Königlich Preußisches Lehrerinnenseminar in Koblenz

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Koblenz
Kreis(e): Koblenz
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 20′ 27,18″ N: 7° 35′ 37,55″ O 50,34088°N: 7,59376°O
Koordinate UTM 32.399.935,40 m: 5.577.478,31 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.399.970,49 m: 5.579.269,60 m
Der Staat Preußen führte im Jahre 1825 eine alle Landesteile umfassende Schulpflicht ein. Dies betraf auch Koblenz, das seit dem Wiener Kongress ein Teil Preußens war. Besondere Beachtung wurde auf die Ausbildung der Lehrkräfte gelegt. Das Königlich Preußische Lehrerinnenseminar in Koblenz ist daher Ausdruck einer neuen Wertschätzung des Bildungswesens in der damaligen Zeit.

Reformierung des Bildungswesens durch die Preußen im 19. Jahrhundert
Das aufstrebende Preußen hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts erkannt, dass die Bildung ein wesentliches Fundament für den Erfolg eines Staates darstellt. Für die Verwaltung, das Militär und die Landwirtschaft wurden fähige und gut ausgebildete Arbeitskräfte benötigt. Das von Alexander von Humboldt formulierte Ideal der humanistischen Bildung sollte jedem Heranwachsenden die Möglichkeit geben, sein Potenzial ganz nach der individuellen Befähigung durch den Zugang zur Bildung ausschöpfen zu können. Die ständische Herkunft sollte dabei - anders als in der Vergangenheit - keine Rolle spielen. Dieses Ideal hielt im 19. Jahrhundert Einzug in die preußische Politik. Die Folge war unter anderem die Einrichtung des dreistufigen Schulsystems.
Im Jahr 1825 führte König Friedrich Wilhelm III. die allgemeine Schulpflicht durch eine Kabinettsordre ein. Die Schulpflicht galt nun für das gesamte Staatsgebiet. In der Folge stieg die Zahl derer, die eine Schule besuchten, sehr stark an. Analog dazu sank die Analphabetenquote rapide.

Die Schwierigkeit bei der Verbesserung des Bildungswesens und der Einführung der Schulpflicht bestand anfangs vor allem darin, dass kein geeignetes Lehrpersonal vorhanden war. Der Beruf des Lehrers war zuvor so schlecht bezahlt, dass er allein nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ausreichte. Die meisten Lehrkräfte besaßen keine pädagogische Ausbildung, das Ansehen des Lehrerberufes in der Bevölkerung war gering. Die Aufsicht über den Schulbetrieb lag meist in der Hand von Geistlichen, die sich aufgrund ihres kirchlichen Amtes hierfür vorgesehen sahen. Die von Bismarck im Zuge seines „Kulturkampfes“ gegen die katholische Kirche erlassenen Gesetze zur Beschneidung des kirchlichen Einflusses änderten die Situation; die Aufsicht über die Schulen lag oblag nun dem Staat. Aufgrund dessen und aufgrund des hohen Bevölkerungszuwachses gab es einen eklatanten Mangel an (gut ausgebildeten) Lehrkräften. Einrichtungen wie das Lehrerinnenseminar in Koblenz sollten diesen Zustand verbessern.
(weitere Informationen zur preußischen Schulreform am Koblenzer Eichendorff-Gymnasium.)

Die Gründung des Königlich Preußischen Lehrerinnenseminars zu Koblenz
Das Königlich Preußische Lehrerinnenseminar wurde 1903 auf der Halbinsel Oberwerth gegründet. Auf der unbewohnten Halbinsel befand sich zuvor lediglich ein Kloster des Benediktinerordens. In den Jahren 1907 bis 1908 wurde das Gebäude an der Stelle des Klosters errichtet. Die Absolventinnen sollten später in den Volksschulen (also in der unteren Schulform des dreistufigen Bildungssystems) unterrichten. Zu der Zeit dehnte sich die Stadt aufgrund des Bevölkerungszuwachses aus. Das repräsentative Gebäude war für die urbanistische Entwicklung von Koblenz von Bedeutung, da es den Beginn der Bebauung auf Oberwerth markiert, heute ein vornehmes Wohnviertel der Stadt.

