der Kammer befindet sich eine kleine, eingetiefte Steinkiste von 0,6 mal 0,4 Meter Ausmaß, vermutlich ein gesondertes Totenlager.
Andere hessische Megalithgräber sind beispielsweise der „Heilige Stein“ bei Muschenheim (Wetteraukreis), Züschen I bei Fritzlar-Lohne (Schwalm-Eder-Kreis), das „Alte Chattengrab“ und die Steinkisten von Lohra (Kreis Marburg-Biedenkopf), Gudensberg (Schwalm-Eder-Kreis), Naumburg-Altendorf (Kreis Kassel), Calden (Kreis Kassel), Niederzeuzheim (1954) und Niedertiefenbach (alle Kreis Limburg-Weilburg). Die alte Bezeichnung „Hessische Steinkistenkultur“ gilt bis heute als Kulturname für die Erbauer dieser Gräber, ohne dass man viel über letztere weiß. Erst in jüngerer Zeit konnte anhand von zeitgleichem Keramikmaterial das Inventar der hessischen Steinkisten als solches der „Wartberggruppe“ (namengebender Fundort bei Niedenstein-Kirchberg, Schwalm-Eder-Kreis) bestimmt werden. Der Wartbergkultur in Hessen zugehörig sind auch andere megalithische Hinterlassenschaften, wie beispielsweise einige Menhire (bretonisch: „langer Stein“).
Das Baumaterial für solche Grabanlagen entstammt zumeist aus deren näheren Umgebung, kann aber durchaus auch über einige Kilometer weit transportiert worden sein. Durch Schleifen oder Ziehen auf Rollen, sicher unter Zuhilfenahme von Zugtieren, wurden die Steine zum Standort des Grabes gebracht und dort mittels Rampen und Hebebäumen aufgerichtet. Die Toten wurden in der Grabkammer in gestreckter Haltung niedergelegt. Mit der Zeit füllte sich der Innenraum mit Bestattungen an, so dass durch Aufschichten, oder durch Beiseiteräumen der älteren Bestattungen Platz geschaffen werden musste. Sicher ist, das die Toten im anatomischen Verband und nicht bereits skelettiert in die Kammer eingebracht wurden. Die Toten lagen mit dem Kopf zum Türlochstein oder „Seelenloch“, welches in Richtung der Siedlung geöffnet war. So standen die verstorbenen Bewohner auch nach dem Tod mit ihrem Heimatdorf in Verbindung.
Die weithin sichtbaren Monumente zogen stets Plünderer an, weswegen leider nur sehr wenige Funde aus solchen Kollektivgräbern überliefert sind. Allen gemeinsam ist der Brauch, den Toten kleine tönerne Kragenflaschen mitzugeben, die ursprünglich pflanzliche Öle und schwefelhaltige Substanzen enthielten. Typisch sind auch dreieckigen Feuersteinpfeilspitzen, Knochenspitzen und Lochäxte. Die Funde belegen auch weitreichende Austauschbeziehungen. Weiterhin sind erste Metallbeigaben aus Kupfer nachweisbar.

Die Restaurierung
Schon in den 1990er Jahren drohte der endgültige Verfall des Denkmals. Die Wiederentdeckung des letzten erhaltenen Decksteines im Herbst 2003 führte dazu, dass die zur Erhaltung unbedingt erforderlichen Maßnahmen ergriffen wurden. Nur durch das ehrenamtliche Engagement des Historischen Vereins Niederzeuzheim und einer Zuwendung aus den Fördermitteln der Hessischen Lottozentrale gelang es, in unermüdlicher Arbeit eines der ältesten, noch obertägig sichtbaren Kulturdenkmäler Hessens wieder annähernd in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen und dauerhaft zu stabilisieren. Auch die Überhügelung des Megalithgrabes konnte nach dem Ausgrabungsbefund von 1954 in Form eines rundovalen Hügels nachgebildet werden. Die Steinplatten sind heute im Betonbett eingelassen, die Deckplatte ist mittels eines Stahlträgers abgestützt.

Anfahrt zum Galeriegrab
Nächster Autobahnanschluss: A 3, Abfahrt Limburg Nord (B 49, B 54) Richtung Weilburg/Siegen/Dornburg/Hadamar, bei Niedertiefenbach L 3278 Richtung Niederzeuzheim/Dornburg, der Ortsdurchfahrtsstraße Richtung Norden folgen. Am Ortsausgang, Richtung Dornburg, liegt linker Hand ein Reitplatz und rechts ein Sportplatz (dort Parkmöglichkeiten). Etwa 50 Meter folgt man der Straße, die aus dem Ort in ein kleines Waldstück führt und biegt dann nach rechts in den Wald hinein. Die Beschilderung führt zweimal nach links und zweimal nach rechts an den Waldrand, wo die Steinkammer liegt. Sitzgruppen und ein wunderschöner Ausblick zur Dornburg laden zum Verweilen ein.

(Sabine Schade-Lindig, hessenARCHÄOLOGIE 2015)

Literatur

Schade-Lindig, Sabine (2004)
Das Steinkammergrab von Niederzeuzheim. Führungsblatt zum rekonstruierten Galeriegrab der Wartberggruppe bei Hadamar-Niederzeuzheim "Hohler Stein", Kreis Limburg-Weilburg. (Archäologische Denkmäler in Hessen, 160.) Wiesbaden.

Galeriegrab der Wartberggruppe bei Niederzeuzheim

Schlagwörter
Ort
Hadamar - Niederzeuzheim
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Kulturdenkmal gem. § 2 DSchG Hessen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Archäologie, Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archäologische Grabung, Auswertung historischer Fotos, Archivauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn -3100 bis -3000

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„Galeriegrab der Wartberggruppe bei Niederzeuzheim”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-110498-20141219-2 (Abgerufen: 10. Mai 2025)
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