Die Anfänge der ehemaligen Metallwarenfabrik Wilhelm Jaeger
Wuppertal, wozu Elberfeld heute gehört, war im Laufe seiner Geschichte nicht nur für seine Textilindustrie bekannt. Im 19. Jahrhundert gab es hier auch metallverarbeitende Betriebe, zu denen die ehemalige Metallwarenfabrik von Wilhelm Jaeger zählt. Dessen Familie stammte aus dem Oberbergischen und zog um die Jahrhundertwende nach Elberfeld.
Im Jahre 1800 wird Wilhelm Jaeger geboren. Der Vater, Hermann Jaeger, wird erstmals 1804 im Zusammenhang mit der Metallverarbeitung erwähnt (oder mit dem Metallwarenhandel, die Primärquellen bleiben hier einen eindeutigen Beleg schuldig) (Beyer, 2000). Spätestens seit Beginn der 1820er Jahre ist er aber in der Herstellung von Kochgeschirr aktiv. Hierbei erlangte die Fabrik erste Bedeutung, da Jaeger ein Patent für ein spezielles Verfahren zur Emaillierung und Verzinnung des Bestecks besaß. Durch dieses Verfahren wurde die Haktbarkeit der Waren erhöht. Aus dem väterlichen Betrieb geht 1828 die Fabrik von Wilhelm Jaeger hervor, der bereits zuvor im Familienunternehmen tätig war. Die Fabrik des Vaters wurde von Jacob, dem Bruder Wilhelms, weitergeführt. Später wurde diese durch die Herstellung von Maschinen für die Textilindustrie sehr erfolgreich (und 1933 vom Schweinfurter Wälzlagerhersteller FAG Kugelfischer aufgekauft; sie existiert noch heute als Wuppertaler FAG-Werk).
Wilhelm Jäger gründete sein Unternehmen zunächst in der Hofkampstraße. Wenige Jahre später bezog er das Gelände in der Straße Neuenteich, welches die hier erfasste Objektgeometrie skizziert. Die Geometrie wurde aus der preußischen Uraufnahme rekonstruiert, muss aber aufgrund der notwendigen, dem Maßstab geschuldeten Abstraktion nicht exakt den tatsächlichen Umrissen des damaligen Geländes entsprechen.
Die Pickelhauben der preußischen Armee kommen aus Elberfeld!
Jaeger ging kurz nach der Gründung seiner Fabrik eine Partnerschaft mit dem Elberfelder Kaufmann Werner de Weerth ein. Mit dem von de Weerth eingebrachten Kapital wurde ein Ausbau der Firma ermöglicht. Dieser neue Produktionszweig erlaubte von nun an die Herstellung von Helmen und Brustpanzern („Kürassen“) für die preußische Armee, die die Soldaten vor allem im Nahkampf schützen sollten. Diese Rüstungen wurden erstmals nicht aus Eisen geschmiedet, sondern aus Stahl gegossen, was sich als wesentlich effizienter erwies. Ob der Entwurf zur Pickelhaube, deren offizieller Name „Helm mit Spitze“ lautete, aus Elberfeld stammte, oder ob hier lediglich die Herstellung erfolgte, ist nicht bekannt. Sicher ist hingegen, dass Jaeger ein Befürworter der Monarchie war und gute Kontakte zur Krone unterhielt (durchaus ungewöhnlich für einen rheinischen Unternehmer der damaligen Zeit), was der Akquise des staatlichen Auftrages sicherlich zugutekam. Die Ausrüstung der zahlreichen Soldaten der preußischen Armee (neben Panzerungen wurde auch das Kochgeschirr für die Soldaten hergestellt) verhalf der Firma jedenfalls zu einem enormen Aufschwung. Für das Jahr 1836 werden 160 Arbeiter amtlich erfasst (Beyer, 2000). Den Höhepunkt dürfte das Unternehmen in den 1840er Jahren erreicht haben, so dass in dieser Zeit auch eine Dampfmaschine angeschafft werden konnte, eine außerordentliche Investition in der damaligen Zeit.
Niedergang der Metallwarenfabrik
Der Niedergang der Metallwarenfabrik erfolgte relativ bald nach ihrem Höhepunkt. Bereits in den 1850er Jahren stagniert die Produktpalette. Wilhelm Jaeger stirbt 1868. Die bereits wenig bedeutende Firma wird von seinen Söhnen übernommen. Aus dieser Zeit sind nur wenige Details überliefert. Die Spuren der Fimra verlieren sich zwischen den Jahren 1875 und 1883.
Auslöser für den Niedergang war der gesunkene Bedarf der preußischen Armee an Brustpanzern, deren Wert mit der fortschreitenden Waffentechnik mehr und mehr sank, da sie den Soldaten einfach keinen ausreichenden Schutz bieten konnten. Doch der Niedergang hatte noch einen weiteren Grund: den (späteren) mächtigen Essener Industriegiganten Krupp.
Wilhelm Jaeger und Alfred Krupp
Die beiden bedeutenden Unternehmer begegneten sich im Jahr 1844 noch auf Augenhöhe. Beide lieferten wichtige Waren an das preußische Militär: Jaeger die Rüstungen, Krupp die Waffen. Eine angestrebte Zusammenarbeit erschien logisch, so suchte Krupp weitere Verwendungsmöglichkeiten für seinen teuren Gussstahl, Jaeger war auf diesen hochwertigen Stahl angewiesen. Des Weiteren wollte Jaeger seine Brustpanzer an die fortschreitende Waffentechnologie anpassen und profitierte somit von dem Wissen um die Entwicklungen der Gewehre aus Essen. Auch verhandelten die beiden Unternehmer über die Gründung einer gemeinsamen Besteckfabrik. Hierüber zerstritten sich die beiden Unternehmer, vor allem konnte man sich wohl nicht auf den Standort der neuen Fabrik einigen, Elberfeld oder Essen, so dass die Zusammenarbeit bereits im Jahre 1845 aufgelöst wurde.
Künftig waren die beiden Unternehmen Konkurrenten bei der Ausstattung des Militärs, da auch Krupp mit der Herstellung von Brustpanzern begonnen hatte. Durch die langjährige gute Erfahrung mit den Produkten aus Elberfeld, bevorzugte das Kriegsministerium aber die Produkte aus dem Bergischen Land. Allerdings mussten die Rohstoffe hierfür weiter von Krup bezogen werden. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Firma Krupp durch die Herstellung von Gewehr- und Kanonenläufen aus Gussstahl allerdings ungleich bedeutender und wuchs zu einem Weltunternehmen heran. Die Geschichte der Elberfelder Metallwarenfabrik hingegen endet recht abrupt. Ihre Bekanntheit besteht aus zwei Gründen allerdings bis heute: Wegen der Nennung in der Firmenchronik von Krupp und wegen der Herstellung der Pickelhaube.
(Christoph Boddenberg, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2014)