Der Beruf der Lehrerin
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es für eine Frau nicht üblich, einen anspruchsvollen Beruf auszuüben, der eine längere Ausbildung erforderte. Zudem blieb der Zugang zu den Universitäten den Frauen in Preußen bis zum Jahr 1908 verwehrt. Neben den klassischen Frauenberufen (etwa der Beruf der Hebamme) wurden Frauen daher lediglich als Hilfskräfte (etwa Schreibkräfte) eingesetzt. Viele Möglichkeiten hatte eine intelligente Frau demnach in der damaligen Zeit nicht, ihre Fähigkeiten im Berufsleben einzusetzen.
Den Beruf der Lehrerin zu wählen, stand Frauen hingegen offen, zumindest, wenn sie es sich leisten konnten. Denn der Zugang zur höheren Bildung war teuer und blieb in der Regel den Söhnen vorbehalten. Daher entstammten Lehrerinnen zumeist aus dem höheren Bildungsbürgertum. Dennoch blieb den Frauen auch in diesem Beruf eine Gleichstellung zu ihren männlichen Kollegen verwehrt. Ihr Gehalt betrug nur zwei drittel der Höhe des Betrages ihrer männlichen Kollegen. Zudem durften Lehrerinnen nicht heiraten, da die Vereinbarkeit von Familie und Beruf damals noch als unmöglich angesehen wurde.

Das Ende des Königlich Preußisches Lehrerinnenseminar
In der Weimarer Republik, nach der Abschaffung der Monarchie, hatte die Vorstellung eines königlichen Seminars keine Konjunktur. Die einfache Volksschulbildung wurde von höheren Bildungszielen abgelöst, so dass das Lehrerinnenseminar 1925 geschlossen wurde. Die Geschichte des Königlich Preußischen Lehrerinnenseminars endet damit. Bereits 1937 wurden in dem Gebäude allerdings wieder Lehrerinnen ausgebildet: Die Nationalsozialisten richteten eine Hochschule für Lehrerinnenbildung ein, welche kriegsbedingt im Jahr 1942 in eine Lehrerinnenbildungsanstalt mit niedrigerem Ausbildungsniveau umgewandelt wurde. Während des Krieges wurde das Gebäude nur leicht beschädigt und später wieder hergerichtet.
Nach dem Krieg beherbergte das Gebäude durch die Gründung des Landes Rheinland-Pfalz die Ministerien für Finanzen, Wirtschaft und Wiederaufbau. Als die Landesregierung nach Mainz umzog, wurden ab 1950 in dem Gebäude Pädagogische Akademien eingerichtet, welche 1960 in eine Pädagogische Hochschule umgewandelt wurden.

Das Seminargebäude heute
Als in den 1960er Jahren die Volksschulen durch Grund-, Haupt- und Sonderschulen ersetzte wurden, mussten neue Bildungsziele formuliert werden. Die bis dahin in Rheinland-Pfalz existierenden Pädagogischen Hochschulen wurden aufgelöst. 1969 wurde die Erziehungswissenschaftliche Hochschule (EWH) Rheinland-Pfalz mit einer Abteilung in Koblenz-Landau gegründet. Da hier bereits die Möglichkeit der Promotion und der Habilitation gegeben war, erfolgte als Konsequenz die Gründung der Universität Koblenz-Landau im Jahre 1990. Zwölf Jahre lang wurde nun das Gebäude zur Ausbildung im Fach „Bildende Künste“ genutzt. 2002 zog die Universität in einen Neubau um. Danach nutzte die Fachhochschule in Koblenz das Gebäude noch für einige Zeit.

Das Gelände befindet sich weiterhin im Besitz der Universität, steht aber heute leer. Es gibt Pläne zur Umnutzung in ein Wohngebäude.

(Christoph Boddenberg, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2014)

Internet
rhein-zeitung.de: Der lange Kampf für bessere Schulen (abgerufen: 18.09.2014)
www.spiegel.de: Nervöse Vorkämpferinnen. Lehrerinnen um 1900 (abgerufen: 18.09.2014)
www.uni-koblenz-landau.de: Geschichte der Universität Koblenz-Landau (abgerufen: 18.09.2014)
de.wikipedia.org: Königlich Preußisches Lehrerinnenseminar Koblenz (abgerufen: 18.09.2014)

Literatur

Fest, Nicolaus (2011)
Weltmacht in den Wissenschaften. In: Geo Epoche: Otto von Bismarck, S. 140 - 141. o. O.
Kuhlemann, Frank-Michael (1992)
Modernisierung und Disziplinierung. Sozialgeschichte des preußischen Volksschulwesens 1794-1872. Göttingen.
Wittmütz, Volkmar (2007)
Die preußische Elementarschule im 19. Jahrhundert. o. O. Online verfügbar: http://www.europa.clio-online.de/2007/Article=263, abgerufen am 16.09.2014

Königlich Preußisches Lehrerinnenseminar in Koblenz

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Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Fernerkundung
Historischer Zeitraum
Beginn 1908

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„Königlich Preußisches Lehrerinnenseminar in Koblenz”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-103347-20140917-2 (Abgerufen: 20. April 2024)
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